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Volume Nr. 39, 24. Februar 1983

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
39. Sitzung vom 24. Februar 1983 
Braun 
kung der Strukturregelungen geboten ist, soweit sie alle Kranken 
hausträger erfaßt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluß 
vom 25. März 1980 vergleichbare Regelungen des Krankenhaus 
gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig 
erklärt. Gegenstand der Überprüfungen waren Vorschriften über 
die Betriebsleitung, den ärztlichen Vorstand, den ärztlichen Dienst 
und die Bestellung leitender Ärzte sowie die Beteiligung ärztlicher 
Mitarbeiter. Nach Auffassung des Gerichts hat der Staat die verfas 
sungsrechtlich garantierte Eigenständigkeit kirchlicher Kranken 
hausträger zu respektieren. Ihm obliege insoweit größtmögliche Zu 
rückhaltung. Er habe Wege offenzuhalten, die es diesen Kranken 
hausträgem ermöglichten, nach eigenen Maßstäben Organisations 
formen und Verfahrensregelungen zu entwickeln, die den sozialen 
und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Wir meinen, 
daß der Gesetzgeber im Lande Berlin diese Grenzlinien berück 
sichtigen sollte. 
Zweitens; Unser Antrag berücksichtigt die Änderungen des 
Krankenhauskostendämpfungsgesetzes, das eine landesgesetz 
liche Regelung über die Kritierien der Krankenhausbedarfsplanung 
verdrängt. 
Drittens: Wir meinen schließlich, daß die Eigenverantwortlichkeit 
der kommunalen Krankenhausbetriebe, deutlich und weitergehen 
der als von den anderen Vorschlägen vorgesehen, gestärkt werden 
muß. Wenn wir von diesen Betrieben eine selbstverantwortliche 
und wirtschaftliche Betriebsführung erwarten, müssen wir auch 
den rechtlichen Rahmen dafür schaffen. Sie sollen sich künftig in 
Fragen der Arbeitsteilung und auch in Fragen des Zusammen 
schlusses mit anderen Krankenhausträgern und Dienstleistungs 
unternehmen nach wirtschaftlichen Merkmalen entscheiden kön 
nen. - Ich danke Ihnen. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Franke: Nächster Redner in der I. Lesung ist 
Flerr Rabatsch. 
Rabatsch (AL): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich 
möchte hier doch einige Grundsätze unserer Position und auch Kri 
tik am CDU-Entwurf vortragen, obwohl eine - wie der Abgeordnete 
Braun sagte - Generalaussprache stattgefunden hat Aber wir sind 
noch nicht sehr tief in die Inhalte der vorliegenden Gesetzesent 
würfe eingestiegen. Deshalb halte ich es für notwendig, hier auch 
aufzugreifen, was anders sein muß, nämlich das bereits beste 
hende Krankenhausgesetz. 
Als 1975 das Landeskrankenhausgesetz im Anschluß an das 
Krankenhausfinanzierungsgesetz beschlossen wurde, fand - und 
das ist ganz wichtig hervorzuheben - im Vorfeld eine breite Diskus 
sion unter den Beschäftigten und Beteiligten am Krankenhaus 
wesen statt, da man - und das waren die großen Hoffnungen, die 
ausgestreut wurden - damals davon ausging, mit diesem Gesetz 
weitreichende Mitbestimmungsrechte für die Patienten und die Be 
schäftigten erreichen zu können. Allerdings, und das ist eigentlich 
das Traurige an dieser ganzen Entwicklung, fanden die vielen Anre 
gungen eben kaum Niederschlag in dem Gesetz. Da wurden zum 
Beispiel Abteilungskonferenzen eingerichtet - und das ist sicher 
lich eine der Kernpositionen im Landeskrankenhausgesetz -, aber 
dies ohne jegliche Kompetenz. Deshalb hat auch unter den Be 
schäftigten die Kritik am geltenden Landeskrankenhausgesetz nie 
aufgehört. 
Die drei vorliegenden Vorschläge zur Novellierung des Landes 
krankenhausgesetzes berücksichtigen die damaligen Anregungen 
ebenso wenig, wie es damals getan wurde. Sie werden weder zu 
einer verbesserten Krankenversorgung führen noch einen sinnvol 
len Einsatz von Versicherungsgeldern ermöglichen. Unter den drei 
Vorschlägen tut sich - und deshalb mein Beitrag - besonders der 
CDU-Vorschlag hervor, der die reformfeindlichen Hierarchien der 
Krankenhäuser weiter absichert und ausbauen will, der Privatisie 
rung Tor und Tür öffnet und die Bedürfnisse der Patienten dem 
Wirtschaftlichkeitsprinzip opfert Die Frage ist, ob es der CDU über 
haupt um eine Humanisierung der Krankenversorgung geht oder ob 
der Begriff nicht nur als Kosmetik einzelner Paragraphen herhalten 
muß. Der Vorschlag der CDU kann entweder nur auf die völlige Un 
kenntnis der Mängel zurückgeführt werden oder aber auf die be- (C) 
wußte Interessendurchsetzung einzelner Lobbies auf Kosten der 
Patienten. Und wenn das so ist ist das eine ganz bedenkliche Posi 
tion, die sich hier in dem Entwurf der CDU niederschlägt. 
Wir von der Alternativen Liste halten die Demokratisierung der 
Strukturen im gesamten Gesundheitswesen für eine der wichtig 
sten Vorausetzungen für die Verbesserung der Patientenversor 
gung in Berlin. Im Krankenhaus hieße das, daß berufsgruppenüber- 
greifende Teams, die den Patienten als Menschen in seiner Umwelt 
- und gerade der ja durch das Krankenhaus veränderten Umwelt 
zu seiner Situation in der eigenen Wohnung und Nachbarschaft - 
nicht als Krankheitsfall begreifen, verantwortlich für medizinische 
Maßnahmen sind. Um das zu verwirklichen, müßten zum Beispiel 
die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten gerade auf den unte 
ren Ebenen verstärkt werden. Die durch das geltende Landes 
krankenhausgesetz eingeführten Abteilungskonferenzen konnten 
gerade leider diesen Anspruch nicht erfüllen. Die Erfahrungen der 
Beschäftigten mit den Abteilungskonferenzen zeichnen sich da 
durch aus, daß einerseits die Möglichkeit, die Patientenversorgung 
zu verbessern, durch die eingeschränkten Kompetenzen nicht ge 
geben ist. Das Interesse, sich für diese Abteilungskonferenzen zu 
engagieren, nahm eben deshalb logischerweise innerhalb der Pra 
xis bei den Beschäftigten ab. Hinzu kam die Abteilungseinteilung 
nach Berufsgruppen im Krankenhaus, die ein Zusammenwirken der 
verschiedenen Berufe zugunsten der praktischen Arbeit mit den 
Patienten verhindert hat. 
Daher ist die Alternative Liste der Ansicht, daß die Abschaffung 
der Abteilungskonferenzen, wie sie die CDU vorsieht, die Mit 
sprache der Beschäftigten gerade auf unterster Ebene vollständig 
verhindert. Wir dagegen fordern die Stärkung der Abteilungskonfe 
renzen in allen Fragen, die für die Patientenversorgung entschei 
dend sind. Dazu gehören unter anderem Personalentscheidungen 
und die Einführung berufsgruppenübergreifender Teams. Personal 
entscheidungen heißt, hier muß ein Mitbestimmungsrecht auch 
über die Einstellung von Personal geschaffen werden. 
[Vetter (CDU): Personalrat!] (D) 
Grundsätzlich geht es darum, daß diejenigen, die tatsächlich in der 
Praxis mit der Patientenversorgung betraut sind, die Entscheidung 
über die Versorgung selbst treffen. Die CDU dagegen, die schon 
immer mit der Mitbestimmung auf Kriegsfuß stand, zerstört mit 
ihrem Vorschlag der Abschaffung der Abteilungskonferenzen und 
nur der Beibehaltung der Abteilungsleitungen alle demokratischen 
Ansätze in den Krankenhäusern. 
Die Alternative Liste macht für die Mängel in der Krankenversor 
gung vor allem die erstarrten hierarchischen Strukturen verantwort 
lich. Deshalb werden wir uns gegen alle Versuche wehren, die die 
Chefärzte und die Senatsverwaltung in ihren Kompetenzen stärken, 
anstatt den Beschäftigten auf Stations- und Abteilungsebene end 
lich die Entscheidung über die Pflege und Behandlung in Zusam 
menarbeit mit den Patienten selbst zu übertragen. Heute ist die 
Situation ja die, daß der Patient zur Zeit im Krankenhaus entmündigt 
und rechtlos ist. 
[Schicks (CDU): So ein Blödsinn!] 
Und da die CDU die Patientenrechte nicht verankern will, soll nun 
vom Krankenhaus ein Patientenfürsprecher berufen werden. Oder 
- wir können natürlich auch fragen, ob der CDU-Vorschlag des 
Patientenfürsprechers lediglich ein taktisches Zugeständnis an den 
zukünftigen Koalitionspartner F.D.P. ist, um der Gesundheitspolitik 
der CDU im Abgeordnetenhaus die erforderliche Mehrheit zu 
sichern. Die Frage werden wir sicherlich im Ausschuß noch ein 
gehend zu behandeln haben. Die Alternative Liste lehnt jeden 
Patientenfürsprecher ab, der lediglich als Alibi die Rechtlosigkeit 
der Patienten in der jetzigen Situation überdecken soll. Die Rechte 
auf Selbstbestimmung der Patienten müssen verankert werden! 
Nur dann könnte ein mit tatsächlichen Kompetenzen ausgestatteter 
Patientenfürsprecher eine sinnvolle Ergänzung sein. Man bedenke, 
ich will da nur einen konkreten Punkt in diesem Zusammenhang 
herausgreifen, daß die F.D.P. ja immerhin - das immerhin mag in 
Anführungsstrichen für manchen stehen - die BVV der Bezirke ent 
scheiden lassen will, wer als Patientenfürsprecher eingestellt wird. 
Die CDU aber möchte sogar, daß der Patientenfürsprecher durch 
2383
	        
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