Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
63. Sitzung vom 8. März 1984
Momper
(A) in seinem ungebremsten Selbstdarstellungsdrang! Er
hat uns vom Blatt vorgelesen, was seine Beamten ihm er
arbeitet und aufgeschrieben haben. Bremen! — Sie ha
ben diesmal nicht Ristock studiert, das haben Sie ver
mutlich heute morgen noch umgeschrieben. — Bremen,
haben Sie studiert! Ich kann nur sagen, das wird hof
fentlich einen Wissenszuwachs bei ihm geben. Aber,
Herr Fink, müssen Sie denn dem Parlament hier die Stu
dien Ihrer Beamten über die Bremische Sozialpolitik
vorlesen, die gar nichts bringen, weil sie so gar nicht
vergleichbar sind?
[Buwitt (CDU): Weil die viel schlechter sind!]
Und das immer garniert damit, daß Sie sich unablässig
mit beiden Händen auf die Schultern klopfen, was für
ein toller Hecht Sie seien.
[Zuruf von der CDU: Ist er doch!]
Und dann von dem „Modellfall Berlin“ in bezug auf die
Sozialpolitik zu sprechen! Wenn ein wenig mehr Taten
in der Sozialpolitik da wären, die man anerkennen
könnte, dann wäre man schon zufrieden, oder wenig
stens ein Diskussionsbeitrag zur Sozialpolitik.
[Krüger (CDU): Wann fängt denn Ihr Diskussions
beitrag an, Herr Momper?]
Es gibt doch in der Sozialpolitik ein paar Punkte, über
die es sich zu streiten lohnt. Aber von diesem Senator
ist das wohl wirklich nicht zu erwarten.
An den Diskussionsbeiträgen der Herren Fink und
Oxfort und leider auch des Kollegen Diepgen gemessen,
(B) Herr Kollege Wronski, da waren Sie jedenfalls für mich
eine wahre Erholung! Ihr Griff in die Geschichte hatte
etwas mit früheren Daten zu tun; er war das, was die
CDU immer macht, wenn sie nicht mehr weiter weiß,
zurückgreifen auf die Fehler oder die vermeintlichen
Fehler der Sozialdemokraten,
[Gelächter bei der CDU]
aber immerhin, es war Geschichte, und für mich als
Historiker eine Erholung. Ob es Politik war, das wage
ich allerdings zu bezweifeln.
[Beifall bei der SPD - Krüger (CDU):
Der Oberlehrer Momper!]
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort hat jetzt der
Kollege Krüger.
Krüger (F.D.P.): Herr Präsident! Meine sehr verehr
ten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Eigentlich habe
ich ja den Herrn Kollegen Ulrich seinerzeit im Sicher
heitsausschuß schätzen gelernt,
[Starke Unruhe — Glocke des Präsidenten]
deshalb kann ich mir nicht vorstellen, daß er an das
glaubt, was er hier heute gesagt hat. Ich möchte das
bezweifeln. Er brachte so verschiedene Sachen, was er
geleistet hat: Polizeireform zum Beispiel. — Gewiß!
[Anhaltende Unruhe — Glocke des Präsidenten]
Die Polizeireform war Jom Ansatz her eine gute Sache.
Aber was hat sie uns denn wirklich gebracht? Hat sie
uns in der Anfangszeit mehr Uniformierte auf die Stra- (C)
ßen geschickt? Ist etwas besser geworden? — Ich möchte
sagen, es ist damals nichts besser geworden, es hatte
sich damals nichts geändert.
[Beifall bei der AL]
Wo sind zum Beispiel die Direktionen hinverlegt wor
den? — Ich brauche nur an das Beispiel Schulzendorf
zu denken; da hat man eine Direktion hingesetzt, zu
der die Leute von Lübars aus hinmüssen, von Tegel
und von Hermsdorf. Sie müsssen erst über die sieben
Berge fahren, um zu ihrer Direktion zu kommen. War
das ein Erfolg einer Polizeireform? — Sachen, die dem
Bürger zugute kommen sollten, sind echt dem Bürger
nicht zugute gekommen, im Gegenteil, sie gereichten
den Bürgern zum Nachteil. Das sollte doch wirklich nicht
der Erfolg einer Polizeireform gewesen sein.
Und Herr Kollege Wagner! Sie sprachen hier von der
35-Stunden-Woche: Es mag ja ganz gut sein, haben
Sie aber auch einmal überlegt, was das für Auswirkungen
haben kann? — Denken Sie doch nur einmal an die vielen
kleinen und mittleren Betriebe! Bringen Sie diese damit
nicht an den Rand des Ruins? An den Rand des Kon
kurses? Wie sollen denn diese Betriebe, die schon heute
zum Teil um ihre Existenz ringen, diese Mehrbelastungen
auffangen? —
[Starke Unruhe — Glocke des Präsidenten)
Es geht Ihnen nicht einmal nur um die 35-Stunden-Woche
und den vollen Lohnausgleich, Sie möchten sogar noch
ein paar Punkte drauflegen. Da möchte ich mit dem
Karnevalsschlager fragen: Wer soll das bezahlen? Wer
hat soviel Geld? — Die Gewerkschaften bezahlen das
bestimmt nicht; bezahlen werden das die kleinen und
die mittleren Unternehmer. Außerdem wird es zu wesent
lich mehr Schwarzarbeit führen. Dabei beanstanden Sie
doch heute schon, daß Schwarzarbeit in Milliardenhöhe
geleistet wird. Was sollen denn die Leute mit ihrer
Freizeit tun? — Mit Sicherheit werden sie sie für die
Schwarzarbeit nutzen. Ich bitte Sie, Herr Wagner, auch
wenn Sie jetzt rausgehen, wenn Sie es nicht hören
möchten, weil es Ihnen weh tut: Denken Sie einmal in
Ihrem ruhigen Stübchen nachts darüber nach!
[Starke allgemeine Unruhe]
Stellv. Präsident Longolius: Herr Krüger, bitte einen
Moment! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um
etwas Aufmerksamkeit. — Bitte, Herr Krüger!
Krüger (F.D.P.): Danke, Herr Präsident!
Wir sprachen heute mehrfach von der Arbeitslosen
quote hier in Berlin. Es ist bedauerlich und wirklich kein
Anlaß, damit Politik zu machen. Die Damen und Herren
von der Opposition warfen das ja der jetzigen Re
gierung als ein Versagen vor.
[Frau Korthaase (SPD); Genau!]
Wie sieht es denn aber in Hamburg aus, meine Damen
und Herren? Wie ist es in Bremen? Wie ist es in Hes
sen? — Ist es denn da besser? — Dort hätten Sie doch
von der SPD die Gelegenheit gehabt, Ihre Fähig
keiten zu beweisen. Wo haben Sie sie denn bewie
sen? — Nichts! Luftblasen haben Sie in den Wind ge
pustet! Seifenblasen, und nichts anderes, die zerplatzt
sind, beim kleinsten Luftzug! So sieht es doch aus!
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