Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
71. Sitzung vom 28. Juni 1984
Ulrich
(A) beschluB aus dem Jahre 1966 entsprechend, ge
duldet. Da den geduldeten ausländischen Mitbür
gern im Hinblick auf die allgemeine Arbeitsmarkt
situation zunächst nicht erlaubt wird, ihren Lebens
unterhalt durch bezahlte Arbeit selbst zu verdienen,
haben sie bisher anstandslos Sozialhilfe erhalten.
Noch 1982 begrüßte der Senator für Gesundheit,
Soziales und Familie die — ich zitiere — „lieben
polnischen Gäste“ mit einem Informationsschrei
ben, in dem der Hoffnung Ausdruck gegeben
wurde, die polnischen Zuwanderer möchten sich —
ob als Gäste oder auf Dauer als Mitbürger — in
unserer Stadt zurechtfinden und sich wohl fühlen.
Sollten sie mittellos sein, so könnten sie zur
• Sicherung ihres Lebensunterhaltes Sozialhilfe be
antragen. 1982 war dies noch kein Problem: Sozial
hilfe wurde gewährt. Inzwischen hat sich die Ver
waltungspraxis wesentlich geändert. Neuanträge
auf Sozialhilfe werden durchweg abgelehnt und
bisher gewährte Leistungen zukünftig mit der Be
gründung eingestellt, die Antragsteller seien in
Kenntnis ihrer Bedürftigkeit nach Berlin gekommen
und hätten von Anfang an damit gerechnet, ihren
Lebensunterhalt aus Sozialhilfemitteln bestreiten
zu müssen. — Dies ist in der Tat eine unerträgliche
Situation, die dringend der Abhilfe bedarf. Es
läßt sich nicht miteinander vereinbaren, einerseits
praktisch allen Angehörigen von Ostblockstaaten
zuzusichern, sie würden auch dann hier aufgenom
men, wenn sie keine Asylgründe Vorbringen könn
ten, andererseits aber ihnen sowohl durch Arbeits
verbot als auch durch Verweigerung von Sozialhilfe
jegliche materielle Lebensgrundlage zu entzie
hen, Staatliches Handeln wird nur allzu schnell
unglaubwürdig, wenn — wie hier — die mit der
(B) einen Hand gegebene vermeintliche Wohltat so
gleich mit der anderen wieder durchkreuzt wird.
Es ist erforderlich, daß hier sehr schnell eine Lö
sung gefunden wird, die sowohl den persönlichen
Interessen der Betroffenen als auch den wirt
schaftlichen und sozialen Möglichkeiten des Staa
tes und der Gesellschaft gerecht wird.
Wer im Petitionsausschuß arbeitet, der erkennt
sehr schnell, wo unsere Mitbürger der Schuh be
sonders drückt. An dieser unserer Erkenntnis
sollten Sie alle teilhaben. Ich bitte Sie deshalb,
den Bericht des Petitionsausschusses, der Ihnen
gedruckt vorliegt, auch zu lesen.
Ich danke allen Mitgliedern des Petitionsaus
schusses für die sachliche und effektive Arbeit,
die dem Geist des Petitionsgesetzes entspricht;
ich danke im Namen des Ausschusses den Mitar
beitern des Büros für engagierte Zuarbeit und den
Fachausschüssen des Hohen Hauses für die gute
Zusammenarbeit.
Präsident Rebsch: Ich eröffne die Besprechung. Das
Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Buwitt.
Buwiit (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Herr Ulrich, der Petitionsausschuß leistet für den
Bürger und für das Abgeordnetenhaus sehr wichtige Ar
beit. Ich wollte trotz der fortgeschrittenen Stunde
wenigstens die Gelegenheit ergreifen, Ihnen und den
anderen Mitgliedern des Petitionsausschusses den Dank
der Fraktion für diese Arbeit, die Sie für uns alle leisten,
auszusprechen. Recht herzlichen Dank!
[Beifall]
Präsident Rebsch; Meine Damen und Herren! Ich gehe
davon aus, daß sich alle Fraktionen diesem Dank an
schließen, damit nicht jede einzelne Fraktion dies zum
Ausdruck bringen muß. Deshalb tue ich dies im Namen
des Hauses, und ich glaube, wir können ausdrücklich
allen Mitgliedern, die diese hervorragende und sehr
arbeitsintensive Leistung erbringen, recht herzlich dan
ken. In diesen Dank möchte ich auch die Mitarbeiter des
Büros ausdrücklich einschließen.
[Beifall]
Ich rufe auf
lfd. Nr. 8, Drucksache 9/1820:
I. Lesung der Vorlage — zur Beschlußfassung —
über das Berliner Straßengesetz
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist
nicht der Fall. Gibt es Wortmeldungen zur Beratung? —
Das ist auch nicht der Fall. Der Ältestenrat empfiehlt die
Überweisung an den Ausschuß für Bau- und Wohnungs
wesen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um
das Handzeichen. Danke sehr, das ist so beschlossen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 9, Drucksache 9/1826:
I. Lesung des Antrages der Fraktion der F.D.P.
über Gesetz über das Zentrum für Informations
technik
Hierzu liegen bereits die
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Wis
senschaft und Forschung vom 18. Juni 1984 und des
Hauptausschusses vom 27. Juni 1984, Drucksache
9/1986
vor, so daß wir den Gesetzentwurf heute in I. und II. Le
sung behandeln können, sofern sich dagegen kein
Widerspruch erhebt. Das ist nicht der Fall. Wird das
Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall.
— Ich eröffne dann die I. und die II. Lesung und verbinde
dabei die Einzelberatung der 13 Paragraphen mitein
ander.
Ich rufe auf die Paragraphen 1 bis 13, die Überschrift
und die Einleitung im Wortlaut des Antrags der Fraktion
der F.D.P., Drucksache 9/1826, unter Berücksichtigung der
Beschlußempfehlung, Drucksache 9/1986. — Das Wort hat
der Abgeordnete Sehr für die Fraktion der Alternativen
Liste.
Behr (AL): Meine Damen und Herren, es wird schnell
gehen. Ich denke, daß ich es in fünf Minuten schaffe.
[Unruhe]
Dieses Zentrum für Informationstechnik ist ja nicht nur
eine Rechnerinstitution. Durch den Beschluß des Wissen
schaftsausschusses ist die Betonung der Rechnertätig
keit ausdrücklich herausgenommen worden, und es wird
jetzt stark betont die Forschung und Entwicklung auf
dem Gebiet der Informationstechnik. Wenn es darum
geht, ist es aber wichtig, die Dinge nicht überstürzt zu
behandeln. So übereilt, wie das jetzt geschehen ist, sind
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