Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
45. Sitzung vom 2. Juni 1983
Dr. Kunze
ich Sie richtig verstanden, erstens, daß es Erhöhungen der Gas
tarife auch in den Jahren 1984 und 1985 geben wird, daß lediglich
auf die Absicht des Senats verzichtet wird, dabei - wie bisher vom
Senat vorgesehen - den Standortnachteilausgleich abzubauen? -
Darüber herrscht in der Öffentlichkeit, wenn man die jeweilige Be
richterstattung sieht, ein ziemliches Durcheinander. Sie haben
immer, Herr Finanzsenator - deswegen will ich das noch einmal
hervorheben -, gesagt, daß aus Ihrer Sicht die Gastarife in den
Jahren 1984 und 1985 entsprechend der allgemeinen Kostenent
wicklung steigen. Der Herr Senator für Betriebe hat - jedenfalls so
weit öffentlich nachlesbar - das gelegentlich ganz anders akzen
tuiert Das ist eine wichtige Frage, und ich muß deswegen nach-
f ragen.
Die zweite Bemerkung: Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie,
Herr Finanzsenator, ins Auge fassen, den Kapitaldienst für die
Finanzierungsnotwendigkeiten aus dem Erdgasprojekt, die dadurch
entstehen, daß der Bund nicht seinen Verpflichtungen nach dem
Dritten Überleitungsgesetz nachkommen will - wie der Vorsitzende
der CDU-Fraktion im Hauptausschuß dargestellt hat -, voll in die
Tarifkonzeption bei der Gasag einbeziehen wollen und der Auffas
sung sind, daß Gas trotzdem nicht zu teuer wird? - Das ist eine
wichtige Sache. Ich wollte nur keine Mißverständnisse im Raum
stehen lassen, deswegen die Nachfrage. - Ich nehme an, ich habe
Sie in beiden Punkten richtig verstanden.
Präsident Rebsch; Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Dann lasse ich zuerst über den Ersetzungsantrag der Fraktion der
AL abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke sehr! Die
Gegenprobe! - Das letzte war die Mehrheit.
Nunmehr stimmen wir über die Vorlage - Drucksache 9/1115-
unter Berücksichtigung der Beschlußempfehlungen des Ausschus
ses für Wirtschaft und des Hauptausschusses ab. Wer dem seine
Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
- Danke sehr! Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei
Stimmenthaltung der AL so beschlossen.
Dann haben wir noch über den Entschließungsantrag der vier
Fraktionen abzustimmen. Wer dem seine Zustimmung zu geben
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke sehr! Ein
stimmig so beschlossen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 9 b, Drucksache 9/1184:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Stadtent
wicklung und Umweltschutz vom 31. Mai 1983 zur
Vorlage - zur Beschlußfassung - Uber den 23. Ände-
rungspian vom 22. Mai 1981 zum Flächennutzungs
plan von Berlin vom 30. Juli 1965, Drucksache 9/912
Der Dringlichkeit hatten Sie vorhin bereits zugestimmt Wird das
Wort in der Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann
möchte ich sogleich über die Vorlage 9/912 unter Berücksichti
gung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Stadtentwick
lung und Umweltschutz abstimmen lassen. Wer dem seine Zustim
mung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -
Danke sehr! Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Gegen die
Stimmen der AL so beschlossen.
Ich rufe auf
ifd. Nr. 9 c, Drucksache 9/1185:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Stadtent
wicklung und Umweltschutz vom 31. Mai 1983 zur
Vorlage - zur Beschlußfassung - Uber den 24. Ände
rungsplan vom 25. Mai 1981 zum Fiächennutzungs-
plan von Berlin vom 30. Juli 1965, Drucksache 9/999
Auch hier hatten Sie der Dringlichkeit bereits zugestimmt Wird das
Wort in der Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann
lasse ich ebenfalls sofort über die Vorlage Drucksache 9/999 (C)
unter Berücksichtigung der Beschlußempfehlung des Ausschus
ses für Stadtentwicklung und Umweltschutz abstimmen. Wer dem
seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Hand
zeichen. - Danke sehr! Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? -
Bei Stimmenthaltung der AL-Fraktion so beschlossen.
Lfd. Nr. 10, Drucksache 9/1156:
Antrag der Fraktion der CDU über Gründung einer
Stiftung „Familie in Not“
Wird das Wort in der Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Ausschuß für Ge
sundheit, Soziales und Familie sowie an den Hauptausschuß. Wer
dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -
Danke sehr! So beschlossen.
Lfd. Nr. 11, Drucksache 9/1157:
Antrag der Fraktion der SPD über Steuervorteile
durch Steuersparmodeile in der Form von Abschrei
bungsgesellschaften und Bauherrengemeinschaften
Wird das Wort in der Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Ausschuß für Bau-
und Wohnungswesen sowie an den Hauptausschuß. Wer wünscht,
daß so verfahren wird, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke
sehr! So beschlossen.
Lfd. Nr. 12, Drucksache 9/1163:
Antrag der Fraktion der CDU über Mietpreissteigerun
gen bei landeseigenen Grundstücken
Wird das Wort in der Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Hauptausschuß.
Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
- Danke sehr! So beschlossen.
Lfd. Nr. 13, Drucksache 9/1170:
Antrag der Fraktion der SPD über Solidarität und Hilfe
für vertriebene Autoren
Das Wort in der Beratung hat der Kollege Kollat, SPD-Fraktion.
Kollat (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 10.
Februar 1983 hat sich das Hohe Haus mit der Situation der Litera
tur in Berlin beschäftigt und wartet auf den ausstehenden Literatur
bericht, den der Senat nach der Sommerpause vorlegen wird.
Heute haben wir wieder Gelegenheit, uns mit der Literaturszene zu
beschäftigen, aber nicht mit der eigentlich deutschen, sondern mit
der, die sich in dieser Stadt mehr oder weniger am Rande und im
Verborgenen befindet Deshalb lassen Sie mich ein Wort von Wal
ter Jens an den Anfang meiner Ausführungen stellen, das er am 8.
Mai 1983 in der Akademie der Künste anläßlich der Bücherver
brennungsgedenkstunde geprägt hat Er führte unter anderem aus:
Wir leben in einem Land, in dem Hitler immer noch die Kassen
füllen hilft, während exilierte Schriftsteller aus aller Welt, die bei
uns Zuflucht gesucht haben, elendig dahinvegetieren. Ich
denke, sie haben einen Anspruch darauf, von uns so behandelt
zu werden, wie vor 50 Jahren in den Vereinigten Staaten und
anderswo vertriebene deutsche Autoren behandelt worden
sind; hilfreich und solidarisch. Ein Land, in dem einmal Schei
terhaufen brannten: zuerst für Bücher und dann für Menschen
bestimmt. Dies Land sähe sich eines Tages durch keine Aus
zeichnung mehr als durch die sechs Worte geehrt: Jedermann
guten Willens war hier willkommen.
Es leben also in unserer Stadt etwa 50 vertriebene Schriftsteller, die
ihre Heimat aus politischen Gründen verlassen mußten. Dabei soll-
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