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Volume Nr. 48, 22. September 1983

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
48. Sitzung vom 22. September 1983 
Swinne 
(A) reinigungsgesetzes betreffend Streusalz und andere Auftaumit- 
tel verzichtet werden. Im Zuge dieser Novellierung wurde der 
Begriff „Auftausalze“ durch den umfassenderen Begriff „Auftau- 
mittel“ ersetzt. Dies ist sehr sinnvoll, da auch mit anderen 
umweltfeindlichen chemischen Substanzen, die nicht Salze 
sind, Schnee beseitigt werden kann. Berlin als Großstadt ist mit 
seinem weitgehend salzfreien Winterdienst inzwischen für die 
Bundesrepublik vorbildlich geworden. 
Kernstück der Gesetzesnovellierung ist die Einführung der 
Verbandsklage in Berlin. Damit wird den nach dem Bundes 
naturschutzgesetz anerkannten Naturschutzverbänden unter 
bestimmten Voraussetzungen erstmalig in Berlin die Mög 
lichkeit eingeräumt, bei Befreiungen, Verboten und Geboten, 
die zum Schutz von Naturschutzgebieten erlassen worden sind, 
und beim Planfeststellungsverfahren über Vorhaben, die mit 
Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, Klage vor 
dem Verwaltungsgericht zu erheben. Mit der Verbandsklage 
haben also die anerkannten Naturschutzverbände die Mög 
lichkeit, gegen Verwaltungsakte vorzugehen, wenn es keine 
Einzelkläger gibt. 
Diese sogenannte kleine Verbandsklage besteht bereits 
heute in ähnlicher Weise in den Bundesländern Hessen und 
Bremen. Ich weiß, daß die CDU-Fraktion mit einer gewissen 
Zurückhaltung der von uns politisch in dieses Haus ein- 
gebrachten Verbandsklage zustimmt. Die Form, die wir jetzt in 
Berlin gefunden haben, ist auch von uns zu akzeptieren. Die 
jenigen, die mehr wollen, sollen sich erst einmal in anderen 
Bundesländern durchsetzen, wo sie die Mehrheit haben. 
Diese Novellierung mit dem neuen Rechtsinstrument der Ver 
bandsklage zeigt, daß diese Koalition die Kraft hat, sich für 
berechtigte Forderungen der Naturschutzverbände zu öffnen, 
und daß diese Koalition den Belangen des Naturschutzes, der 
Landschaftspflege und des Umweltschutzes einen hohen Rang 
einräumt. 
(B) [Beifall bei der F.D.P. und des Abg. Krüger (CDU)] 
Stellv. Präsident Longolius: Nächster Redner ist der 
Abgeordnete Liepelt. 
Liepeit (CDU); Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen 
und Herren! Der Kollege Swinne hat hier schon darauf hin 
gewiesen, daß diese Änderung des Naturschutzgesetzes, 
basierend auf einer Grundlage der F.D.P.-Fraktion, mit Änderun 
gen aus der CDU-Fraktion für uns auch einen wichtigen Schritt 
darstellt, um in der Tat Naturschutz wirkungsvoller und effizien 
ter in dieser Stadt umsetzen zu können. Und es ist sicherlich 
auch eine der wenigen Ausnahmen, bei der wir mit einer Geset 
zesänderung gleichzeitig auch Bürokratie abbauen wollen. Dies 
haben wir in unseren Änderungsvorschlägen in den §§ 18,19 
und 20 erreicht, indem wir Unterschutzstellungen zügiger hand 
haben wollen, machbar nur durch den zuständigen Senat, 
indem wir auch bei der Ausnahmegenehmigung bei minder 
schweren Eingriffen dieses den Bezirken überlassen wollen. 
Ich möchte an dieser Stelle betonen, daß die Vorschläge und 
Vorstellungen der CDU auch hierüber weit oder zumindest 
etwas weit hinausgingen. Wir haben in einem Änderungsvor 
schlag vorgeschlagen und hätten es gerne gesehen, wenn bei 
spielsweise auch die Einzel-Unterschutzstellung, also die 
Unterschutzstellung von einzelnen Naturdenkmalen und von 
anderen Einzelobjekten durch die Bezirke gehandhabt werden 
könnte. Wir haben uns im Laufe der umfangreichen Beratun 
gen zu diesem Gesetz nicht in der Lage gesehen, den Rechts 
problematiken, die hier anslehen, entgegenzutreten. Wir wer 
den aber dieses Ziel, auch in diesem Bereich nach unten in die 
Bezirke Kompetenzen zuzuweisen, auf anderem Wege weiter 
verfolgen. 
Kollege Swinne hat ebenfalls hier die Verbesserung, die in 
der Tat redaktioneller Art ist, im Bereich der Auftaumittel ange 
sprochen. Aber, was viel wichtiger ist, es gibt endlich das Ver 
bot der Taubenvergrämungspaste, um hier einer jahrelang 
geduldeten Mißhandlung von Vögeln durch dieses Gesetz 
einen Riegel vorschieben und auch die administrativen Voraus- (C) 
Setzungen zum Eingreifen bieten zu können. 
Die Notwendigkeit, diese Punkte zu ändern, ergibt sich aus 
der bisherigen Praxis des bestehenden Naturschutzgesetzes. 
Ich mache hier aus unseren Bedenken gar keinen Hehl und 
lasse niemanden im Unklaren, daß sich die Novellierung des 
§ 39 erst noch in der Praxis zu bewähren hat. Die Anwendung 
der Möglichkeit eines Klagerechts dort, wo der einzelne Betrof 
fene sich nicht artikulieren kann, ist in der Tat ein Novum und 
muß sich im vernünftigen Gebrauch dieser Möglichkeit bewäh 
ren. Wenn dies so ist, habe ich keinen Zweifel, daß wir mit 
dieser Novellierung des Naturschutzgesetzes einen weiteren 
und wichtigen Schritt zu einem aktiven Umwelt- und Natur 
schutz in dieser Stadt getan haben. - Ich danke Ihnen für die 
Aufmerksamkeit. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort hat jetzt der Abge 
ordnete Dr. Rüter. 
Dr. Rüter (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Die Fraktion der F.D.P. hat im Juli 1981 eine Änderung des Ber 
liner Naturschutzgesetzes, nämlich die Einführung der Ver 
bandsklage in diesem Hause beantragt. Damals fand dieser 
Antrag einhellige Zustimmung bei der Mehrheit des Hauses, 
und sogar die CDU-Fraktion fand diesen Antrag bemerkenswert 
interessant Diese Zustimmung war ermutigend, weil ja eine 
Verbandsklage nicht unbedingt das Regieren und Verwalten 
erleichtert. Seitdem sind mehr als zwei Jahre ins Land gegan 
gen, begleitet von vielen Änderungsanträgen und Änderungs- 
Änderungsanträgen, übriggeblieben ist leider nur ein klägliches 
Ergebnis! 
Die positiven Aspekte einiger Änderungen sind angespro- (D) 
chen worden, die Frage der Einführung des Streusalzes und 
der Vergrämungspaste für Tauben. Dies ist ein Problem, das vor 
allen Dingen unsere ältere Bevölkerung immer beschäftigt hat. 
Aber das eigentliche Problem und der eigentliche Antrag, der 
Änderungsantrag zur Verbandsklage, ist leider zu einem Skelett 
abgemagert, nahezu zu einem Nullum. Denn im Vergleich zum 
ursprünglichen Antrag der F.D.P. ist die Möglichkeit einer Klage 
nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes fortge 
fallen, das heißt den Verbänden ist es verwehrt, klageweise im 
Rahmen von Landschaftsplänen tätig zu werden. 
Nun will ja Berlin nicht nur über Flächennutzungspläne, son 
dern gerade auch über Landschaftspläne die Gestalt der Stadt 
ins Positive verändern. Diese Landschaftspläne sind eigentlich 
ein Jahrhundertwerk. Ihre Aufstellung sollte von den Verbänden 
begleitet werden. Sie kann nicht begleitet werden, wenn hier 
nicht einmal eine Klagemöglichkeit gegeben wird. 
[Beifall des Abg. Jungclaus (SPD)] 
Als Schimäre erweist sich dieser reduzierte Antrag der Ver 
bandsklage dann, wenn wir einmal das Klagerecht betrachten. 
Dieses Klagerecht ist in einem sehr schnellen Verfahren durch 
die CDU in der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtent 
wicklung, Umweltschutz und Verkehr eingebracht worden. 
Danach ist es den Verbänden nur dann gegeben zu klagen, 
wenn kein anderes Klagerecht besteht. Das heißt, in der Regel 
steht einzelnen Personen ein Klagerecht zu. Nehmen sie es 
nicht wahr, dann kann auch der Verband und können auch die 
Verbände nicht klagen. Mit anderen Worten; Die Lücke, die 
eigentlich die Verbandsklage füllen sollte, nämlich dann eine 
Klagemöglichkeit zu haben, wenn ein Einzelbetroffenheit nicht 
gegeben ist, diese Lücke kann nicht gefüllt werden. Mich ver 
wundert eigentlich, daß beispielsweise die Alternative Liste in 
der entsprechenden Sitzung des Ausschusses sich gegen eine 
solche Abmagerung, Entleibung dieses Änderungsantrags 
nicht gewandt hat. 
Nicht so sehr erstaunlich für uns - fast schon gewohnt sind 
wir es - ist die fast 180 % Wendung der F.D.P. im Vergleich zu 
2818
	        
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