Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
37. Sitzung vom 20. Januar 1983
Stellv. Präsident Longolius eröffnet die Sitzung um 13.03 Uhr.
Stellv. Präsident Longolius: Meine Damen und Herren! Ich
eröffne die 37. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und
bekunde unseren unbeugsamen Willen, daß die Mauer
fallen und daß Deutschland mit seiner Hauptstadt Berlin in
Frieden und Freiheit wiedervereinigt werden muß.
Ich möchte Ihnen mitteilen, daß für den ausgeschiedenen
Abgeordneten Peter Rzepka Herr Dr. Herwig Haase nachgerückt
ist. Ich begrüße den Kollegen Dr. Haase als Mitglied des Hauses
und wünsche ihm eine erfolgreiche parlamentarische Arbeit.
[Beifall]
Dann darf ich Ihnen bekanntgeben, daß Herr Senator Dr. Volker
Hassemer und Herr Abgeordneter Ristock heute Geburtstag haben.
Im Namen des Hauses möchte ich ihnen herzliche Glückwünsche
aussprechen.
[Beifall]
Es liegt Ihnen fotokopiert ein Antrag der Fraktion der SPD auf
Durchführung einer Aktuellen Stunde zum Thema „Situation beim
Philharmonischen Orchester Berlin“ vor, der gemäß § 52 Abs. 6
GO nach der Fragestunde zu behandeln wäre.
Ferner möchte ich darauf hinweisen, daß der Ältestenrat emp
fiehlt, die Tagesordnungspunkte 4 - Drucksache 9/931 - Landes
abgeordnetengesetz - und Drucksache 9/936 - Zwischenbericht
der Enquete-Kommission zur Verwaltungsreform - zu vertagen.
Außerdem rege ich auf Bitte des Sportausschusses an, die Be
schlußempfehlungen zu lfd. Nr. 24 der Tagesordnung - Druck
sache 9/963 - über Einführung einer Gebührenordnung für die be
zirklichen Freizeit- und Erholungsprogramme an den Ausschuß für
Sport (federführend) und an den Ausschuß für Jugend zu überwei
sen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.
Es liegen Ihnen fotokopiert folgende Dringlichkeitssachen vor:
1. Antrag der Fraktion der AL über Aufhebung aller Urteile des
Volksgerichtshofs und der Sondergerichte,
2. zwei Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Vermö
gensverwaltung und Beteiligungen zu Vorlagen - zur Beschlußfas
sung - gemäß § 38 GO Abghs (Nrn. 1 und 2/1983 des Verzeich
nisses über Vermögensgeschäfte),
3. Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und der F.D.P. über
Gesetz zur Kürzung des Amtsgehaltes der Mitglieder und ehemali
gen Mitglieder des Senats - mit dem Ziel, in der heutigen Sitzung
bereits die I. und II. Lesung durchzuführen -,
- Die Drucksachen zu 2 und 3 sind auf dem Wege zu Ihnen -
4. Antrag der Fraktion der Alternativen Liste über Rücknahme
der Abrißgenehmigung für das Haus Charlottenburger Ufer 11.
Der Gesetzesantrag müßte nach der lfd. Nr. 5, die Sachanträge
müßten nach der lfd. Nr. 39 beraten und die Beschlußempfehlun
gen nach der lfd. Nr. 26 der Tagesordnung verabschiedet werden.
Da auch hier kein Widerspruch erfolgt, werden wir so verfahren.
Im Zusammenhang mit dem dringlich eingebrachten Gesetzes
antrag möchte ich Ihnen mitteilen, daß der Antrag der Fraktionen
der CDU, der SPD und der F.D.P. über Zweites Gesetz zur Ände
rung des Landesabgeordnetengesetzes - Drucksache 9/504 - ein
schließlich der bereits hierzu ergangenen Beschlußempfehlung
des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung zurückge
zogen worden ist.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 1:
Fragestunde gemäß § 51 der Geschäftsordnung
und erteile das Wort dem Kollegen Dr. Lehmann-Brauns zu einer
Mündlichen Anfrage über
Verwaitungsordnung
des Philharmonischen Orchesters Berlin
Dr. Lehmann-Brauns (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und (C)
Herren! Ich frage den Senat; Beabsichtigt der Senat eine Konkreti
sierung der Verwaltungsordnung des Philharmonischen Orche
sters Berlin mit dem Ziel, die Rechte des Orchesters bei der Einstel
lung von Musikern sowohl für die Probezeit als auch für die langfri
stige Beschäftigung zweifelsfrei zu definieren?
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort zur Beantwortung hat
Herr Senator Dr. Kewenig.
Dr. Kewenig, Senator für Wissenschaft und Kulturelle Angele
genheiten; Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ab
geordneter Dr. Lehmann-Brauns! Ja, ich habe inzwischen eine ent
sprechende Initiative unternommen und alle Beteiligten für die
nächste Woche in Vorbereitung einer solchen, von mir vorzuneh
menden Konkretisierung der Verwaltungsordnung zu einem Ge
spräch eingeladen.
Nun ist die Verwaltungsordnung, wenn ich das hier ergänzen
darf, in dem strittigen § 5 nach meinem Urteil nicht ganz so unklar,
wie es gerne behauptet wird; deshalb hat nach meinem Eindruck
der Intendant auch nicht gegen den Wortlaut der Verwaltungsord
nung verstoßen, als er die Klarinettistin zu einem Probejahr enga
gierte. Das eigentliche Problem liegt aber nicht so sehr in der Un
klarheit des Textes als vielmehr darin, daß sich in der Praxis der
zurückliegenden Jahrzehnte Gewohnheiten gebildet haben, die
etwas anders aussehen als der Text der Verwaltungsordnung an
dieser Stelle, und daß die Beteiligten diese Gewohnheiten als
Gewohnheitsrecht interpretieren. So hat es den Fall, daß der Inten
dant jemanden auf Probe einstellt, den das Orchester nicht will, bis
her nicht gegeben, ja, er erschien bis vor kurzem geradezu undenk
bar. Schlußfolgerung des Orchesters: Der Intendant darf so etwas
auch nicht tun.
Ähnliches gilt für den Chefdirigenten, Er wird im Zusammenhang
mit dem Probespiel in der Verwaltungsordnung und in den anderen
Rechtsgrundlagen überhaupt nicht erwähnt. Trotzdem hat er natür-
lieh in der Praxis regelmäßig - und selbstverständlich - ein gewich-
tiges Wort mitgesprochen. Hat das Folgen für die Rechtslage?
Kurzum, wichtiger als der rechtliche Streit über die Vergangenheit
scheint mir der Versuch zu sein, diese Verwaltungsordnung für die
Zukunft zu einem brauchbaren Instrument der Vermeidung von
Konflikten zu machen, wie wir die im Fall von Sabine Meyer gerade
erlebt haben. In diesem Sinne werde ich die Gespräche der näch
sten Woche führen. Diese Gespräche sollen unter der bewährten
Prämisse stehen, die die Verwaltungsordnung in ihrer Präambel so
formuliert, daß nämlich das Orchester, und dazu gehört selbstver
ständlich auch der Chefdirigent, - ich zitiere - „maßgeblich an
seiner Organisation in künstlerischer Hinsicht beteiligt ist“ und daß
es insbesondere verantwortlich ist für den Aufbau des Klangkör
pers. Das Ergebnis der Gespräche bleibt abzuwarten; ich kann nur
hoffen, daß niemand seine Maximalforderungen zur conditio sine
qua non erheben wird in der Erwartung, die staatliche Autorität
werde den anderen schon heimleuchten.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Longolius: Zusatzfragen liegen nicht vor.
Ich erteile dann das Wort dem Abgeordneten Klaus-Jürgen
Schmidt zu einer mündlichen Anfrage über
Gefahren für Berlin aus dem Weltraum
Schmidt (AL): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
frage den Senat:
1. Inwieweit besteht durch den bevorstehenden Absturz des
sowjetischen atomgetriebenen Spionagesatelliten eine Gefahr für
Berlin?
2. Was unternimmt der Senat - gegebenenfalls in Absprache
mit der Bundesregierung um durch Flugbahnberechnungen die
möglichen Folgen eines Satellitenabsturzes auf Berlin so gering
wie möglich zu halten?
[Heiterkeit]
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