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Volume Nr. 46, 9. Juni 1983

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
46. Sitzung vom 9. Juni 1983 
Bm Lummer 
(A) sen wir stehen und notfalls auch die parlamentarische Prügel ein 
stecken, wenn das Parlament der Meinung ist, daß da etwas ge 
schehen sei, was nicht in Ordnung sei. Ich aber bin der Meinung, 
daß das, was hier gemacht worden ist, so in der Ordnung ist und 
sich in dem Rahmen bewegt, den der Senat sich selber für sein 
Handeln gesteckt hat, und dem Rahmen, den er auch die Öffentlich 
keit hat erkennen und wissen lassen. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Franke: Eine weitere Zusatzfrage vom Kolle 
gen Dr. Legien. 
Dr. Legien (CDU): Ich habe eine Frage an den Herrn Senator für 
Justiz. Herr Senator, gehörte dieses Haus zu den zehn Häusern, die 
von Ihnen der Presse gegenüber als „kriminelle Ruchtburgen“ bzw. 
„Sammel- und Ausgangspunkt von Straftaten“ bezeichnet worden 
und die daher nach Ihrer Auffassung zu räumen sind, eine Auffas 
sung, die, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, von 
mir geteilt wird? 
Stellv. Präsident Franke: Das war eigentlich schon mehr als 
eine Zusatzfrage, Herr Kollege! - Herr Senator Oxfort, bitte! 
Oxfort, Senator für Justiz; Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Herr Abgeordneter Dr. Legien, die Antwort lautet; Ja! 
Stellv. Präsident Franke: Die nächste Zusatzfrage kommt vom 
Abgeordneten Hapel. 
Hapel (CDU): Herr Senator, rechtfertigen es Art und Anzahl der 
von dem geräumten Haus ausgegangenen Straftaten, dieses Haus 
als „kriminalitätsbelastet“ zu bezeichnen? 
Stellv. Präsident Franke: Herr Senator Lummer! 
Lummer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Herr Präsi 
dent! Meine Damen und Herren! Wenn die Antwort auf diese Frage 
nicht Ja lauten würde, dann hätten wir uns selber nicht an der Linie 
orientiert, die wir uns selbst gesetzt haben. Sie lautet: Ja. Ich will es 
mir versagen, hier im einzelnen die Vorgänge darzustellen, aber ich 
habe schon darauf verwiesen, daß die Polizei gezwungen war, 
zwölfmal Durchsuchungen in diesem Hause vorzunehmen, und 
dieses hat sie nicht aus Jux und Dollerei getan. 
Stellv. Präsident Franke: Eine Zusatzfrage vom Abgeordneten 
Rnger. 
Finger (AL); Herr Senator, ist Ihnen eigentlich bewußt, in welch 
unverantwortlicher Weise Sie hier Menschen dieser Stadt kriminali 
sieren, von denen selbst die Gossner-Mission in einem Sonderaus 
schuß der BW Kreuzberg klargestellt hat, daß sie hinter diesen 
Menschen in dem besetzten Haus stehe und sie, wenn sie dieses 
Haus erwerbe - was man ja noch immer hofft, Herr Rastemborski -, 
diese Menschen auf jeden Fall in dieses Haus hineinlassen wolle? 
Stellv. Präsident Franke: Herr Senator Lummer! 
Lummer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Herr Präsi 
dent! Meine Damen und Herren! Sie überschätzen, Herr Kollege 
Rnger, meine Fähigkeiten. Ich bin nicht in der Lage, irgend jeman 
den zu kriminalisieren; das pflegen die Menschen immer selber zu 
tun. So auch in diesem Falle. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Franke: Eine weitere Zusatzfrage vom Ab 
geordneten Schmidt. 
Schmidt (AL); Herr Innensenator, welche konkreten Ergebnisse 
hatten die Untersuchungen, insbesondere die letzte, des besetzten 
Hauses, und darf ich Ihre Äußerung so verstehen, daß jetzt die 
Durchsuchung selbst als Räumungsgrund für das Haus benutzt 
wird? 
Stellv. Präsident Franke: Herr Senator, das geht an sich auch 
über den eigentlichen Fragetext hinaus, aber wenn Sie beantworten 
wollen, bitte sehr. 
Lummer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Herr Präsi 
dent! Meine Damen und Herren! Herr Schmidt wir haben schon 
mehrfach darüber gesprochen, auch an dieser Stelle, und ich ant 
worte jetzt deshalb darauf, weil ich unbedingt will, daß da Klarheit 
herrscht: Wenn sich im Laufe der Zeit ein Haus als hochgradig kri 
minell erweist, dann kann auch schon ein vergleichsweise — 
[Schmidt (AL); Konkretisieren Sie das doch mal I - 
Rnger (AL); Sie lügen doch I - Weitere Zurufe] 
- Moment! 
[Schmidt (AL): Sagen Sie doch mal, was da los war! 
Was ist denn beschlagnahmt worden?] 
Stellv. Präsident Franke: Das Wort hat der Senator Lummer 
und niemand sonst! 
Lummer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Ich verstehe 
Ihre Aufregung um so weniger, als Sie da doch mit so zauberhaften 
Blumen dekoriert sind. Vielleicht sollten Sie auch bereit sein zuzu 
hören, ich wäre ja auf diesen Punkt durchaus noch gekommen. 
Aber zunächst liegt mir daran, folgendes festzustellen: Wenn sich 
im Laufe einer gewissen Zeit ein Haus als besonders kriminell er 
weist 
[Wendt (AL): Das geht doch gar nicht! Ein Haus kann 
doch nicht kriminell sein!] 
- Ja, schauen Sie, ich wollte es Ihnen gerade erklären; ich weiß, daß 
dies eine geraffte Formulierung ist, die besagt daß aus diesem 
Haus heraus und in diesem Hause durch die dort Wohnenden sehr 
häufig kriminelle Taten begangen werden. 
[Rnger (AL): Wer sagt denn das? 
Wo sind denn die Verurteilungen?] 
Wenn das so ist - und darüber führt die Polizei verständlicherweise 
Statistiken, die Staatsanwaltschaft auch -, dann kann ein ver 
gleichsweise geringer Anlaß - wir haben die Diskussion um die 
Maaßenstraße hier gehabt - durchaus zur Räumung führen, wenn 
dieser geringe Anlaß schon zur Durchsuchung führte. Das ist hier 
geschehen und das ist die Linie, die wir vertreten. Der Anlaß waren 
Plakate, Transparente, drei, zwei davon mit strafbarem Inhalt; bei 
der Durchsuchung ist außerdem festgestellt worden, daß Strom 
diebstahl vorliegt. 
Stellv. Präsident Franke: Die letzte Zusatzfrage kommt vom 
Abgeordneten Elsner. 
Eisner (CDU): Herr Senator, teilen Sie die Auffassung, daß die 
nach der Räumung einsetzende Solidarität der Sympathiesanten 
szene eine von der Sache her und den Forderungen her ungerecht 
fertigte und dem Problem nicht gerecht werdende Unterstützung 
darstellte, wenn man an die Terroraktionen der letzten Nacht denkt? 
Stellv. Präsident Franke; Herr Senator Lummer zur Antwort! 
Lummer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Herr Präsi 
dent! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Elsner, ich weiß nicht, 
ob die Aktivitäten der letzten Nacht in einem Zusammenhang zu 
diesem Hause stehen; äußere Ankündigungen in der gestrigen ein 
schlägigen Presse waren eher so zu verstehen, als sollten da Dro 
hungen ausgebracht werden, die sich auf andere Häuser beziehen, 
die uns auch in gewisser Weise - wie bekannt ist - aufgefallen 
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