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Volume Nr. 67, 17. Mai 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1983/84, 9. Wahlperiode, Band IV, 54.-70. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
67. Sitzung vom 17. Mai 1984 
(A) 
(B) 
Sen Pieroth 
dorff zum Ausdruck gebracht, in einem Pressege 
spräch in Berlin im November vergangenen Jahres 
ebenfalls betont und wiederholt. 
Gez. Dr. Ing. Roland Mecklinger, 
Berlinbeauftragter der SEL 
[Beifall bei der CDU] 
— Das sind Entwicklungen, die wir doch nur begrüßen kön 
nen. 
Nur aus Zeitgründen unterlasse ich es jetzt, auf die er 
folgreichen Projekte hinzuweisen, bis auf eines: Die Tat 
sache, daß Nixdorf seit dem Wirtschaftsgipfel mit den 
Mitarbeitern, die gerade jetzt gesucht werden, über 500 
zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen haben wird, in Ver 
bindung mit der Tatsache, daß ich am 24. November, als 
ich Ihnen zur Firma Nixdorf hier berichten konnte, den 
symbolischen Handschlag für die Brunnenstraße schon 
hatte, ich aber nicht verkünden will, bevor letzte kleine 
Schwierigkeiten ausgeräumt sind, und deshalb mußte ich 
damals noch schweigen. Nur, wenn Sie damals erklärt 
haben, wir begrüßen das, wir sehen, wenn diese Verstär 
kung bei Nixdorf gelingt, darin wirklich einen großartigen 
Erfolg für die Ansiedlungspolitik in Berlin — und das unter 
streiche ich —, wir hoffen, daß das so auf den Weg ge 
bracht wird, — dann kann der Senat von Berlin heute 
sagen: Das ist auf den Weg gebracht! Heinz Nixdorf und 
seine tüchtigen Mitarbeiter sind in Berlin sehr willkom 
men. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Ich komme zum Schluß: Ich bitte die Opposition ganz 
herzlich, auf generelle Unternehmensschelte zu verzich 
ten. Es ist einem investitionsfreundlichen Klima, um das 
wir uns doch alle bemühen und bemühen müssen, abträg 
lich, wenn Unternehmen, die sich in Berlin tatsächlich 
engagieren oder gerade dabei sind, sich mehr zu enga 
gieren, ständig hier vorgeführt werden: Warum sie jetzt 
noch nicht soundsoviele Arbeitsplätze geschaffen haben, 
und warum dieses und jenes Projekt nach nicht einmal 
eineinhalb Jahren noch immer nicht abgeschlossen ist — 
das ist Berlin nicht zuträglich! Ich sage Ihnen noch einmal: 
Nachdem Sie in vielen Jahrzehnten Schwierigkeiten hat 
ten, Unternehmen in Berlin zu halten, verhindern Sie jetzt 
doch nicht, daß wir diese Unternehmen wieder verstärkt 
nach Berlin bringen. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Nicht zuletzt durch die Wirtschaftskonferenz des Bun 
deskanzlers ist für Berlin neues Vertrauen als Industrie 
standort erwachsen. Dieses Vertrauen dürfen wir, wenn wir 
es mit den Arbeitsplätzen in Berlin ernst meinen, nicht ge 
fährden, weder durch Unternehmensbeschimpfung noch 
durch Rufe nach dem Staat. Kritisieren Sie doch endlich 
unsere Wirtschaftspolitik am besten mit wirksamen Vor 
schlägen. Das würden wir begrüßen, weil wir dann sinn 
volle Vorschläge aufgreifen würden und es dann vielleicht 
zusammen noch besser machen könnten. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsident Longolius: Die Große Anfrage der AL- 
Fraktion beantwortet jetzt Herr Senator Wronski. 
Wronski, Senator für Arbeit und Betriebe: Herr Präsi 
dent! Meine Damen und Herren! „Wirksame Maßnahmen 
zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit“ — heißt die 
Große Anfrage, und der Titel der Großen Anfrage sugge 
riert wie so oft, daß es nur einiger gezielter, intelligenter, 
möglichst vom Staat durchgeführter und finanzierter Ein 
zelmaßnahmen bedürfe, um dem Hauptproblem unserer 
Tage wirksam zu begegnen. Allzu schnell wird dabei ver 
drängt, daß es sich um ein vielschichtiges Problem han 
delt, das über Jahre — wir Berliner wissen, seit Jahrzehn 
ten — gewachsen ist. Es kann deshalb nicht oft genug 
deutlich gemacht werden, daß wir die Arbeitslosigkeit 
nur dann erfolgreich bekämpfen werden, wenn in allen 
Wirtschafts- und Politikbereichen die erkannten Fehler 
der früheren Jahre nicht wiederholt werden und eine ko 
ordinierte und konsistente Gesamtpolitik betrieben wird. 
Uns nützen z. B. keine staatlichen Maßnahmen, die wirt 
schaftliche Strohfeuer entfachen und für die wir die Zeche 
mit hohen öffentlichen Schulden zahlen müssen, die ihrer 
seits die Zinsen hochtreiben, die immer der kleine Mann 
mit den als Folge dieser Zinserhöhung steigenden Prei 
sen zu bezahlen hat. Dies bedeutet nicht, daß Maßnahmen 
grundsätzlich verfehlt wären, die nachfrageorientierte Be 
schäftigungsanstöße, z. B. im Umweltschutzbereich, geben 
können, nur, so meint der Senat, der jeweilige Verbrau 
cher muß letztlich bereit sein, sie auch zu bezahlen. Kon 
kret: Rauchgasentschwefelung bei der Erzeugung von 
Strom muß vom Stromkunden bezahlt werden, nicht von 
der Allgemeinheit! 
Auch ist erneut davor zu warnen, die Möglichkeit des 
Staates als Maßnahmeträger zu überschätzen. Gefragt 
sind zu Recht innovative Anstöße, strukturverändernde 
Ansätze, kurz: die Bereitstellung von Bedingungen, unter 
denen insbesondere der private Sektor seine dynami 
schen Kräfte entfalten kann. Um nur eine Zahlenrelation 
zu nennen: Wenn, wie bei uns, in unserem Wirtschaftsge 
biet Bundesrepublik, der private Sektor 85 %, der Staat 
aber nur 15% der Bruttoanlageinvestitionen tätigt, dann 
sollte jedermann deutlich sein, wo unsere Politik schwer 
punktmäßig anzusetzen hat. 
Schließlich: Zu einer konsistenten Gesamtpolitik, die 
auf den Abbau der Arbeitslosigkeit gerichtet ist, gehört 
auch eine Arbeits- und Sozialpolitik, und zwar nicht nur 
der jeweiligen Regierung, die bei möglicherweise berech 
tigter harter Auseinandersetzung im Einzelfall insgesamt 
und auf Dauer dem sozialen Frieden und der Partnerschaft 
verpflichtet ist und einer sozial verantwortlichen Ethik 
folgt. 
Lassen Sie mich nach diesen Eingangsbemerkungen 
nunmehr zu den einzelnen Punkten Ihre Großen Anfrage 
kommen. Ich gehe davon aus, daß ich hinreichend deut 
lich gemacht habe, daß die darin angesprochenen Fragen 
nur einen Ausschnitt unserer Politik der wirksamen Be 
kämpfung der Arbeitslosigkeit darstellen. 
Zu 1: Im Jahresgutachten 83/84 des Sachverständigen 
rates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent 
wicklung vom November 83 sowie im Jahreswirtschafts 
bericht 84 der Bundesregierung vom Februar dieses Jah 
res wird für dieses Jahr insgesamt jeweils ein Zuwachs 
des realen Bruttosozialprodukts von rd. 2,5 % erwartet. 
Die einzelnen wirtschaftswissenschaftlichen Forschungs 
institute haben seit dem Spätherbst 1983 Wachstumspro 
gnosen für das Jahr 1984 abgegeben, die in der Regel 
zwischen 2 und 3 % des realen Brutto-Sozialprodukts 
liegen. Zuletzt wurde in der Gemeinschaftsdiagnose der 
Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaft 
licher Forschungsinstitute im April — also taufrisch — ein 
Zuwachs real von 3 % vorausgesagt. Auf der Grundlage 
der genannten Wachstumsraten gehen die einzelnen Pro 
jektionen für das gesamte Bundesgebiet von einer Stag 
nation bzw. einer Verringerung der Arbeitslosigkeit im 
Jahresdurchschnitt 1984 gegenüber dem Vorjahr aus. Die 
Gemeinschaftsdiagnose erwartet einen Rückgang der 
Arbeitslosenzahlen um 110 000 auf 2150 000 im Jahres 
durchschnitt und aufgrund der günstigen Entwicklung im 
4036
	        
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