Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
43. Sitzung vom 28. April 1983
Sen Dr. Kewenig
(A) Frage: Die gestellte Frage bezieht sich auf eine Personalangelegen
heit, so daß grundsätzlich das Gebot der Vertraulichkeit zu beach
ten ist. Da der betreffende Beamte mir jedoch seine Einwilligung ge
geben hat, bin ich in der Lage, Ihnen auch Einzelheiten des Vor
gangs mitzuteilen.
Es trifft zu, daß der Beamte in der Zeit vom November 1981 bis
Januar 1983 neben seinen Bezügen von der Senatsverwaltung für
Wissenschaft und Kulturelle Angelegenheiten auch Bezüge von
der Freien Universität Berlin erhalten hat. Der Beamte hat, nachdem
ihm dieser Sachverhalt bekannt geworden ist, unverzüglich die not
wendigen Regelungen
[Heiterkeit bei der SPD]
über die Rückzahlung der zuviel erhaltenen Bezüge mit der Freien
Universität vereinbart.
Zu Ihrer zweiten Frage: Die Zahlungen durch die Freie Universität
seit November 1981 sind aufgrund eines buchungstechnischen
Fehlers der Personalverwaltung im Bereich des FU-Präsidenten
hervorgerufen worden. Anfang November 1981 hatte der Beamte
von meiner Verwaltung die Mitteilung erhalten, daß er mit Wirkung
vom 5. November 1981 zum Regierungsdirektor ernannt wird. Eine
Durchschrift dieses Bescheides hat die vorherige Dienstbehörde
des Beamten, nämlich die Freie Universität Berlin, zur Kenntnis
nahme bekommen. In der Personalverwaltung der Freien Universität
ist diese Mitteilung, die eigentlich nur zur Vervollständigung und
zum Abschluß der dortigen Personalakte bestimmt war, unverständ
licherweise als Neueinstellungshinweis gewertet worden mit der
Folge, daß monatliche Zahlungen an den Beamten in der entspre
chenden Besoldungsgruppe erfolgten. Dieser Irrtum wurde erst im
Januar 1983 von der FU-Personalverwaltung entdeckt. Daraufhin
hat die FU-Verwaltung mit dem Beamten eine Vereinbarung zur
Rückzahlung des überzahlten Betrages abgeschlossen.
Der Präsident der Freien Universität hat den Vorgang zum Anlaß
genommen, seine Personalverwaltung schriftlich und mündlich mit
Nachdruck auf die Einhaltung der diesbezüglichen Verwaltungsvor-
' ' schritten hinzuweisen.
Meine Verwaltung hat von diesen Vorgängen Anfang März 1983
durch eine entsprechende Mitteilung der Freien Universität Kennt
nis erhalten. Ich habe daraufhin die erforderlichen beamtenrecht
lichen und disziplinarischen Schritte in meiner Verwaltung eingelei
tet. Schlußfolgerungen können erst nach Abschluß dieser Prüfun
gen gezogen werden. Der derzeitige Verfahrensstand hat mich aber
veranlaßt, den Beamten von den Aufgaben des persönlichen Refe
renten zu entbinden. Entscheidungen über ein Verbot der Amts
ausübung oder eine vorläufige Dienstenthebung brauchen gegen
wärtig nicht getroffen zu werden, da der Beamte seinen Jahres
urlaub angetreten hat.
[Zuruf von der SPD: Doppelter Urlaub!]
Es ist damit zu rechnen, daß die disziplinarrechtlichen Vorermittlun
gen kurzfristig abgeschlossen werden können.
Präsident Rebsch: Die erste Zusatzfrage stellt nunmehr der
Kollege Kremendahl.
Dr. Kremendahl (SPD); Herr Senator, wie erklären Sie sich,
daß der Betroffene nach Ihren Ausführungen länger als ein Jahr
nicht bemerkt hat, daß er zwei Gehälter bezogen hat?
Präsident Rebsch: Bitte schön, Herr Senator!
Dr. Kewenig, Senator für Wissenschaft und Forschung: Herr
Präsident! Herr Abgeordneter Kremendahl, ich kann mir das nicht
erklären. Ich kann aber dazu im Moment mehr nicht sagen, da diese
Frage eine der entscheidenden des Vorermittlungsverfahrens ist.
Präsident Rebsch: Bitte schön, Herr Kremendahl, Sie stellen
die nächste Zusatzfrage.
Dr. Kremendahl (SPD): Herr Senator, wie schätzen Sie die
Wirkung ein, die ein solch unglaublicher Vorgang in Ihrer unmittel
baren Umgebung auf Hochschulangehörige haben muß, die von
Stellenstreichungen, von der Verschärfung des Numerus clausus
und von der Verschlechterung der Ausbildungsbedingungen be
troffen sind? Und sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß dies Ihre
Sparmaßnahmen nicht sehr glaubwürdig erscheinen läßt?
[Beifall bei der SPD und bei der AL]
Präsident Rebsch: Bitte schön, Herr Senator!
Dr. Kewenig, Senator für Wissenschaft und Forschung: Herr
Abgeordneter Kremendahl, ich weiß nicht, was dieser unglaubliche
Vorgang - ich benutze dasselbe Wort wie Sie - nun mit den aus all
gemeinen finanzpolitischen Notwendigkeiten erforderlichen Spar
maßnahmen in der Freien Universität zu tun hat.
[Beifall bei der CDU - Momper (SPD):
Glaubwürdigkeit! Glaubwürdigkeit!]
Im übrigen, Herr Abgeordneter Kremendahl, darf ich darauf hinwei-
sen, daß dieser unglaubliche Vorgang durch die Verwaltung der
Freien Universität verursacht worden ist. Sie müßten also noch ein
mal genauer beim Präsidenten der Freien Universität rückfragen.
Präsident Rebsch: Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege
Schürmann.
Schürmann (SPD); Herr Senator, wann ist Ihnen persönlich
dieser Vorgang um Ihren persönlichen Referenten bekannt gewor
den?
Präsident Rebsch: Bitte schön, Herr Senator!
Dr. Kewenig, Senator für Wissenschaft und Forschung: Herr
Präsident! Herr Abgeordneter, der Vorgang ist mir persönlich be
kannt geworden, seitdem wir von der Freien Universität informiert
worden sind, und zwar durch ein Schreiben, das gleichzeitig an den
Rechnungshof, an den Senator für Finanzen und an uns gegangen
ist. Es gibt einen einzigen Moment, in dem der persönliche Referent
mich auf diese Frage angesprochen hat, aber in einer Art und
Weise, als ob dieses Problem in der Vergangenheit gelegen habe
und durch eine Vereinbarung mit der Freien Universität als
abgeschlossen anzusehen sei. Ich hatte aufgrund dieses Hin
weises, der mehr beiläufig erfolgte, keinerlei Veranlassung, vorzei
tig irgendwelche Ermittlungen aufzunehmen. Weder die finanziellen
noch die beamtenrechtlichen Dimensionen des Vorganges wurden
in diesem Gespräch erkennbar.
Präsident Rebsch; Die nächste Zusatzfrage stellt der Ab
geordnete Momper.
Momper (SPD): Herr Senator, haben Sie als Senator gegenüber
dem Parlament allen Ernstes gesagt, daß die Anzeige durch den
Beamten, er habe doppelte Bezüge bezogen, „unverzüglich“
erfolgt sei, nachdem doch offenbar dreizehn Monate einer Doppel
bezahlung ins Land gegangen sind?
Präsident Rebsch: Bitte schön, Herr Senator!
Dr. Kewenig, Senator für Wissenschaft und Forschung: Herr
Präsident! Herr Abgeordneter Momper, nein, ich habe das Wort
„unverzüglich“ gebraucht in Zusammenhang mit der Regelung, die
dieser Beamte getroffen hat mit der Universitätsverwaltung über die
Abwicklung des eingetretenen Schadens. Es ist so gewesen, daß er
nach seiner Aussage das Geld ohne sein Wissen bekommen hat.
Als er von der Freien Unversität darauf aufmerksam gemacht wor
den ist, hat er unverzüglich mit der Freien Universität eine entspre
chende Regelung getroffen.
Präsident Rebsch: Die nächste Zusatzfrage stellt der Ab
geordnete Sellin.
2504