Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
GS.Sitzung vom 8.März 1984
Elsner
(A) Hafen die Einstellung der Flüge nächtlicher Postmaschinen u.a.
auch nach Berlin zu erreichen?
2. Wie beurteilt der Senat diese Pläne einer politisch verord-
neten Einschränkung eines sich sowieso schon ständig verrin
gernden Leistungsangebots der Bundespost, und was hat er
bisher dagegen unternommen?
Präsident Rebsch: Ist der Senat bereit, zu antworten? -
[Dr. Köppl (AL): Offensichtlich nicht!]
Wer antwortet? - Bitte sehr, Herr Senator Dr. Scholz!
Dr. Scholz, Senator für Bundesangelegenheiten: Herr Präsi
dent! Herr Abgeordneter Elsner!
Zu 1: Dem Senat ist bekannt, daß in den Verhandlungen der
hessischen Grünen mit der hessischen SPD auch das Nacht
flugverbot für den Flughafen Frankfurt am Main eine Rolle spielt,
nicht bekannt ist dem Senat, welches Stadium die entsprechen
den Überlegungen inzwischen erreicht haben. Unabhängig
davon stellt sich jedoch - und das ist für uns entscheidend -
die Frage nach der Rechtslage. Nach den Ausführungen des
Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für
Verkehr vom 8. Februar 1984, gegeben auf eine entsprechende
Anfrage im Deutschen Bundestag, stellt sie sich folgender
maßen dar: Die Verfügung von Nachtflugbeschränkungen in
diesem konkreten Fall steht nicht in der ausschließlichen Kom
petenz der hessischen Landesregierung. Zwar stellen Nacht-
flugverbole wie sonstige Einschränkungen des Flughafen
betriebs eine Änderung der luftrechtlichen Genehmigung nach
§6 Luftverkehrsgesetz dar, für die grundsätzlich die Luftfahrt
behörden der Länder zuständig sind. Indessen ist gemäß §31
Abs. 2 Ziff. 4 des gleichen Gesetzes dem Bund die Prüfung und
Entscheidung der Frage überlassen, ob durch die Genehmi
gung oder die Einschränkung die öffentlichen Interessen des
(B) Bundes berührt werden. Da ein Nachtflugverbot für den Flug
hafen Frankfurt am Main die öffentlichen Interessen des Bun
des berühren würde, ist mit einer Zustimmung des Bundes zu
einem entsprechenden Nachtflugverbot nicht zu rechnen. Dies
hat der Bund dem Land Hessen schriftlich mitgeteilt.
Zu Ihrer Frage 2; Der Senat ist der Auffassung, daß trotz
Anerkennung der Bemühungen um den Schutz der Bevölke
rung vor Fluglärm auch - und aus unserer Sicht: nachdrück-,
lieh - die erheblichen Nachteile gesehen werden müssen, die
der Wirtschaft und der Bevölkerung aus der Einstellung der
Beförderung von Postsendungen über das Nachtluftpostnetz
erwachsen würden. Dies gilt in ganz besonderem Maß für den
Nachtluftpostverkehr der Pan American auf der Flugstrecke
Berlin-Frankfurt. Allein dadurch kann sichergestellt werden, daß
die Briefpost in Berlin am ersten Tag nach der Einlieferung im
übrigen Bundesgebiet dem Empfänger zugestellt wird; für die
umgekehrte Richtung gilt das gleiche. Das habe ich im übrigen
bereits im Januar der hessischen Bevollmächtigten beim Bund,
Frau Staatsminister Dr. Rüdiger, schriftlich mitgeteilt und die
hessische Landesregierung durch Frau Dr. Rüdiger gebeten,
sich dafür einzusetzen, daß die Verhängung eines solchen
Nachtflugverbots für den Flughafen Frankfurt nicht beantragt
oder ins Auge gefaßt wird.
Nach der Mitteilung der Bundesregierung, daß mit deren Zu
stimmung zu einem Nachtfiugverbot nicht zu rechnen ist, geht
der Senat davon aus, daß Nachtflüge der Postmaschinen zwi
schen Berlin und Frankfurt weiter wie bisher durchgeführt wer
den können und daß eine Beeinträchtigung im Briefpostverkehr
daher nicht eintreten wird.
Präsident Rebsch: Bitte sehr, Herr Elsner, zur ersten
Zusatzfrage I
Elsner (CDU): Herr Senator, ist eine Antwort aufgrund Ihres
Schreibens an die hessische Landesregierung bzw. an den
hessischen Minister erfolgt, und wie ist der Inhalt dieser Ant
wort?
Präsident Rebsch: Herr Senator!
Dr. Scholz, Senator für Bundesangelegenheiten; Herr Abge
ordneter Elsner, ich verfüge über keine Antwort in dem Sinne,
daß mir eine Entscheidung der hessischen Landesregierung
mitgeteilt worden wäre. Ich hatte mich sehr früh an Frau
Dr. Rüdiger gewandt, als entsprechende Gesprächsgegen
stände in den Verhandlungen zwischen der SPD und den
Grünen in Hessen bekannt wurden; die anschließend erfolgte
Antwort war - ich würde sagen - zunächst dilatorischer Art,
aber jedenfalls auch wiederum in dem Sinne, daß man unsere
Probleme sieht.
Präsident Rebsch: Die nächste Zusatzfrage kommt vom
Abgeordneten Krüger.
Krüger (CDU): Herr Senator, kann man davon ausgehen, daß
das ein Versuch der hessischen Landesregierung ist - der letzt
endlich nicht für eine besondere Berlinfreundlichkeit dieser
sozialdemokratischen Regierung spricht -,
[Ohl bei der SPD]
uns Berlinern zuzumuten, unsere Post jeweils mit 24stündiger
Verspätung in Empfang nehmen zu können?
[Tietz (AL): Umweltschutz gegen Berlinfreundlichkeit!
Das ist ja wieder eine pfiffige These!]
Präsident Rebsch: Herr Senator Dr. Scholz!
Dr. Scholz, Senator für Bundesangelegenheiten: Herr Abge
ordneter Krüger, ich möchte niemand Berlinunfreundlichkeit
unterstellen, und ich tue es auch in diesem Fall nicht Mir ist es
viel wichtiger - und das ist auch mein Bemühen in der Sache
gewesen, das Bemühen des Senats insgesamt -, daß jeder
mann bei jedem Gesprächs-, Verhandlungs- oder Entschei
dungsgegenstand in der Bundesrepublik immer auch an die
Interessen Berlins denkt.
[Pätzold (SPD): Frau Dr. Rüdiger ganz besonders!]
Und ich gehe heute davon aus, daß dies auch in Hessen
geschehen wird.
Präsident Rebsch: Zur nächsten Zusatzfrage - der Abge
ordnete Dr. Meisner!
Dr. Meisner (SPD): Herr Senator, drängt sich Ihnen nicht der
Verdacht auf, daß es sich trotz der von Ihnen vorhin verlesenen
Stellungnahme der Bundesregierung vielleicht um eine konzer
tierte Aktion zwischen der Bundesregierung und den hessi
schen Grünen handeln könnte, da ja die Bundesregierung
beabsichtigt, die Nachtleerung der Briefkästen einzustellen, so
daß auf diese Weise das Berlinproblem bei den Vorhaben der
Bundesregierung ausgeschlossen wäre?
[Elsner (CDU): Das ist doch unter Ihrer Würde,
Herr Kollege!]
Präsident Rebsch: Herr Senator!
Dr. Scholz, Senator für Bundesangelegenheiten: Herr Abge
ordneter Meisner, meine Phantasie reicht nicht so weit wie die
Ihre; ich beneide Sie um Ihre Phantasie.
[Teilweise Beifall bei der CDU]
Ich beneide Sie um Ihre Phantasie vor allem insoweit, als es um
konzertierte Aktionen zwischen der Bundesregierung und den
Grünen geht.
Darüber hinaus ist hierzu folgendes zu sagen, soweit ich in
Ihrer Frage einen relevanten Kern erkenne: Es besteht kein Zu
sammenhang zwischen Fragen der Nachtleerung von Brief-
3770