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Volume Nr. 49, 13. Oktober 1983

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
49. Sitzung vom 13. Oktober 1983 
Sen Kunz 
(A) ohnehin enge finanzielle Handlungsspielraum, den eine 
zukunftsgerichtete und gestaltungsorientierte Politik so 
notwendig braucht, wird dadurch zusätzlich eingeengt. 
Auch im Berliner Landeshaushalt beanspruchen die Zins 
ausgaben an den Kreditmarkt einen ständig größer ge 
wordenen Teil der Einnahmen. 1984 nehmen sie noch ein 
mal kräftig zu. Diese Dynamik abzubremsen, kann nur ge 
lingen, wenn die Nettoneuverschuldung über Jahre hin 
weg kontinuierlich zurückgenommen wird. 
Ich komme nun zu den Verhandlungen mit dem Bund; 
Die Bundeshilfe habe ich vor einem Jahr bei der Einbrin 
gung des Haushalts als den neuralgischen Punkt kenn 
zeichnen müssen, denn damals lag zwischen dem Ansatz 
im Haushaltsplanentwurf für 1983 und den Vorstellungen 
der Bundesregierung noch eine Differenz von 255 Mio DM. 
Heute kann ich sagen, daß der Haushalt des kommenden 
Jahres insoweit bereits jetzt auf festem Boden steht. 
Dabei waren die Voraussetzungen für die Verhandlungen 
mit dem Bund in diesem Jahr weniger günstig als vor 
Jahresfrist. Denn in Bonn muß mit der Sparpolitik weiter 
ernst gemacht werden, und über die allgemeine Bundes 
hilfe hinaus mußte Berlin für zwei finanzträchtige Vorha 
ben zusätzliche finanzielle Hilfe vom Bund erbitten: näm 
lich für die S-Bahn-Integration und das Erdgas-Projekt, 
die nunmehr in ein konkretes Stadium gelangt sind und 
1984 erstmals spürbare finanzielle Auswirkungen haben. 
Beide Vorhaben übersteigen die Finanzkraft unserer Stadl 
bei weitem. Hinzu kommt das Deutsche Zentrum für Herz 
chirurgie, das in Berlin errichtet werden soll und eben 
falls einen nicht unbeträchtlichen finanziellen Aufwand 
erfordert. 
Das Verhandlungsergebnis kann sich alles in allem se 
hen lassen. Insgesamt haben sich Bundesregierung und 
Senat auf einen Bundeszuschuß in Höhe von 10,925 Mil- 
(B) liarden DM verständigt. Gegenüber 1983 steigt die Bun 
deshilfe um immerhin fast 3,7 vom Hundert, während das 
Volumen des Bundeshaushalts insgesamt nur um 1,8 vom 
Hundert steigt. In dieser Bundeshilfe ist ein Zuschuß 
von 25 Mio DM zur Finanzierung des Herzzentrums auf 
dem Gelände des Rudolf-Virchow-Krankenhauses enthal 
ten sowie ein Betrag in Höhe von 37 Mio DM zur Abdek- 
kung des nach der Inbetriebnahme von S-Bahn-Linien zu 
erwartenden Kostendefizits einschließlich der Konservie 
rung vorläufig ungenutzter Strecken. Was die erforder 
lichen Investitionen für den S-Bahn-Einstieg anlangt, so 
sollen die Mittel, die bisher allein in den U-Bahn-Bau ge 
flossen sind — immer vorausgesetzt, die Verhandlungen 
mit der DDR führen zu einem befriedigenden Ergebnis —, 
in den nächsten Jahren teilweise der Wiederherrichtung 
von S-Bahn-Linien zugute kommen. Es wird also eine 
schrittweise Integration von S-Bahn-Linien in den öffent 
lichen Personennahverkehr bei gleichzeitiger Fortführung 
des U-Bahn-Baues geben. Dies erreicht zu haben, ist ein 
großer Erfolg. 
[Dr. Köppl (AL); Warum muß das Märkische Viertel 
doppelt angebunden werden?] 
— Es ist meine Oberzeugung, daß die große Zahl von Be 
wohnern im Märkischen Viertel verkehrlich auf die beste 
Weise gerade dadurch versorgt wird, daß die U-Bahn bis 
in das Zentrum des Märkischen Viertels gebaut wird und 
daß die Anbindung nach Möglichkeit bis in den Senften- 
berger Ring geht. 
[Beifall bei der CDU] 
Herr Kollege, diese Betrachtungen: Parallellinien und 
nicht Parallellinien, diese Betrachtungen sind meist aka 
demisch. Was eine Parallellinie ist, können Sie nicht an 
einer Landkarte messen. Was eine Parallellinie ist, müs 
sen Sie an den Verkehrsströmen messen, die durch un- (C) 
sere Bevölkerung entstehen. 
[Beifall bei der CDU — Dr. Köppl (AL): Der Bau 
des U-Bahn-Netzes kostet 1 Milliarde! 
Mit dieser 1 Milliarde könnte das S-Bahn-Netz 
in Fahrt gebracht werden!] 
— Herr Kollege, die Motive sind vielschichtige, wie ich 
Ihnen einräume. Die Motive sind in erster Linie verkehr- 
liche, aber ich mache keinen Hehl daraus, daß neben den 
verkehrlichen Motiven auch arbeitsmarktpolitische Über 
legungen mitgespielt haben, ohne daß damit die Eindeu 
tigkeit des verkehrlichen Motivs etwa reduziert worden 
ist. Und ich muß sagen, was ist das eigentlich für eine 
Argumentation, wenn Sie beinahe zu jedweder Gelegen 
heit sehr zu Recht fordern: Gebt noch mehr für Beschäfti 
gung aus, — sehr zu Recht, und dann jede Gelegenheit 
nutzen, wo etwas geschieht, zu sagen; So aber nicht und 
so auch nicht! 
[Beifall bei der CDU] 
Nein, wir betreiben eine wirklich praktisch orientierte Po 
litik! 
Noch nicht geklärt ist der Umfang des finanziellen 
Engagements des Bundes beim Erdgasprojekt, dem be 
deutendsten energie- und umweltpolitischen Vorhaben 
der letzten Jahrzehnte in Berlin. Es ist bekannt, welch er 
hebliche Investitionen die aus umweit- und energiepoliti 
schen Gründen notwendige Umstellung auf Erdgas er 
fordert. Das vom Senat entwickelte Finanzierungskonzept 
sieht daher auch eine angemessene finanzielle Beteili 
gung des Bundes vor. Es zeichnet sich ab — ein beson 
derer Bericht wird Ihnen in Kürze zugehen —, daß der 
Bund dort zur Mitfinanzierung bereit ist, wo seine origi- ( D ) 
näre Zuständigkeit für die Bevorratung betroffen ist. Im 
übrigen gestalten sich die Verhandlungen jedoch leider 
sehr schwierig. Bei der angestrebten Mitfinanzierung der 
Transitleitung und der Speicherinvestitionen verhält sich 
der Bund ablehnend. 
[Striek (SPD): Bedauerlich!] 
— Herr Striek, ich glaube nicht, daß zum Beispiel Sie und 
ich so weit auseinander sind in der Beurteilung dieses 
Sachverhaltes. 
[Striek (SPD): Freut mich zu hören!] 
Ich habe mehrfach Gelegenheit gehabt, und zuletzt im 
Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, darauf 
hinzuweisen, daß die Erdgassituation in Berlin zumindest 
in einem Punkt ganz unvergleichbar ist: Nirgendwo ist 
eine solche große Bevorratung wünschenswert und not 
wendig, und nirgendwo verlangt eine so große Bevorra 
tung diese finanziellen Volumen wie hier. Ich möchte des 
halb noch einmal den Bund bitten, sich gerade hier bei 
der Investition für die Speicherherrichtungskosten einer 
sinnvollen, angemessenen zusätzlichen Mitwirkung nicht 
zu versagen. 
[Wagner (SPD): Glaubt Ihnen denn das 
Herr Stoltenberg nicht?] 
— Herr Wagner, Herr Stoltenberg hat, wie zwei Finanz- 
minister vor ihm es nicht mehr konnten, das Land Berlin 
immerhin mit einer Bundeshilfe ausgestattet, die mir aus 
Ihren Reihen, wofür ich zu danken habe, die Kommentie 
rung „respektabel“ eintrug. Und die Diskussionen unter 
Ihnen und mit Ihnen haben uns allen geholfen. Ich hatte 
bereits Gelegenheit, im Hauptausschuß vielen von Ihnen 
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