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Volume Nr. 35, 10. Dezember 1982

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
35. Sitzung vom 10. Dezember 1982 
Dr. Meisner 
meinen Sie, daß Sie diese Äußerungen einfach beiseite schie 
ben können? 
[Landowsky (CDU): Nun zitieren Sie mich doch nicht 
immer falsch, Herr Meisner! Nun langt es mir aber! 
Sie müssen mal bei der Wahrheit bleiben!] 
Dr. Ditiberner (F.D.P.): Also der Herr Landowsky, Herr 
Meisner, sagt ja, daß Sie ihn falsch zitieren. Es ist aber im 
Grunde — das sage ich Ihnen ganz offen und auch mit einem 
gewissen Selbstbewußtsein — nicht mein Problem, das müs 
sen Sie mit Herrn Landowsky ausmachen. Ich spreche hier 
für die Fraktion der F.D.P., Herr Kollege Meisner, und für 
die Fraktion der F.D.P. habe ich Ihnen vorher gesagt, daß 
wir einen Schritt zum Privatfunk — oder wie auch immer Sie 
das nennen — mit dieser Novellierung des Rundfunkratsge 
setzes nicht verbinden und daß dies von uns überhaupt 
nicht beabsichtigt ist! 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
Das müssen Sie doch mal zur Kenntnis nehmen! Und Pro 
bleme, die Sie mit Herrn Landowsky haben, müssen Sie 
schon mit ihm selber ausmachen. 
diesen Umständen, daß die Vertreter der Zeitungsverleger 
anderes mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Vorhaben 
als wir beispielsweise, dies aber nicht dazu führen kann, daß 
man in einer Art unverständlichen Ängstlichkeit sagt, dann 
lassen wir diejenigen, die ja vom Metier her tatsächlich eine 
Nähe zu dem Problem haben, was dort besprochen wird, erst 
gar nicht dort mit hinein. Das finde ich falsch, denn das würde 
das Ausgrenzen jeglichen Pluralismus aus diesem Gremium 
bedeuten, und das allerdings wollen wir nicht; Das ist eine 
liberale Grundposition! 
Herr Kollege Meisner, der zweite Punkt ist der — ich 
kenne das ja: Es gibt doch die Meinung, wir haben hier eine 
dominante Stellung des Springer-Verlages auf dem Zei 
tungsmarkt. Das ist in der Tat zu bedauern, daß dies so ist. 
Und nun müsse man alles daran setzen, daß der SFB so 
etwas wie ein Gegengewicht zu dem Einfluß sei, der von 
dem Springer-Verlag ausgehe. Und ich finde, genau das ist 
ein falsches Konzept, denn es kann doch wohl nicht wahr 
sein, daß, wenn man sagt, hier wird — und ich unterstelle 
das einmal — auf der einen Seite unsachlich, manipulativ 
berichtet, dann soll bei einer anderen Anstalt sozusagen 
ebenfalls unsachlich, manipulativ berichtet werden von der 
anderen Seite. Ich kann doch nicht, wenn ein Problem be 
steht, sozusagen einfach von der anderen Seite in das glei 
che Horn hineinblasen! Nein, wir sind der Auffassung, daß 
es das Ziel sein muß, daß der SFB eben gerade beklagens 
werten Zuständen gegenüber hier und da zukünftig stärker 
in die Lage versetzt wird, verantwortliche journalistische 
Arbeit zu leisten, und zwar in Berichterstattung und Kom 
mentierung. Das ist ein Gegenrezept zu Fehlentwicklungen 
— die ja völlig unbestritten sind —, welches in Ordnung ist. 
Präsident Rebsch: Gestatten Sie noch eine Zwischen 
frage? 
Dr. Dittberner (F.D.P.): Bitte sehr! 
Präsident Rebsch: Bitte sehr, Herr Kollege Jänicke! 
Dr. Jänicke (AL); Herr Kollege, kennzeichnet das die neue 
Linie Ihrer Partei, daß Sie als Gegenteil von Manipulation 
die Gegenmanipulation ansehen und nicht die faire Bericht 
erstattung, die ja dann wenigstens im Rundfunk stattfinden 
sollte? 
Dr. Ditiberner (F.D.P.): Also, Herr Kollege Jänicke, es (*") 
kennzeichnet die Politik der AL-Fraktion in diesem Hause, 
daß sie immer nicht versteht, was hier gesagt wird! 
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU] 
Ich habe gerade darauf hingewiesen, daß Gegenmanipula 
tion nicht geht, und habe darauf hingewiesen, daß wir für 
eine verantwortliche journalistische Arbeit in Berichterstat 
tung und Kommentar eintreten und daß dies unserer Mei 
nung nach das Heilsamste ist, was auf dem Berliner Medien 
markt möglich ist. Da müssen Sie schon mal zuhören! 
Ein weiterer Punkt, auf den ich noch kurz eingehen 
möchte, ist das Problem Staatsunabhängigkeit. Das wird ja 
nun nicht nur verbal in dem Gesetzentwurf festgelegt — 
übrigens auch auf Antrag unserer Fraktion —, sondern wird 
nach meiner Einschätzung durch die Zusammensetzung des 
Rundfunkrates selber deutlich. Es bleibt ja bei den acht 
Vertretern, die hier vom Abgeordnetenhaus gewählt werden, 
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Und 8:24, wie in der 
Vergangenheit, das ist ja wohl etwas anderes als 8:31. Und 
es wird noch einmal dokumentiert durch das Verbot von 
Staatsvertretern, also Senatoren und Senatsdirektoren, im 
Rundfunkrat tätig zu sein. Wenn man aber ehrlich sein soll, 
dann müßte man doch eigentlich sagen, die Gefahr geht 
natürlich nicht nur von dort aus. Insofern ist das richtig: Wir 
wollen nicht nur einen staatsunabhängigen Rundfunk, son 
dern wir wollen überhaupt einen unabhängigen Rundfunk. 
Auch das sollten Sie als einen Maßstab für diesen Gesetz 
entwurf sehen, unabhängig von den Verbänden, Kirchen 
und vom Staat natürlich, aber auch, meine Damen und Her 
ren von der sozialdemokratischen Partei, unabhängig von 
politischen Parteien. Das ist das Ziel, das wir mit diesem 
Gesetz verfolgen. 
(D) 
Nun lassen Sie mich noch ein Wort zum Verfahren sagen. 
Hier wird von Putschismus und dergleichen mehr gesprochen. 
Ich weiß nicht, ob das nicht eines Tages auf diejenigen zu 
rückfallen wird, die diese Begriffe teils vorsichtig — wie 
Herr Meisner — und teils unvorsichtig — wie Herr Finger — 
eingeführt haben. Es scheint mir jedoch eine Taktik zu sein, 
die sich seit einiger Zeit in diesem Haus breitmacht, daß 
man eine sorgfältige, konzentrierte, d. h. nicht unbedingt Mo 
nate und Wochen lange Diskussion, dadurch zu verhindern 
sucht, daß man über die Geschäftsordnung immer wieder 
weitere Anträge — Geschäftsordnungsanträge — auf Anhö 
rungen und weitere Geschäftsordnungsmaßnahmen und der 
gleichen mehr stellt, um damit Zeitdruck zu erzeugen. Ich 
kenne das gleiche Verfahren und habe es wunderbar in Er 
innerung von der Diskussion über die Novellierung des Ber 
liner Hochschulgesetzes. Seinerzeit sind wir jedoch auf diese 
Taktik nicht hereingefallen, und wir werden auch jetzt nicht 
auf diese Taktik hereinfallen. 
Wir sind in der Lage, meine Damen und Herren, die 
Sache zu beurteilen und auch zu verantworten vor der Öf 
fentlichkeit. Das aber entscheidet. Es muß auch vom Parla 
ment erwartet werden, daß es nicht nur immer anhört, berät, 
sondern daß es Dinge, die zur Entscheidung reif sind, auch 
entscheidet. Auch das ist etwas, was in der Vergangenheit 
von uns nicht immer so sehr gut gemacht worden ist. 
[Zuruf des Abg. Dr. Meisner (SPD)] 
— Ich betone es noch einmal, Herr Kollege Meisner, damit 
Sie ganz beruhigt sein können: Mit diesem Gesetz wollen 
wir keine Vorder- oder Hintertür für einen Privatfunk schaf 
fen. Wir sind offen für die Probleme beispielsweise von 
Stadtteilrundfunk und dergleichen mehr, was hier von unse 
rem Medienexperten Kunze des öfteren vorgetragen worden 
ist und Ihnen genauso gut bekannt ist wie mir. Wir sind 
dafür offen unter öffentlich-rechtlichem Dach. Es geht aber 
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