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Volume Nr. 65, 5. April 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1983/84, 9. Wahlperiode, Band IV, 54.-70. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
65. Sitzung vom 5. April 1984 
Landowsky 
(A) wie es sie noch nicht gab. In der Literatur; Wir haben etwas, 
was es früher nicht gegeben hat. Literaten- und Künstlertreffs 
aus Ost und West! Wir stellen erstmalig in größerem Umfange 
Künstler aus der DDR aus, von Sitte bis Tucholke. Da hat sich 
etwas gelockert, da hat sich etwas ergeben. Das gibt dieser 
Stadt eine Kraft, eine Ausstrahlung! Das muß man doch aner 
kennen! Dagegen nehmen sich Fragen wie „dezentrale Kultur 
arbeit“, Herr Kollege Kunze, die natürlich wichtig sind, doch als 
kleine Mosaiksteine aus. Ich finde, wir müssen einmal die Pro 
portionen richtig sehen und nicht versuchen, an kleinen Dingen 
herumzufieseln und dann zu sagen, weil diese kleinen Kiesel- 
steinchen alle nicht ganz rund, sondern vielleicht etwas eckig 
sind, deshalb stimmt die Kulturlandschaft nicht Nein, es ist 
umgekehrt! Das Interesse und die Kunstlandschaft sind heute 
einmalig gut und auch die Liberalität. Herr Kollege Sauber 
zweig! Reden Sie doch einmal mit den Leuten, die für die Kunst 
verantwortlich sind, von der Kunslhalle bis zu den Künstlern; 
soviel Liberalität hat es in dieser Stadt in der Nachkriegszeit 
noch nie gegeben. Vielleicht noch bei Tiburtius! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - 
Gelächter bei der SPD und AL] 
Wir stellen aus von Schmidt-Rottluff bis Schlichter, 
[Dr. Meisner (SPD): Das wäre ja noch schöner, 
wenn nicht!] 
von Beckmann bis Degas. Sie lachen darüber! Von Ihnen sehe 
ich auf den Ausstellungseröffnungen nicht einen einzigen - von 
Herrn Sauberzweig und Herrn Kollat einmal abgesehen, viel 
leicht noch Herrn Glagow Sie können hier nur rumlachen! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Wir sollten deshalb die Sachen auch im richtigen Licht 
sehen. Die Kulturarbeit der freien Gruppen, das hat Hassemer 
mit Recht gesagt, wird gefördert Das wissen Sie auch, Herr 
Tietz! Daß Sie mehr haben wollen, finde ich legitim. Das ist legi- 
(B) tim, weil Sie sich für einen Bereich engagieren, der sonst viel 
leicht in der Politik keine entsprechende Unterstützung hätte. 
[Dr. Köppl (AL): Warum lassen Sie uns dann nicht 
in den Lottobeirat!] 
Wir legen natürlich in hohem Maße auch Wert darauf, daß die 
etablierte Kultur und Kunst in dieser Stadt zum Wirken kommt. 
Sie haben kritisiert, es sei zuviel Geld für die Philharmoniker. 
Wir wägen diese Dinge ab - Oper, Philharmonie -, und wir 
sagen: Ja, das ist es uns wert, die Philharmoniker und die Deut 
sche Oper in dieser Besetzung, auch mit diesen Kosten, in 
dieser Stadt zu halten. Das ist eine politische Entscheidung; 
das wollen wir, und das werden wir auch beibehalten; auch 
wenn Sie es kritisieren. 
Lassen Sie mich zum Abschluß dieser Diskussion noch ein 
kurzes Wort sagen. Wir haben im Bereich der Musik, des Thea 
ters, des Films, das Wort ist in dieser ganzen Debatte überhaupt 
noch nicht gefallen — Ich hatte mir erlaubt während der Aus 
sprache über die Regierungserklärung einmal darauf hinzuwei 
sen, was das letzte Filmfestival für diese Stadt auch kulturell 
erbracht hat, im Urteil Außenstehender, amerikanischer und 
anderer ausländischer Zeitschriften. Die Beurteilung in „Variety“ 
zeigt, was das Filmfestival an Relevanz für diese Stadt dar 
gestellt hat Ich glaube also, wir können sagen: Literatur, Bil 
dende Kunst - diese Stadt hat in drei Jahren kulturell einen 
enormen Schritt nach vorn gemacht. 
Es ist einfach unredlich, zu sagen, weil Herr Fest als Senats 
direktor in den Bereich des Regierenden Bürgermeisters 
gewechselt ist, sei die Bedeutung der Kunst herabgemindert 
worden. Das Gegenteil ist der Fall! Sie brauchen nur einmal die 
Regierungserklärung zu betrachten, dann werden Sie feststel 
len, daß es gerade darin eine hohe Priorität für die Kultur gibt 
Ich finde es wichtig, daß Menschen, die kulturell interessiert 
sind, die eine Sensibilität für Kunst haben, sich dafür engagie 
ren - wie der Senatsdirektor Fest -, in einen Verantwortungsbe 
reich wechseln, der ihre Verantwortung auch für diese Bereiche 
nicht mindert, sondern allenfalls stärkt Ich meine, der Stadt tut 
es gut wenn einer der engsten Mitarbeiter des Regierenden 
Bürgermeisters einer ist, der sich um die Kulturlandschaft Ber 
lins verdient gemacht hat. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Longolius: Weitere Wortmeldungen lie 
gen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich stelle zunächst 
einmal fest, daß die Großen Anfragen damit erledigt sind. 
Wir kommen zu der Beschlußfassung über zwei Überweisun 
gen. Der Ältestenrat empfiehlt erstens, den Antrag der Fraktion 
der SPD über Freilegung von Bauresten auf dem Prinz- 
Albrecht-Palais-Gelände, Drucksache 9/1725, an den Aus 
schuß für Kulturelle Angelegenheiten zu überweisen. Bei Zu 
stimmung bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gegenprobe! - So 
beschlossen! 
Der Ältestenrat empfiehlt ferner, den Antrag der Alternativen 
Liste über Türkisches Theater im Hebbel-Theater, Drucksache 
9/1726, ebenfalls an den Ausschuß für Kulturelle Angelegen 
heiten zu überweisen. Bei Zustimmung bitte ich ebenfalls um 
Ihr Handzeichen. - Danke! Das ist also ebenfalls so beschlos 
sen. 
Ich rufe jetzt auf 
lfd. Nr. 9, Drucksache 9/1693: 
Wahl eines Beisitzers des Präsidiums gemäß 
§§11 und 12 der Geschäftsordnung 
Wird dazu noch das Wort gewünscht? 
[Dr. Köppl (AL): Wie immer!] 
Das Wort hat Frau Schulz. 
[Tietz (AL): Kritisier' bloß nicht den Präsidenten!] 
Frau Schulz (AL); Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Die Fraktion der Alternativen Liste schlägt Ihnen heute 
Bernd Köppl als Mitglied des Präsidiums vor. Wir haben im 
Gegensatz zu unserer sonst üblichen Praxis diesmal nicht ge 
lost, sondern wir haben Bernd Köppl aus drei Gründen aufge 
stellt. Der erste Grund war die Diskussion im Präsidium über 
den Haushalt; und Bernd Köppl ist unser haushaltspolitischer 
Experte. Der zweite Grund, der für uns inzwischen entscheiden 
der geworden ist, ist, daß Bernd Köppl unser Wirtschafts 
experte ist, unter anderem mit dem Schwerpunkt Personalver 
tretung und Demokratisierung in Arbeitsbereichen. Wir sind der 
Ansicht - deshalb schlagen wir Ihnen Bernd Köppl vor -, daß 
zumindest im Präsidium zur Sprache gebracht werden muß, 
daß das Arbeitsklima in diesem Hause - und die Verwaltung 
des Abgeordnetenhauses ist ja für die Arbeitsfähigkeit jedes 
einzelnen Mitgliedes hier von besonderer Wichtigkeit - sich 
ständig verschlechtert. 
[Elsner (CDU): Stimmt doch gar nicht!] 
Nicht zuletzt dadurch, daß berechtigte Einwände und Vor 
schläge des Personalrats ständig abgelehnt werden! Die Um 
organisation der Abteilungen I, II und IN, die ohne Berücksichti 
gung der Interessen der Beschäftigten stattgefunden hat, die 
Art und Weise, wie hier im Hause Stellen besetzt werden, die 
Überbelastung von Arbeitsbereichen in der Verwaltung auf der 
einen und die Verschwendung von Steuergeldern durch Präsi 
diumsreisen nach Togo und Madrid auf der anderen Seite, be 
dürfen unserer Meinung nach der fachmännischen Begutach 
tung. 
Der dritte Punkt, der für Bernd Köppl spricht, ist nicht nur, daß 
er sich für die heutige Wahl und für seine Arbeit im Präsidium 
ein Nadelstreifenjackett besorgt hat, sondern er ist auch ein 
Nichtraucher, was bei den langen Sitzungen ja durchaus sinn 
voll sein kann. Danke schön! 
[Beifall bei der AL] 
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