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Volume Nr. 63, 8. März 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1983/84, 9. Wahlperiode, Band IV, 54.-70. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
63. Sitzung vom 8. März 1984 
Landowsky 
(A) 47 000 modernisiert mit Energiesparmaßnahmen. Ich will Ihnen 
nur einmal sagen: Wenn wir über Wohnungsfragen diskutieren, 
[Kunzeimann (AL): Sagen Sie doch mal, wer die 
bezahlen soll!] 
dann müssen wir auch wirklich über den Punkt reden und nicht 
Pappkameraden aufbauen, wie das letztlich in der „Abend 
schau“ geschehen ist, daß einer einen riesigen Abstand zahlen 
mußte. 
[Jungclaus (SPD): Einer?] 
Die Wohnungssituation in diesem Land ist so, daß zu der Miete, 
die für den sozialen Wohnungsbau vorgegeben ist, letztlich 
heute jeder innerhalb der jeweiligen Einkommensklasse eine 
Wohnung bekommen kann. Er kann sich nicht immer Schmar 
gendorf aussuchen, er muß auch mit Kreuzberg, Wedding oder 
Neukölln zufrieden sein. Aber das gab es noch nicht, und ich 
halte das für einen phänomenalen Erfolg von drei Jahren CDU- 
Tätigkeit. 
[Beifall bei der CDU - Widerspruch von der SPD] 
- Es wird ja weitergebaut werden; es wird ja bewußt eine Re 
serve geschaffen, damit man auch Härten abfangen kann. Der 
soziale Wohnungsbau soll geöffnet werden, wie der Regie 
rende Bürgermeister gesagt hat. Erstmalig ist in 1983 auch die 
Kostenmiete zurückgegangen; das wird auch in 1984 so sein. 
Ich weiß natürlich: Es wird immer Leute geben, die Löcher im 
Käse finden, auch wenn die Löcher noch so klein sind, aber daß 
sich etwas in dieser Richtung bewegt hat, das ist an sich auch 
für jeden in diesem Land einsichtig. Warum erwähnen Sie 
eigentlich nicht, daß auf Initiative des Senats und damals der 
CDU-Fraktion der Kündigungsschutz für betroffene Mieter um 
gewandelter Eigentumswohnungen erheblich verbessert wor 
den ist und daß davon auch die Mieter der Neuen Heimat in 
hohem Maße profitieren? 
[Beifall bei der CDU] 
(B) 
Ich möchte aber zu einem Punkt, der nach meiner Liste noch 
nicht befriedigend abgehakt ist, eine Anregung geben; Die 
Steuervorteile für diejenigen Erwerber von umgewandelten 
Eigentumswohnungen, die die Wohnungen nicht selbst bewoh 
nen, sind von der CDU-Fraktion immer als politisch un 
erwünscht angesehen worden, und deswegen plädieren wir 
auch in dieser Debatte dafür, daß sich der Senat nach wie vor 
dafür einsetzl bei der Änderung des Steuerrechts, daß der§ 7 b 
so geändert wird, daß diejenigen Dritterwerber, die die Woh 
nungen nicht selbst bewohnen, von dieser Steuervergünsti 
gung ausgeschlossen sind. 
[Beifall bei der CDU] 
Natürlich weiß ich, daß es viele Probleme gibt. Die Miethöhe 
ist ein Problem, und zwar das zentrale Problem, aber das ist 
auch das Problem, dessen wir uns annehmen. Wir haben heute 
eine Miete von 6 Mark 
[Wachsmuth (AL): Wo denn? - Sie in Ihrer Wohnung?] 
- eine Kaltmiete, Bewilligungsmiete von 6 Mark pro Quadrat 
meter in den Sozialwohnungen! Wir wissen, daß aufgrund der 
Finanzierungsmöglichkeiten viele Wohnungen teurer sind, des 
wegen erwarten wir, daß der Mietenbericht, den der Senat ja in 
Kürze vorzulegen hat, klare Hinweise gibt, welche Miete zumut 
bar ist. Wir als CDU haben das formuliert, wir sagen: Mehr als 
20 bis 25 % des Nettogehalts sind als Miete nicht zumutbar. Wir 
gehen davon aus, daß das der Prozentsatz ist, den der Senat in 
seinem Bericht auch festlegen wird. 
[Wachsmuth (AL): Kalt- oder Warmmiete?] 
- Ich will Ihnen dazu auch folgendes sagen, Herr Kollege 
Wachsmuth: Wir sind das einzige Bundesland mit einem eige 
nen Wohngeld - wenn ich das einmal so sagen darf: Mietober 
grenzenrichtlinien heißt das so ein bißchen verkehrt. Es ist ein 
eigenes Wohngeld, mit dem wir Miethöhen in diesem Land 
abfangen. Die Nordrhein-Westfalen wären froh, wenn sie auch 
so etwas hätten. Wir haben das eingeführt, die Mietenpflege - 
eine soziale Tat, die in den Auswirkungen von Ihnen überhaupt 
nicht gewertet worden ist, die aber die Bürger sehr gut bewer 
ten, denn sie selbst profitieren ja davon. 
[Beifall bei der CDU] 
Wir können das übrigens nur leisten, weil wir mutig sind, ein 
Jahr vor den Wahlen denjenigen Bürgern Opfer abzuverlangen, 
die nach unserer gemeinsamen Auffassung - so hoffe ich - in 
der Lage dazu sind und über den Einkommensgrenzen des 
sozialen Wohnungsbaues liegen; wir wollen sie bewußt zu 
einer Fehlbelegungs- beziehungsweise Ausgleichsabgabe her 
anziehen. Das ist eine Sache, die für eine Partei wirklich nicht 
einfach ist. Den Leuten zwölf Monate vor den Wahlen zu sagen: 
Ihr müßt ein Solidaropfer für die Geringverdienenden bringen! 
- Sie kennen das Problem, Sie hatten das jahrelang; Sie haben 
das immer vor sich hergeschoben und uns die Dreckarbeit 
überlassen. 
[Beifall bei der CDU] 
Wir packen sie an; und wir hoffen nur, daß Sie abgehen von der 
Politik, uns wegen dieser sozialen Gerechtigkeit auch noch bei 
den betroffenen Mietern entsprechend anzuschwärzen zu ver 
suchen. 
[Beifall bei der CDU - Kunzeimann (AL): Das betrifft 
nur die SPD, nicht uns!] 
Ich möchte jetzt nicht zur Modernisierung und Instand 
setzung, sondern zu einem kleinen, anderen Bereich der Bau 
politik sprechen, weil Baupolitik ja nicht nur technische Neu 
baupolitik ist, sondern Baupolitik für uns auch Kulturpolitik ist. In 
der Baupolitik spiegelt sich auch ein Stück Geschichte wider, 
deswegen sind wir der Meinung, daß wir die Stadt dort erhalten 
sollten, wo sich tatsächlich Geschichte widerspiegelt. Das ist 
keine blanke Verschönerung der Fassaden oder Potemkin, wie 
Sie auch zu sagen pflegten. Mit der Wiederherstellung der 
Architektur, beispielsweise der Jahrhundertwende, geben Sie 
dieser Stadl auch etwas geschichtliche Identität wieder - und 
das wollen wir, aber natürlich nicht nach dem Prinzip: Außen 
hui - innen pfui I, sondern wir wollen, daß diese Gebäude auch 
innen instandgesetzt und modernisiert werden, so daß sie 
dieser Stadt noch für lange Jahre erhalten bleiben. 
[Beifall bei der CDU] 
Ich habe Sie damals etwas angegriffen, Herr Ulrich, Sie hatten 
nämlich schon mal einen kleinen Ausrutscher in Ihrer Stadt 
gestaltungspolitik. Sie wissen das; als wir über den Kudamm 
gesprochen haben. 
[Wachsmuth (AL): Heute müssen wir über den 
Wintergarten reden!] 
ich habe Ihnen damals gesagt, Sie seien ja doch eher für die 
pflegeleichte, glatte Wertheim-Fassade und die Peitschen 
masten des Kollegen Nagel - glaube ich. Nein, das sind wir 
nicht, und wir wollen auch, daß der Wintergarten restauriert 
wird. Der Boulevard muß leben. Wertheim ist kalt. Wiederherge 
stellte Fassaden bedeuten Leben, und wir wollen Leben auf 
dem Kurfürstendamm. Das ist unsere Politik. 
[Beifall bei der CDU] 
Wir glauben, daß zu einer Metropole der Boulevard gehört. 
Dazu gehören auch der Chamissoplatz, Alt-Charlottenburg, die 
Industriearchitektur der AEG, genau wie die moderne Architek 
tur vom Hansaviertel, Nationalgalerie, südliche Friedrichstadt 
und eine Vielzahl anderer Dinge. Auch das Kulturforum, das zur 
Zeit so heftig umstritten ist, gehört dazu. Das ist übrigens immer 
so. Wenn etwas in einer Stadt neu geschaffen wird, gibt es 
dazu nie eine einheitliche Meinung. Das wäre ja auch geradezu 
.töricht, weil es keine Probe aufs Exempel gibt. Die Architektur 
geschichte dieser Stadt zeigt, daß, wenn außergewöhnliche 
architektonische Bildnisse geschaffen werden, diese immer 
umstritten sind. Sie sind übrigens auch in der Bewertung dem 
Zeitgeist unterworfen, wie wir beispielsweise beim Märkischen 
Viertel sehr deutlich sehen. 
Wir wollen also Stadtgestaltung nicht als Nostalgie, sondern 
als eine Synthese von Wiederherstellung und neuem Wagen. 
Die Berliner wissen das auch. Wer heute durch die Bezirke 
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