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Volume Nr. 67, 17. Mai 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1983/84, 9. Wahlperiode, Band IV, 54.-70. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
67. Sitzung vom 17. Mai 1984 
Wagner 
(A) men und Herren, tun nichts, was die Arbeitsplätze in die 
sen Bereichen sichern und stabilisieren könnte. Die SPD- 
Fraktion setzt dem die Stärkung der Eigenbetriebe durch 
die Übernahme neuer Aufgaben entgegen. Im Gegensatz 
zur erhöhten Beteiligung von Abschreibungsgesellschaften 
unter der Regie des gegenwärtigen Senats halten wir 
eine verstärkte Einbeziehung der städtischen und gemein 
nützigen Wohnungswirtschaft für erforderlich. 
Lassen Sie mich am Schluß noch auf zwei Einzelthemen 
eingehen, die ich meine erwähnen zu sollen. Das erste 
gehört zur Attraktivität Berlins. Wie wenig erfolgreich die 
ser Senat ist, wenn es darum geht, soziale Ungerechtig 
keit bei den Ärmsten der Armen zu beseitigen, beweist 
doch der Vorgang, daß es Ihnen, Herr Wronski, nicht ge 
lungen ist, in Bonn dafür Verständnis zu finden, daß die 
Berlinzulage auch den Beziehern von Arbeitslosengeld 
und Arbeitslosenhilfe gewährt wird. Sie haben dem DGB 
auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt, daß der Bun 
desfinanzminister nicht nur aus finanzpolitischen Erwägun 
gen nicht bereit sei, den Arbeitslosen die Berlinzulage zu 
gewähren. Als weiteres Argument sagte er, daß die Ber 
linzulage ein Instrument zur wirtschaftlichen Betätigung 
und nicht eine Maßnahme zum sozialen Ausgleich sei. — 
Der Zynismus, der aus dieser Begründung spricht, ist 
kaum zu überbieten. 
[Beifall bei der SPD] 
Milliardenbeträge für die Unternehmer, die hier produ 
zieren, aber Streichung der 8 % für die Arbeitnehmer, 
wenn sie von den gleichen Unternehmern auf die Straße 
gesetzt werden! Das spricht Bände für eine unsoziale 
Politik, und eine solche lehnen wir in der Tat ab. 
[Beifall bei der SPD] 
(B) 
Lassen Sie mich zum Schluß noch auf einen der An 
träge kommen, die wir vorgelegt haben. Die Bundesregie 
rung und der Senat von Berlin wußten, daß das Bundes 
arbeitsgericht nach der geltenden Rechtslage kaum an 
ders entscheiden konnte, als es entschieden hat in Fragen 
der Sicherstellung von Ansprüchen aus Sozialplänen. Die 
Tatsache, daß nunmehr die Ansprüche aus Sozialplänen 
an die sechste Stelle der Konkursordnung einzuordnen 
sind, bedeutet praktisch, daß die Arbeitnehmer nicht nur 
ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn ein Unternehmer seinen 
Betrieb in die Pleite wirtschaftet, sondern nunmehr auch 
nicht mehr mit einer Abfindung rechnen können. Diese 
Arbeitnehmer werden also doppelt bestraft. Gerade hier 
in Berlin lehrt uns die Erfahrung, wie wichtig Sozialpläne 
sind, und hier gibt es ein dringendes, ein sehr dringendes 
Regelungsbedürfnis für diese Fragen. Darum verlangen 
wir vom Senat, unverzüglich im Sinne unseres Antrags 
initiativ zu werden. Wir verlangen mit unserem Antrag, 
daß Sie unschuldige Arbeitnehmer nicht verarmen lassen, 
und wir verlangen, daß Sie in dieser Frage genauso 
schnell operieren, wie Sie dann zu operieren bereit waren 
— nun ja nicht mehr —, als es darum ging — wie Sie es 
formulierten —, „unbescholtene Menschen nicht kriminali 
sieren“ zu wollen. — Das Wort habe ich schon einmal in 
einem anderen Zusammenhang gehört. 
Wir bedauern es — und das sage ich mit großem Nach 
druck —, daß dieser Antrag, den wir eingebracht haben, 
heute nicht sofort verabschiedet wird, sondern erst in die 
Ausschüsse geht. Wir meinten, für diese dringende Frage 
gäbe es ein Regelungsbedürfnis, ein dringendes. Der 
Senat muß hier unverzüglich aktiv werden. 
[Beifall bei der SPD] 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Nächster Redner ist der 
Abgeordnete Palm. 
Palm (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her 
ren! Die Bemerkung vorhin über das Erscheinen oder 
Nichterscheinen der Zeitungen morgen sollte mich eigent 
lich veranlassen, mich kurz zu fassen. Aber einige Bemer 
kungen müssen doch noch gemacht werden. 
Ich möchte insbesondere eine Bemerkung zu der Gro 
ßen Anfrage der SPD-Fraktion machen. Die SPD-Fraktion 
hat von 17 Aktivitäten — vorhin wurde von sechs gespro 
chen, ich habe sieben ausgezählt, das spielt aber keine 
große Rolle. — Jedenfalls versucht die SPD-Fraktion zu 
selektieren. Herr Wagner sagt, daß man natürlich danach 
fragt, wo irgend etwas noch im argen liegt. Bloß, nach der 
Rede, die Sie jetzt gehalten haben, Herr Wagner, drängt 
sich der Verdacht auf, daß Sie bewußt auf negative Ant 
worten spekulieren. Dieses aber schadet der Wirtschafts 
politik der Stadt. In Ihrer Großen Anfrage stellen Sie 
lediglich diese Fragen nach den sieben Aktivitäten. Es 
gibt keine Frage nach Konzeptionen, nach Programmen. 
Der Senat hat dankenswerterweise hier die Wirtschafts 
politik noch einmal dargelegt. Die CDU-Fraktion dankt 
ihm dafür, insbesondere auch den Verwaltungen, die in 
ständigem Einsatz bemüht sind, eben dieser Politik zum 
Erfolg zu verhelfen. 
[Vereinzelter Beifall bei der CDU] 
Ihre Anfrage zeigt auch, daß Sie immer wieder auf die 
Bilanz von Arbeitsplätzen bei der Wirtschaftskonferenz 
spekulieren. Wir sind der Meinung, daß allein die Zähle 
rei von Arbeitsplätzen nicht Sinn dieser Wirtschaftskon 
ferenz war und auch in Zukunft nicht sein wird. 
[Wingefeld (SPD): Aber Sie haben sie 
als solches doch dargestellt!] 
— Das ist leider Gottes nicht wahr, das ist nicht wahr. Es 
spielen genauso andere Faktoren eine Rolle, zum Bei 
spiel, welche Investitionen getätigt werden zur Moderni 
sierung und Strukturverbesserung, zum Beispiel auch wie 
weit Forschung und Entwicklung in Berlin ausgebaut wer 
den, wie weit Ausbildungskapazitäten erweitert werden, 
die Vergabe an Drittfirmen in Berlin und die Verlagerung 
von Management nach Berlin. Dies alles sind Faktoren, 
die die Gesamtbeurteilung der Wirtschaftspolitik und der 
Wirtschaftskonferenz erst möglich machen. 
[Wingefeld (SPD): Richtig!] 
Es gibt viele Arbeitsplätze, die in der Stadt geschaffen 
worden sind, die eben dort nachzählbar nicht drinstehen, 
die aber durch die Wirtschaftskonferenz initiiert worden 
sind. Dieses beweisen die jüngsten Zahlen aus dem Fe 
bruar und März. Sicher mag das eine Momentaufnahme 
sein, Herr Wagner, aber es ist eben einmal nach langer 
Zeit ein Anstieg zu verzeichnen, eben um die vorhin ge 
nannten 1 141 Arbeitsplätze. 
Sie haben vorhin davon gesprochen, daß der Regie 
rende Bürgermeister Besuche in Betrieben macht, in der 
Metallindustrie. Sie machen sicher noch mehr Besuche in 
der Metallindustrie. Ich selbst bin in der Metallindustrie 
beschäftigt und kenne vielleicht nicht so viele Firmen wie 
Sie, ich kann aber eines ganz sicher sagen, nämlich daß 
öffentliche Beschimpfungen und öffentliche Abrechnungen 
hier in diesem Parlament und an anderen Orten mit ein 
zelnen Firmen der Sache mehr schaden als nutzen. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Jede Firma, die versucht, nach Berlin zu kommen, oder die 
die Absicht äußert, nach Berlin zu kommen, und dann hier 
vielleicht hören muß, daß eine andere Firma, die eine 
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