Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
75. Sitzung vom 11. Oktober 1984
Stellv. Präsidentin Wiechaizek: Herr Kollege Barthel,
Ihre Redezeit ist schon abgelaufen; bitte kommen Sie zum
Schluß.
Barthel (SPD); Mir bleibt nur noch zu sagen: Reisen
kann bilden, das ist unbestritten, aber man sollte sich
nach Reisen nicht einbilden, daß man mit darauf folgenden
Presseerklärungen umweltpolitisches Handeln ersetzen
kann. — Danke schön!
[Beifall bei der SPD und der AL]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Nächster Redner ist der
Abgeordnete Freudenthal.
Freudenthal (AL): Ich kann gleich da fortfahren, wo der
Kollege Barthel aufgehört hat: Reisen können wirklich
bilden, aber man sollte es sich nicht einbilden, daß man
etwas gelernt hat. — Wenn Sie hier aufgepaßt hätten in
diesem Haus, Herr Vetter, hätten Sie vom Kollegen Jä-
nicke längst alles das gehört, was Sie da neu gelernt
haben. Also, Sie kommen reichlich spät. Ich darf hier ein
mal auf eines hinweisen: In der 9. Sitzung dieses Hauses
in dieser Legislaturperiode am 22. Oktober 1981 hat be
reits in einer Debatte über Luftverschmutzung und Luft
reinhaltung der Kollege Jänicke ausgeführt — Zitat:
Ob die Senatsbildung im Mai dieses Jahres ein Bei
trag zur Luftreinhaltung war, das werden wir noch
sehen.
— Und Herr Hassemer hat einige Dinge hier vorgetragen,
die man machen sollte, und die gleichen Maßnahmen hat
der Regierende Bürgermeister inzwischen wieder ange
kündigt, aber nur angekündigt, es ist nämlich nichts pas
siert. Diese Senatsbildung hat zur Luftreinhaltung in Ber
lin nichts beigetragen, sie hat die Luft eher verdreckt,
und das ist eine ungeheure Belastung für diese Stadt.
Und Ihre Ankündigungen, Herr retardierender Bürgermei
ster — das muß man ja wohl sagen, weil Sie alles ver
langsamen —, kommen leider zu spät; denn die Legislatur
periode ist fast vorbei, und da werden Sie nichts mehr
ausrichten.
Ich darf noch einmal kurz erwähnen, was alles in die
sem Haus allein im letzten Jahr abgelehnt worden ist.
[Zuruf des Abg. Landowsky (CDU)]
— Ja, was Sie alles hätten machen können! Wir haben
es Ihnen vorgeschlagen, aber Sie haben es abgelehnt;
und deshalb werde ich es hier wieder vortragen, was Sie
alles abgelehnt haben, damit Sie wieder einmal daran er
innert werden.
Sie hätten nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz die
Möglichkeit gehabt, die Schadstoffe in den Brennstoffen
in einem Belastungsgebiet wie Berlin zu reduzieren. Wir
haben Ihnen das vorgeschlagen — es wurde abgelehnt,
gerade von dieser Seite des Hauses. Schon mein Kollege
Dr. Jänicke hat Ihnen Vorschläge unterbreitet, was Sie im
Bereich der Kraftwerk- und Industrieabgase tun können.
Was ist passiert? — Außer einer Ankündigung, die der
Regierende Bürgermeister hier noch einmal vorgetragen
hat und von der er nicht einmal weiß, daß sie inzwischen
längst überholt ist, daß sie das Papier nicht wert ist, auf
das sie geschrieben worden ist, weil wir inzwischen auch
mit der Bewag längst andere Maßnahmen diskutieren
Herr Regierender Bürgermeister, Sie sehen mich ganz
erstaunt an.
[RBm Diepgen: Überhaupt nicht!] (C)
— Aber sie sollten sich vielleicht einmal informieren.
[Beifall bei der AL]
Was Sie vorgetragen haben, ist absolut lächerlich. Offen
sichtlich wollen Sie sich mit Lächerlichkeit profilieren, und
das ist geradezu erstaunlich.
Nächster Punkt: Sie reiten immer wieder darauf rum:
Tempobegrenzung auf der Avus bringt nichts! Wir haben
das in einen ganz einfachen, klaren Zusammenhang ge
bracht: Wir haben darauf hingewiesen, daß es lokal und
für den Grunewald an dieser Stelle eine Entlastung um
70 bis 150 t an Stickoxiden im Jahr bringt und daß diese
Entlastung das mindeste ist, was wir dem Grunewald an
gedeihen lassen können.
[Beifall bei der AL]
[Zuruf des Abg. Krüger (CDU)]
— Das ist doch Unsinn, Herr Krüger! Wenn Sie das auf
die ganze Stadt beziehen, auf das ganze Umfeld, dann
mögen Sie vielleicht recht haben, aber lokal für den Gru
newald macht es etwa 20 % von dem aus, was dort in der
Gegend selbst fabriziert wird. Das ist der maßgebende
Punkt.
Sie haben außerdem abgelehnt, darüber nachzudenken,
ob man auf den Waldstraßen den Verkehr einschränken
kann. Sie haben es abgelehnt, dort etwas zu tun — bei
spielsweise auf der Havelchaussee. Sie haben es abge-
lehnt, sofort etwas für die Reduzierung der Schadstoffe zu ' *
tun — Sie kündigen es immer nur an. Was Sie gemacht
haben, ist lediglich Kosmetik, die Sie jetzt noch als Um
weltschutz verkaufen. Und wenn Herr Liepelt zum hun
dertsten Mal auf die Regenwürmer oder die Lupinen oder
sonst was hinweist
[Zuruf des Abg. Liepelt (CDU)]
— Sie haben sie nicht erwähnt, aber das Waldgesundheits
programm. An toten Bäumen können Sie aber letztlich
auch mit einem Waldgesundheitsprogramm nichts mehr
retten. Sie müssen vorher aufstehen, und dann würde ich
sagen: Guten Morgen!
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Als nächster hat Sena
tor Vetter das Wort.
[Momper (SPD); Jetzt kämpft die F.D.P.
um ihre fünf Prozent!]
Vetter, Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe kei
nen Sinn darin, auf die Pflichtpolemik einzugehen, die von
einem bestimmten Datum an hier geliefert wird.
[Momper (SPD): Wie staatsmännisch von Ihnen!]
Ich finde es geradezu grotesk, wenn die Japan-Reise hier
im Mittelpunkt eines Beitrags steht. Ich kann dazu nur
eines sagen: Ich habe da sehr viele visuelle Eindrücke ge
wonnen
Das aber wollen Sie nicht nachvollziehen.
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