Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
68. Sitzung vom 24. Mai 1984
SenDir von der Lancken
(A) bereits eingangs erwähnten Erwägungen schwer einzu
schätzen, aber ich habe den Eindruck, daß Ihre Frage
durchaus nicht ohne weiteres mit Nein beantwortet wer
den kann.
Präsident Rebsch: Bitte sehr, Herr Wachsmuth, die
nächste Zusatzfrage!
Wachsmuth (AL): Herr von der Lancken, ich frage Sie
im Zusammenhang mit den zuvor gestellten Fragen noch
einmal danach, wie der Senat die Forderung der Gewerk
schaft Bau-Steine-Erden nach einer Angleichung an die
im Bundesgebiet geltende Bemessungsgrundlage für Ak
kordlöhne beurteilt, die ja in Berlin 10 % niedriger liegt,
so daß die Gewerkschaft also nichts weiter fordert als
eine Anhebung der Löhne an diejenigen Summen, die in
Westdeutschland gezahlt werden?
Präsident Rebsch: Herr Senatsdirektor!
von der Lancken, Senatsdirektor in der Senatsverwal
tung für Bau- und Wohnungswesen: Herr Abgeordneter,
dies ist ebenfalls kaum zu beurteilen, es wird auch vom
Senat nicht beurteilt. Das Tarifgefüge der Berliner Bau
arbeitnehmerschaft ist in einem anderen Licht zu sehen
als das Tarifgefüge in anderen Bereichen. Übrigens gibt
es auch durchaus Tarifgebiete in Westdeutschland, die
sehr unterschiedlich zu beurteilen sind. Aus diesem
Grunde sind die jeweiligen Bemessungsgrundlagen, die
zur Errechnung des Akkordlohnes führen, nicht mitein-
(B) ander vergleichbar. Wir haben zum Beispiel, wenn man
einmal das Endergebnis miteinander vergleicht, die Situ
ation, daß im Bauhauptgewerbe die Verdienste der Ar
beitnehmer in Berlin um durchschnittlich 17% höher
liegen als im Bundesdurchschnitt, aber gegenüber Ham
burg zum Beispiel um 3,5 % niedriger. Welchen Anteil
daran jeweils die Akkordverdienste haben, läßt sich eben
falls nicht beurteilen, weil in verschiedenen Tarifgebieten
die Akkordarbeit nicht den gleichen Anteil ausmacht, wie
es hier in Berlin traditionell der Fall ist. Aus diesem
Grunde läßt sich eine Angleichung von Grundlagen der
Akkordlohnberechnung vom Senat weder fordern noch
beurteilen.
Präsident Rebsch; Nächste Zusatzfrage — der Abgeord
nete Dittberner.
Dr. Dittberner (F.D.P.); Herr Senatsdirektor, was kann
der Senat tun und was hat er getan, um die Konkurrenz
fähigkeit des Berliner Bauhauptgewerbes aufgrund der,
wie Sie eben dargestellt haben, relativ hohen Löhne in
dem Bereich, um den es bei dem Streik geht, herzustel
len?
Präsident Rebajch: Herr Senatsdirektor!
von der Lancken, Senatsdirektor in der Senatsverwal
tung für Bau- und Wohnungswesen: Herr Abgeordneter!
Der Senat ist der Auffassung, daß er vor allen Dingen auf
drei Gebieten tätig werden kann: 1. Im Bereich der Ver
hinderung von unlauteren und illegalen Praktiken. Hierzu
gehört z. B. der ganze Komplex der Schwarzarbeit. 2. Im
Bereich einer deutlichen Hinwendung zu der möglichst
starken Vergleichbarkeit der anzubietenden Leistungen.
Es wird vom Senat, soweit es in seinem unmittelbaren
Einflußbereich liegt, darauf hingewirkt, daß keine unlau
teren Praktiken, z. B. im Bereich der unlauteren Ange
bote, um sich greifen, daß z. B. die Bestimmungen der
Verdingungsordnungen möglichst lückenlos eingehalten
werden. 3. Und dieses ist sicherlich das problematischste:
Das Land Berlin hat bereits durch eine entsprechende
Bitte — eine nachdrückliche Forderung — gegenüber den
Beteiligten sichergestellt, daß auswärtige Arbeitskräfte
nur dann im Berliner Baugeschehen eingesetzt werden
können, wenn nachgewiesen ist, daß Vergleichbare —
auch zu vergleichbaren Preisen — nicht in Berlin zu finden
bzw. einzustellen sind und daß dies bei jeder einzelnen
Baumaßnahme von dem Anbieter nachzuweisen ist.
Präsident Rebsch: Letzte Zusatzfrage — der Abgeord
nete Wingefeld.
Wingefeld (SPD); Herr Senatsdirektor! Halten Sie es
nicht für eine unvollständige Information, wenn Sie nur
die Jahresbruttoverdienste der Arbeitnehmer im Bauge
werbe in Berlin mit denen in den übrigen Bundesländern
vergleichen, ohne dann auch die entsprechenden Ver
gleichswerte der erbrachten Bauleistung hinzuzufügen
bzw. darüber eine Aussage zu machen? — Es liegt doch
geradezu im Wesen einer Leistungsentlohnung, wie sie
die Akkordarbeit darstellt, daß für einen höheren Geld
wert auch ein Mehr an Leistung erbracht wird; insofern
kann man ja wohl nicht nur Lohn neben Lohn stellen.
Präsident Rebsch; Herr Senatsdirektor!
von der Lancken, Senatsdirektor in der Senatsverwal
tung für Bau- und Wohnungswesen: Herr Abgeordneter!
Ich verstehe Sie so, daß Sie der Auffassung sind, man
sollte in diesem sehr komplexen und interdependenten
Gebiet die Mechaniken greifen lassen, die dafür ausge
wählt worden sind, daß heißt, für die Ermittlung eines an
gemessenen Lohnes die entsprechende tarifliche Verein
barung der Tarifpartner. Wenn ich Sie so verstehen darf,
dann bin ich ganz Ihrer Meinung. So verhält sich auch
der Senat von Berlin.
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr der Abgeord
nete Dr. Rüter zu einer Mündlichen Anfrage über
Verschiebung der Baumaßnahmen
IBA in Tegel
Dr. Rüter (SPD): Herr Präsident! Meine und Damen
und Herren! Ich frage den Senat: Trifft es zu, daß die
öffentlichen Baumaßnahmen im Tegeler IBA-Gebiet, Inter
nationale Bauausstellung, von der privaten Wohnbebau
ung aus finanziellen Gründen abgekoppelt und auf einen
späteren Zeitpunkt verschoben werden sollen und damit
eine internationale Blamage vorprogrammiert ist?
Präsident Rebsch: Bitte sehr, Herr Senatsdirektor!
von der Lancken, Senatsdirektor in der Senatsverwal
tung für Bau- und Wohnungswesen: Herr Abgeordneter!
Der Senat mißt der termingemäßen, mit dem Wohnungs
bau koordinierten Fertigstellung der öffentlichen Infra
strukturmaßnahmen hohe Priorität zu; dies wird unter
anderem auch dadurch dokumentiert, daß der am 22. Mai
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