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Volume Nr. 49, 13. Oktober 1983

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
49. Sitzung vom 13. Oktober 1983 
Sen Pieroth 
(A) 
werden, da 85 % aller industriellen Produkte, die hier her 
gestellt werden, außerhalb von Berlin verkauft werden und 
wir außerhalb von Berlin keinen konjunkturellen Hand 
lungsspielraum haben. Im Bau, also dort, wo der Senat 
sinnvoll und erfolgversprechend konjunkturpolitisch han 
deln konnte, da hat er gehandelt. 
Mit unserem Arbeitsmarkt- und Strukturprogramm von 
letzter Woche setzen wir die Doppelstrategie fort; Struk 
turpolitik einerseits, um die tiefliegenden Probleme auf 
Dauer zu lösen, investive Haushalte, ABM und andere 
Maßnahmen andererseits, um den Arbeitsmarkt bereits 
kurzfristig zu entlasten. Mit dem ersten Programm zu ar 
beitsmarktentlastenden Sondermaßnahmen im Land Ber 
lin vom 9. November vorigen Jahres sollten tausend ABM- 
Vollbeschäftigungsstellen insbesondere für arbeitslose 
Jugendliche geschaffen werden. Sie wurden es auch, das 
Programm ist inzwischen voll umgesetzt. Nachdem mit 
dem zweiten Programm vom 3. Mai dieses Jahres weitere 
2 250 ABM-Plätze angeboten wurden, standen Ende Sep 
tember 7 250 solcher Plätze in Berlin zur Verfügung, be 
vor vergangene Woche nochmals die Gesamtkapazität 
auf nunmehr 10 000 Stellen insgesamt erhöht wurde. 
Wichtiger jedoch als diese quantitativen Leistungen ist 
die berufliche Qualifizierung. Auch dort ist Berlin gegen 
über anderen Regionen weit in der Vorhand. Durch diese 
berufliche Weiterbildung wird die Chance auf eine spä 
tere Stelle für all diejenigen, die jetzt durch ABM be 
schäftigt werden, erhöht. Für arbeitslose Jugendliche wer 
den berufsfördernde und sozialpädagogische Begleit 
programme zur Erlangung des Hauptschulabschlusses ein 
gerichtet, damit sie später in der Lage sind, sich erfolg 
reich ausbilden zu lassen. Das ist ein ganz wesentliches 
Ziel dieser Maßnahmen, das muß es auch bleiben! 
I (B) [Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Sie fragen nach dem Erfolg unserer Bemühungen um 
zusätzliche Ausbildungsplätze. Entgegen dem Bundestrend 
hat sich in Berlin das Angebot an Ausbildungsplätzen 1982 
erhöht, nicht zuletzt infolge des .Ausbildungsplatzpro 
gramms des Senats vom 20. April letzten Jahres, mit dem 
beim Land Berlin selbst mehr Plätze bereitgestellt wur 
den und weil Zuschüsse an freie Träger und an die private 
Wirtschaft gegeben worden sind. Obwohl für 1983 bisher 
noch nicht alle Ausbildungsplatzwünsche in Berlin befrie 
digt worden sind, kann auch für dieses besonders schwie 
rige Jahr mit einem relativ ordentlichen Ergebnis gerech 
net werden. Die Hinweise der Kammern und des Landes 
arbeitsamtes bestätigen das. Lassen Sie mich deshalb 
ganz nachdrücklich und ausdrücklich allen, den Handwer 
kern, den Einzelhändlern, den Betriebsräten, den Ver 
bänden, den Gewerbetreibenden danken, die diese zu 
sätzlichen Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt ha 
ben, denn sie alle haben sich um die Zukunft junger Men 
schen in Berlin sehr verdient gemacht. 
[Beifall] 
Die Flexibilität des Senatprogramms und die neuen 
enormen Anstrengungen so vieler haben schon jetzt eine 
weitere Steigerung des Ausbildungsplatzangebotes über 
die Zahlen von 1982 hinaus möglich werden lassen. 
Und lassen Sie mich deshalb noch an zwei Seiten ein 
Wort richten: Alle jungen Menschen, die jetzt noch keinen 
Arbeitsplatz für dieses Jahr haben, sollten doch eine der 
noch offenen Stellen nehmen und nicht zu lange auf ihren 
Traumberuf warten. Und andererseits viele Unternehmer 
sollten noch einmal nachrechnen, ob sie nicht noch den 
einen oder anderen zusätzlichen Ausbildungsplatz trotz 
dem zur Verfügung stellen können, zumal ja noch Ausbil 
dungsplätze zum Teil nicht angetreten worden sind. Bei 
gutem Willen aller Beteiligten dürfte in den nächsten Mo- (C) 
naten die Lücke voll geschlossen werden. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie fragen 
auch jetzt schon nach ersten Erfolgen der geänderten 
Berlinförderung. Mit dieser Reform wurde ja die struktur 
politische Weichenstellung des Senats eingeleitet. Seit 
Januar ist das neue Gesetz nun in Kraft. Zahlenmäßige 
Ergebnisse können nach so kurzer Zeit an sich noch nicht 
vorgelegt werden. Aber erste Tendenzen werden jetzt 
deutlich sichtbar. Wir wollten, daß die größeren Berliner 
Unternehmen mehr bei den kleinen und mittleren Unter 
nehmen in Berlin einkaufen. Und nun haben 800 vor allem 
mittelständische Unternehmen erstmals Anträge auf Ver 
günstigungen aus dem Berlinförderungsgesetz gestellt, 
das heißt, sie sind jetzt in diesen Kreislauf einbezogen. 
Wir wollten mehr qualitativ hochwertige Arbeitsplätze be 
sonders im Bereich zentraler Unternehmensleitungen bei 
Forschung und Entwicklung sowie bei wichtigen Vertriebs 
funktionen. Erste Entwicklungen stellen sich ein. Die Firma 
Gilette hat schon Wohnungen gesucht und gefunden, um 
einen Großteil ihrer Führungskräfte für Vertrieb und Mar 
keting aus Frankfurt nach Berlin bringen zu können. An 
dere Unternehmen sind dabei, solche Schritte nach Berlin 
hin zu tun. 
[Dr. Köppl (AL): Brinkmann!] 
— Ich bin sehr froh, daß die Firma Brinkmann als erste 
deutsche Firma den Mut hatte, ihre Holding von Bremen 
nach Berlin zu verlagern. Ich wäre sehr froh, wenn weitere 
diesem Beispiel folgen würden! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
(D) 
Jedenfalls haben sich bis in den heutigen Morgen hinein 
neue Firmen mit neuen Verlagerungsaktivitäten von Füh 
rungskräften von Westdeutschland nach Berlin angemel 
det. Nur, weil es sehr schwierig ist, solche Schritte auch mit 
Betriebsräten der beteiligten Betriebsteile abzusprechen, 
sind wir noch nicht in der Lage, weitere Bekundungen wie 
die von Gilette nach außen darzutun. 
[Dr. Köppl (AL): Schlimmste Kirchturmpolitik!] 
— Es ist nicht Kirchturmpolitik, wenn wir endlich in Berlin 
dafür sorgen, daß auch qualitativ hochstehende Arbeits 
plätze wieder in Berlin sein sollen. 
[Beifall bei der CDU] 
Wenn Sie das Kirchturmpolitik nennen, dann machen Sie 
hier Ihre Grabesruh-Politik in Berlin. 
Wir wollen weiterhin Lieferanten nach Berlin holen und 
so die Wertschöpfung und damit die Zahl der Arbeitsplätze 
in Berlin erhöhen. Mit diesen Aktivitäten handeln die Un 
ternehmen jedenfalls so, wie wir alle es mit unserer Re 
form — außer Ihnen von der AL, die ich ja da nicht ernst 
nehme — der Berlinförderung wollten. 
Für die Projekte der Wirtschaftskonferenz war diese 
Reform sogar eine notwendige Voraussetzung. Die priva 
ten Projekte dieser Konferenz laufen, zum Teil sogar über 
die Zusagen der Konferenz hinausgehend, wie einigen 
Ankündigungen in der letzten Woche, zum Beispiel von 
SEL, zu entnehmen war. 
Bei den Bundesunternehmen, wo die angekündigten 
Projekte ja noch nicht laufen, lassen wir nicht locker; dar 
auf können Sie sich verlassen. 
[Vereinzelter Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
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