Path:
Volume Nr. 62, 23. Februar 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1983/84, 9. Wahlperiode, Band IV, 54.-70. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
62. Sitzung vom 23. Februar 1984 
Sen Vetter 
(A) Das gilt nicht im Busbereich, wenn er länger unterwegs ist als 
mit dem PKW. 
[Staffelt (SPD): Werden Sie denn auch 
die Busspuren forcieren?] 
- Da, wo es sinnvoll ist, doch das ist nicht Thema dieser Großen 
Anfrage. 
ich darf auf die Beantwortung zurückkommen. Hier ist nach 
den einzelnen Strecken gefragt worden. Die Kosten für die ein 
zelnen Strecken sind kein Festwert, sondern abhängig von den 
jeweiligen Netzen und Realisierungsschritten, so daß Einzelan 
gaben den Rahmen dieser Großen Anfrage sprengen würden. 
Ich habe auf den Verkehrsplan hingewiesen, woraus sich das 
ergeben wird. Insbesonders sind aber auch zunächst die sich 
aus der Inbetriebnahme der einzelnen Strecken neu ergeben 
den Verkehrsströme zu erkennen und zu bewerten, bevor über 
die Reihenfolge des weiteren Ausbaus des S-Bahn-Netzes ent 
schieden werden kann. 
Für die Finanzierung von Anlage-Investitionen im Schnell 
bahnnetz stehen - für S-Bahn und U-Bahn zusammen - jährlich 
rund 160 Mio DM aus Zuschüssen nach dem Gemeindever 
kehrsfinanzierungsgesetz und Bundesdarlehen aus Komple 
mentärmitteln zur Verfügung. Der Senat beabsichtigt, innerhalb 
dieses Rahmens Mittel in weitestmöglichem Umfang vom 
U-Bahn-Bau auf die S-Bahn zu verlegen, um die Instandsetzung 
und Modernisierung des S-Bahn-Netzes zügig voranzubringen. 
Investitionsmittel der M-Bahn-Referenzstrecke - auch da 
nach ist gefragt - im Rahmen des Forschungsprogramms des 
Bundesministers für Forschung und Technologie lassen sich 
zum Beispiel nicht verlagern, weil die Betriebsübernahme der 
S-Bahn in westliche Regie nicht aus Forschungsmitteln finan 
ziert werden kann. Die VdeR wird sich im Rahmen ihrer Auf 
gaben und Möglichkeiten an der Modernisierung bzw. Konser 
vierung von Anlagen beteiligen. 
/D\ 
Zu 5 : Der Senat ist der Auffassung, daß nicht nur aus berlin 
politischen, verkehrlichen und betrieblichen Gründen, sondern 
auch unter Umweltgesichtspunkten ein größeres S-Bahn-Netz 
wünschenswert ist. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf die 
hohe Luftverschmutzung in Berlin. 
In der Fragestellung wird, auch wenn kein direkter Zusam 
menhang gegeben ist, insbesondere auf die Smog-Verordnung 
Bezug genommen. Trotzdem möchte ich darauf antworten und 
sagen: Im Länderausschuß für Immissionsschutz werden z. Z. 
grundsätzliche Überlegungen unter Mitwirkung von medizini 
schen Sachverständigen angestellt und eine Muster-Smog-Ver- 
ordnung ausgearbeitet. Nach Vorliegen dieser Muster-Verord 
nung wird der Senat prüfen, in welcher Weise die Berliner 
Smog-Verordnung novelliert werden muß. 
Grundsätzlich ist hierbei anzumerken, daß es unmöglich ist, 
mit Hilfe von verkehrlichen Maßnahmen im Smogfall die hohe 
Schadstoffbelastung durch Schwefeldioxid oder Schwebstoffe 
wesentlich zu vermindern. Durch Verkehrseinschränkungen 
sind dagegen kurzfristig erhebliche Verbesserungen bei Koh 
lenmonoxid und Stickoxiden möglich. Hierbei sind aber die ins 
gesamt erreichbaren Entlastungen und das Ausmaß der Ein 
griffe in das öffentliche und private Leben gegeneinander ab 
zuwägen. 
Ich fasse noch einmal zusammen: Der Senat erhofft sich mit 
der Wiederinbetriebnahme der S-Bahn eine beträchtliche Stei 
gerung der Attraktivität und Akzeptanz des Systems des öffent 
lichen Personennahverkehrs insgesamt mit der gewünschten 
Folge eines sinkenden Individualverkehrs. 
[Staffelt (SPD); Aha] 
Diese Ausweitung des schienengebundenen Nahverkehrs bei 
gleichzeitiger Umstrukturierung und Reduzierung des Bus 
netzes bietet insbesondere vor dem Hintergrund der vom Senat 
eingeleiteten luftverbessernden Maßnahmen nicht zuletzt eine 
erhebliche umweltpolitische Chance. Der Senat strebt deshalb 
im Rahmen der finanziellen Gegebenheiten an, so schnell und 
so viel S-Bahn-Strecken wie möglich zu reaktivieren. - Ich (C) 
danke Ihnen. 
[Staffelt (SPD): Aha! - 
Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort in der Bespre 
chung hat der Kollege Freudenthal. 
Freudenthal (AL): Meine Damen und Herren! Ich habe er 
wartet, daß der Senator etwas konkreter geworden wäre in der 
Beantwortung dieser Großen Anfrage. Wahrscheinlich durfte er 
das nicht. 
[Unruhe - Zurufe] 
Zum Beispiel hätte ich gern gewußt, wie der Senat das von ihm 
in Auftrag gegebene Gutachten der Studiengesellschaft Nah 
verkehr und die Frage beurteilt, daß dort in Prognoseform dem 
Individualverkehr praktisch noch Zuwachschancen eingeräumt 
werden, ob er sich auf solche Prognosen verlassen will und 
dann genauso verlassen ist wie der Senat im Zusammenhang 
mit den bestellten Energieprognosen oder ob er hier Gestal 
tungswillen erkennen läßt, indem er praktisch mit dem Ausbau 
des öffentlichen Personennahverkehrs, mit der Steigerung der 
Attraktivität einen Einfluß auf die Wachstumschancen des 
motorisierten Individualverkehrs nehmen will, wie er also in 
diesem Gesamtkonzept seine Gestaltungsmöglichkeit erkennt 
und wie groß sein Gestaltungswille überhaupt ist. Diese Aus 
sage habe ich hier vermißt. 
[Beifall des Abg, Dr. Köppl (AL)] 
Zu 2: Ich möchte noch mal darauf hinweisen, daß man auch 
hier hätte konkreter werden können. Ich will das einmal an 
einem Beispiel darstellen: Wenn Sie hierdurch den benachbar 
ten Park gehen, kommen Sie in den Stadtteil Friedenau, der 
- wenn Sie sich mal den Stadtplan ansehen - eine hervorra- ^ 
gende Gestaltung, eine hervorragende Anlage von Straßen und 
Plätzen ausweist, die heute kaum noch erkennbar sind. An 
seinen Tangenten fährt die S-Bahn vorbei - oder sie fuhr mal 
vorbei -, und zwar die Ringbahn im Norden und die Wannsee 
bahn im Süden mit zwei Bahnhöfen. Im Bereich der Bundes 
allee sind die Plätze heute durch die U-Bahn verbunden. Doch 
da zeigt sich schon an einem Beispiel; Die F.D.P. hat interes 
santerweise einen Antrag eingebracht, mit dem der Senat auf 
gefordert wird, den Parallelverkehr einzuschränken. An diesem 
Beispiel möchte ich Ihnen erläutern, was das heißen könnte. 
Gerade im Zusammenhang mit dem U-Bahn-Bau ist ja der Pa 
rallelverkehr auf der Bundesallee erheblich gefördert worden. 
Gerade im Zusammenhang mit dem Ausbau der U-Bahn hat 
man nämlich auch die Bundesallee fast autobahnähnlich ausge 
baut und dort dem Parallelverkehr mit dem Auto eine erhebliche 
Chance eingeräumt, mit der U-Bahn in der Geschwindigkeit 
Schritt zu halten. Genau das widerspricht eigentlich einer ver 
nünftigen Nahverkehrsplanung, wenn man sie will und wenn 
man sich nicht nur zum Ziel setzt, eventuell durch Tarife 40% 
der Kosten reinzukriegen, sondern wenn man sich zum Ziel 
setzt, die Verkehrsteilung vernünftig zu gestalten, in eine ver 
kehrsberuhigte Stadt ein gutes öffentliches Verkehrsangebot zu 
bringen. Genau dies hätte hier deutlicher vom Senat angespro 
chen werden sollen, und wie er hier seinen Gestaltungswillen 
erkennbar machen will. 
[Beifall des Abg. Dr. Köppl (AL)] 
Gerade das Beispiel Friedenau zeigt noch deutlich, wie dort ein 
Stadtteil zerschlagen wurde gerade im Rahmen dieser Verbes 
serung des Individualverkehrs, nämlich im Zuge des U-Bahn- 
Baus hat man fälschlicherweise obendrein noch den Bereich 
Schmiljanstraße ausgebaut und damit diesen Stadtteil in einer 
Weise aufgeteilt, daß es heute kaum noch möglich ist - jeden 
falls für Kinder und alte Leute -, vom einen Teil in den anderen 
zu kommen, weil es nämlich im Rahmen des Verkehrskonzepts 
fast unmöglich ist, diesen Straßenzug zu überwinden. Das ist 
ein Beispiel einer Stadtzerstörung, und diese Stadtzerstörung 
soll obendrein noch fortgesetzt werden, denn im neuesten Inve- 
3734
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.