Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
41. Sitzung vom 10. März 1983
Sen Rastemborski
richts - die Bauverwaltung obsiegt bisweilen auch beim Oberver
waltungsgericht in dem festgestellt wird, daß eine derartige Argu
mentation dann nicht zieht, wenn der Staat auch öffentliche Förde
rung, z. B. für die Instandsetzung, anbietet. Dieses Urteil hat die
Rechtssituation prinzipiell verändert, sie kann aber nicht den
geschaffenen Rechtstatbestand eines begünstigenden Verwal
tungsaktes verändern. Ich will aber zum Trost der dort wohnenden
Mieter sagen: Mich hat der für Charlottenburg zuständige Stadtrat
informiert, daß er seinerseits die erforderliche Abbruchgenehmi
gung nicht erteilen wird. Von Seiten der Bauverwaltung besteht vor
läufig keine Aussicht, eine Programmzusage zur öffentlichen Förde
rung eines Neubaus zu bekommen.
[Beifall des Abg. Nagel (SPD)]
Die Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ich habe hier sehr wohl
zur Kenntnis genommen, daß einiges mit dem Geschäftsgebaren
des jetzigen Eigentümers uns alle zum Nachdenken und zur Kritik
veranlassen sollte. Es ist z. B. bekannt, daß der derzeitige Eigentü
mer, zu dessen Gunsten die Leerstandsgenehmigung ergangen ist,
inzwischen an eine Kapitalgesellschaft weiterveräußert hat. Dieses
und auch öffentliche Erklärungen des Eigentümers, z. B. im regiona
len Fernsehen, veranlassen mich, die Sache doch einer sorgfältigen
Überprüfung zu unterziehen.
Ich will auf das rekurrieren, was der Kollege Simon vorhin hier
ausgeführt hat: Es gibt - Sie mögen das bedauern, Herr Nagel -
auch für die Legislative Grenzen, denn das geltende Verwaltungs
recht, also das Recht der Rücknahme begünstigender Verwaltungs
akte, ist hier zu beachten. Ich wollte durch diesen kleinen inhaltli
chen Einstieg Hinweise zu meiner Auffassung zu dem Fall geben,
um die Explosivität dieses Themas vielleicht etwas beruhigen. - Ich
danke für Ihre Aufmerksamkeit.
[Beifall bei der CDU und des Abg. Vetter (F.D.P.)]
Stellv. Präsident Longolius: Nunmehr hat der Kollege Wendt
das Wort.
Wendt (AL): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
Senator Rastemborski, wenn ich Ihren Vortrag eben so verstehen
darf, daß Sie den Mietern des Hauses eigentlich sehr direkt zuge
sagt haben, daß die Befürchtungen, die sie hegen hinsichtlich
dieses Hauses, inzwischen mehr oder weniger unbegründet sind,
dann ist dies sicherlich zu begrüßen und wird von den Mietern ent
sprechend zur Kenntnis genommen werden. Dennoch bleibt
einiges hier zu sagen.
Der Kollege Nagel hat in sehr ausführlicher, drastischer, aber
auch offener Weise den Sachverhalt und den Gang der Dinge um
dieses Haus geschildert. Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Dennoch
müssen einige Dinge hier - vielleicht wiederholt - genannt werden.
Es ist geradezu bedauerlich, daß im Zusammenhang mit diesem
Haus Charlottenburger Ufer 11 heute nicht der Bericht zur Finanz
planung diskutiert werden kann, weil da eine ganz typische einsich
tige Sache passierte, die, wenn die Mieter weniger widerstandsfä
hig gewesen wären, weniger aufmerksam gewesen wären, ohne
großen Protest durchgegangen wäre. Es steht bei diesem Haus -
oder stand, wenn ich Ihre Ausführung, Herr Senator, richtig deute -
die Wahl: 20 Wohnungen für 700000 DM zu erhalten oder 22 für
5 bis 7 Mio DM zu schaffen. Und dazu, denke ich, sollte dieses
Abgeordnetenhaus eine eindeutige Position beziehen. Es geht
schließlich auch darum, ob man mit einer Entscheidung gegen die
betroffenen Mieter agiert, ob, wenn die Mieter weniger widerstands
fähig gewesen wären, man hinnimmt, daß wieder in einem Haus,
das für die Mieter befriedigend bewohnbar ist, eine Vertreibung
dieser Mieter stattfindet. Darüber hinaus ist festzustellen, daß die
Fraktionen in der Charlottenburger Bezirksverordnetenversamm
lung - ich denke, dem wird sich sogar die in der BVV bereits nicht
vertretene Fraktion der F.D.P. anschließen - gegen diesen Abriß
sind. Eigentlich ist an dieser Geschichte befremdlich, daß alle, die
sich damit befassen, eindeutig gegen diesen Abriß Stellung neh
men - außer dem Herrn Simon, der gemeint hat, er müsse sich nach
wie vor nicht äußern, und dennoch stehen die Mieter zum Sachver
halt in einer gewissen Unsicherheit. Da, denke ich, wäre es ange
messen, wenn das Parlament hier mindestens in Form einer klaren (C)
Willenserklärung Nein sagt.
[Beifall des Abg. Schmidt (AL)]
Daß ein begünstigender Verwaltungsakt nur schwerlich zurückzu
nehmen ist, mag sicherlich richtig sein, doch sollte man immer
daran denken, daß, wenn - das habe ich schon öfter betont - die
Mieter sich nicht in dem Maße organisiert und protestiert hätten,
diese Sache vermutlich schon längst über die Bühne gegangen
wäre. Deshalb sollte uns das, was um dieses Haus passiert ist, min
destens für die Zukunft warnen. Wir erwarten, auch angesichts
Ihrer Ausführungen, Herr Senator, daß sie in der Lage sind - oder
Ihr Nachfolger -, in Zukunft über Mittel und Wege nachzudenken,
daß Mieter eines solchen Hauses überhaupt nicht erst in eine
solche Lage kommen. Ich denke, das es doch wohl auch angesichts
Ihrer Zusicherungen richtig ist, über den Antrag unserer Fraktion
heute positiv abzustimmen.
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Longolius: Weitere Wortmeldungen liegen
nicht vor. Wir kommen dann zur Abstimmung. Der Ausschuß für
Bau- und Wohnungswesen empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Wir
stimmen jetzt über den Antrag selbst ab, also über die Drucksache
9/981. Wer dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den
bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das letztere war
die Mehrheit.
Ich rufe auf
ifd. Nr. 15, Drucksache 9/1039:
Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses vom
17. Februar 1983 über Aufhebung der Immunität der
Frau Abgeordneten Rita Kantemir
Der schriftliche Bericht ist der Beschlußempfehiung angefügt. Wird ^
das Wort in der Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer
der Beschlußempfehlung - Drucksache 9/1039 - seine Zustim
mung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -
Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei mehreren Gegenstimmen so
beschlossen.
[Starke Unruhe]
Ich rufe dann auf
Ifd. Nr. 16, Drucksache 9/1052:
Beschlußempfehiung des Ausschusses für Stadtent
wicklung und Umweltschutz vom 17. Februar 1983
zur Vorlage - zur Beschlußfassung - über den 14. Än
derungsplan vom 22. Dezember 1979 zum Flächen
nutzungsplan von Berlin vom 30. Juli 1965, Druck
sache 9/211
Da auch hier keine schriftliche Berichterstattung vorliegt, frage ich,
ob das Wort zur Berichterstattung gewünscht wird? - Das ist nicht
der Fall. Dann stimmen wir sogleich über die Vorlage - Drucksache
9/211 - unter Berücksichtigung der Beschlußempfehlung - Druck
sache 9/1052 - ab. Bei Zustimmung bitte ich um Ihr Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der Fraktion
der Alternativen Liste so beschlossen.
Lfd. Nr. 17, Drucksache 9/1053:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Stadtent
wicklung und Umweltschutz vom 17. Februar 1983
zur Vorlage - zur Beschlußfassung - über den 22. Än
derungsplan vom 13. Mai 1981 zum Flächennutzungs
plan von Berlin vom 30. Juli 1965, Drucksache 9/666
Auch hier liegt kein schriftlicher Bericht vor. Wird das Wort in der
Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Ausschuß für
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