Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
41. Sitzung vom 10. März 1983
Frau Saß-Viehweger
(A) sungsbogen, dieser Volkszählungsbogen, nicht den Meldebehör
den zugänglich gemacht werden soll, so daß es sehr sinnvoll ist,
das noch einmal gerade unter dem Datenschutzaspekt zu erfragen.
Ich möchte nun noch auf den von Herrn Kollegen Pätzold ange
führten letzten Satz des §2b zu sprechen kommen. In der Tat
waren wir uns im Ausschuß darüber einig, daß der Wohnsitz so zu
verstehen ist, daß nicht automatisch bei einem Ehepaar mit Kindern
der Wohnsitz der gesamten Familie dort ist, wo sich die Kinder be
finden, weil das eine sehr willkürliche Zuordnung wäre, vielmehr
waren wir im Ausschuß übereinstimmend der Meinung, daß der
Lebensmittelpunkt des Einwohners entscheidend ist. Wir sind auch
nach weiterer Diskussion nach wie vor dieser Meinung; falls aber
dieser letzte Satz des § 2 b der Punkt für die SPD-Fraktion sein soll
te, diesem Gesetz die Zustimmung nicht zu geben, würden wir hier
anbieten, auf diesen Satz zu verzichten, damit es auch der SPD
ermöglicht wäre, das Gesetz dann mit uns zu beschließen. Wir
dürfen Sie in diesem Sinne bitten - wie gesagt, mit dieser Maß
gabe -, dem Gesetz zuzustimmen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren, weitere Wortmel
dungen liegen nicht vor, es liegt auch kein schriftlicher Änderungs
antrag vor, so daß ich nunmehr über den Antrag abstimmen lasse;
der Ausschuß für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfiehlt, den
Antrag anzunehmen. Wer dem Gesetz zur Ausführung des Melde
rechtsrahmengesetzes im Wortlaut des Antrags Drucksache
9/1048 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das
Handzeichen. - Danke sehr! Die Gegenprobe! - Stimmenthaltun
gen? - Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion und bei Ablehnung
der AL-Fraktion so beschlossen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 6, Drucksache 9/1028:
I. Lesung des Antrags der Fraktion der SPD über
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewäh
rung von Leistungen an Zivilblinde, Gehörlose und
Hilflose
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Bitte sehr, Herr Kolle
ge Hiersemann!
Hiersemann (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Wir haben uns in den vergangenen eineinhalb Jahren wiederholt
bemüht, für die Hilflosen die Ankopplung der Pflegegelder der
Höhe nach an den §35 des Bundesversorgungsgesetzes wieder
zu erreichen. Zuletzt sind diese Bemühungen am 11. November
1982 im Plenum gescheitert, als CDU und F.D.P. einen entspre
chenden Gesetzesantrag ablehnten. Das Wort von der „positiven
Fortentwicklung des Behindertenrechts“, mit dem Herr Abgeordne
ter Schicks während der vorangegangenen Ausschußberatung die
tatsächlich eingetretene Verschlechterung für die Hilflosen be-
zeichnete, ist uns allen - hoffentlich - noch immer in peinlicher
Erinnerung. Wir haben schon damals Initiativen angekündigt, um
wenigstens jetzt eine Angleichung der Riegegeldstufen für Hilflose
an die Riegegelder zu erreichen, die die Blinden schon ab 1. Januar
1982 erhalten, zumal für diesen Personenkreis - Gott sei Dank,
möchte ich betonen - zum 1. Juli eine weitere, wenn auch sicherlich
sehr bescheidene Erhöhung ins Haus steht.
Diese Initiative, die wir damals angekündigt haben, liegt nun heu
te vor Ihnen. Die Begründung spricht für sich, meine Damen und
Herren, und ich meine für meine Fraktion: Wenn auf Seiten von
CDU und F.D.P. wenigstens noch ein Funken von Gerechtigkeit und
eine Spur von Solidarität mit den Hilflosen vorhanden sein sollte,
dann müßte es wirklich möglich sein, daß auch diese beiden
Fraktionen unserem Gesetzesantrag zustimmen könnten. Ich bitte
namens meiner Fraktion um Überweisung des Antrags an den Aus
schuß für Gesundheit, Soziales und Familie und an den Hauptaus
schuß. - Schönen Dank!
[Beifall bei der SPD]
Präsident Rebsch: Das Wort hat für die Fraktion der CDU der
Kollege Vetter.
Vetter (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So
recht verstehe ich die SPD-Fraktion nicht; denn der Kollege Hierse
mann und seine Fraktion haben scheinbar noch immer nicht ver
standen, worüber wir hier reden. Deshalb lassen Sie mich noch ein
mal deutlich sagen: Das Blinden- und Hilflosenpflegegeld ist nicht
gekürzt, sondern es ist nur nicht erhöht worden. Wir haben es ein
gefroren mit der Maßgabe, hier in Berlin den großen Vorteil von
sechs Staffelungsstufen beizubehalten. Im übrigen Bundesgebiet
gibt es nur drei Stufen, da beträgt die höchste Stufe - ich nenne
einmal runde Zahlen - 750 Mark; bei uns beträgt die höchste Stufe
1 600 Mark, Dieses Einfrieren gewährleistet eben, daß wir in Berlin
diese sechs Stufen behalten. Wir haben auch weiterhin beschlos
sen, und zwar hier im Parlament, die nächste Erhöhung im Jahr
1984 vorzunehmen - und das wird auch so geschehen. Wir haben
gleichzeitig im Jahr 1981 beschlossen, den Gehörlosen eine Erhö
hung zuzubilligen - merkwürdigerweise berücksichtigen Sie in
Ihrem Gesetzesvorschlag gar nicht, daß die Gehörlosen dann viel
leicht auch unter die Dynamisierung fallen, die Sie ja anstreben.
Abschließend aber lassen Sie mich Ihnen folgendes sagen: Ich
habe heute vormittag mit einigen Verbänden im Rahmen einer Ver
anstaltung im Berufsbildungswerk gesprochen und alle großen Ver
bände haben mir eindeutig erklärt, daß sie mit dieser Regelung, die
wir hier im Parlament getroffen haben - Beibehaltung der sechs
Stufen unter Einfrierung bis 1984 - einverstanden sind, weil da
durch nämlich mehr behinderte und ältere Mitbürger unserer Stadt
bevorteilt werden, als wenn wir so, wie Sie das vielleicht wollen, nur
noch drei Stufen und dann eine Dynamisierung nach §35 BVG
hätten. Ich glaube, hier sind Sie auf dem falschen Weg, lieber Kolle
ge Hiersemann. Lassen Sie sich doch endlich davon abbringen!
Der von Ihnen eingschlossene Weg schadet mehr Berlinern, als
daß er ihnen hilft, - Danke schön!
[Beifall bei der CDU]
Präsident Rebsch: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Ausschuß für Ge
sundheit, Soziales und Familie sowie an den Hauptausschuß. Wer
dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das
Handzeichen. - Danke sehr, so überwiesen.
Der Ältestenrat empfiehlt auf Wunsch der anfragenden Fraktion
der AL, die beiden Großen Anfragen über „Grundsätze behutsamer
Stadterneuerung und Beteiligung der Bewohner“, Tagesordnungs
punkt 7, und über „Leitlinien der künftigen Wohnungspolitik des
Senats“, Tagesordnungspunkt 8, zu vertagen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 9, Drucksache 9/1064:
Große Anfrage der Fraktion der F.D.P. über Situation
der Polen in Berlin
Das Wort zur Begründung hat der Kollege Dr. Dittberner.
Dr. Dittberner (F.D.P.); Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Lassen Sie mich die Begründung mit zwei Zitaten beginnen.
Das Zitat Nr. 1; Der Bundesminister des Innern schreibt am 9. No
vember 1982 an einen hier in Berlin lebenden Polen unter anderem
- ich darf das zitieren -:
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß Staatsangehörige
aus dem Ostblock, auch wenn sie illegal eingereist sind oder
ihre Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist, nicht befürchten müs
sen, in ihr Heimatland abgeschoben zu werden. Das gilt auch
dann, wenn ein Aslyantrag abgelehnt worden ist
- Soweit das Zitat des Bundesministers des Innern. - Das zweite
Zitat stammt vom Polizeipräsidenten in Berlin, Referat Ausländeran
gelegenheiten, und diese Behörde teilt einem anderen in Berlin
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