Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
34. Sitzung vom 9. Dezember 1982
Dr. Dittberner
(A) — Natürlich, den deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband
z. B. Wir haben natürlich mit denen Diskussionen über alle
anstehenden Probleme geführt. Ich will nur eines sagen: Für
mich ist die Frage keine ideologische, sondern eine prak
tische Frage. Es gibt Probleme, auch im sozialen Bereich
eine Fülle von Problemen, die nur durch staatliche Instanzen
gelöst werden können, wo nur staatliche Hilfen möglich sind.
Auf der anderen Seite sind Selbsthilfeinitiativen in der Tat
zu unterstützen und förderungswürdig. Aber ich meine das
gar nicht mal so in erster Linie sozusagen unter Haushalts
gesichtspunkten. Und schließlich gibt es eine lange traditio
nelle Erfahrung der überkommenen Wohlfahrtsverbände,
deren Hilfe, Erfahrung, Wissen und Können wir uns natür
lich bei den immer neu auftretenden Problemen bedienen.
Ich finde, daß der Senat jedenfalls in diesem Zusammen
hang genau diesen unideologischen Weg geht.
Aber, da ich nun schon einmal hier stehe, will ich doch
wenigstens einige Worte zu dem Bereich sagen, der hier
immer schon so en passant angesprochen worden ist im Zu
sammenhang mit diesem Etat, den ja Herr Landowsky dazu
benutzt hat, noch einmal eine Generalaussprache sozusagen
zu wiederholen. Ich will zum Thema Ausländerpolitik spre
chen. Zu dem Etat, über den wir hier beraten, gehört die
Ausländerbeauftragte. Sie alle wissen, daß wir von der
F.D.P.-Fraktion seinerzeit, als es um die Einrichtung dieser
Institution ging, der Auffassung gewesen sind, daß diese
Ausländerbeauftragte doch eigentlich beim Regierenden
Bürgermeister angesiedelt sein sollte wegen der über alle
Ressorts hinweggehenden Kompetenz und Zuständigkeit
der Ausländerpolitik. Die seinerzeitige Entscheidung hat der
Senat getroffen. Er konnte und mußte sie treffen in eigener
Verantwortung. Die Ausländerbeauftragte ist nun beim Se
nator Fink tätig. Ich möchte hierzu zweierlei sagen; Erstens
habe ich den Eindruck aus den Erfahrungen mit der Aus
länderbeauftragten — jetzt als Person, nicht als Institution —,
,g, daß dort in der Tat sachliche und am Problem orientierte
Arbeit geleistet wird. Das aber schließt überhaupt nicht aus,
daß es immer wieder einzelne Punkte gibt, bei denen wir
anderer Auffassung sind. Wir sind zum Beispiel — ich sage
es immer wieder gern — gegen das geplante zentrale
deutsch-türkische Begegnungszentrum, weil wir der Auf
fassung sind, das wird außer Publizität in der Sache nicht
viel bringen. Aber hier wird, der Ausländerbericht hat es
noch einmal deutlich gemacht — der eigentliche Ausländer
bericht, möchte ich sagen —, doch sachkundige Arbeit ge
leistet; und das sollte anerkannt werden.
Auf der anderen Seite — und das ist die zweite Bemer
kung dazu — haben wir den Eindruck, daß viele Dinge, die
dort so sachkundig vorbereitet werden, daß Dinge, die dort
sachkundig diskutiert werden, in alle Entscheidungen des
Senats noch nicht in der nötigen Weise eingehen. Es ist so,
daß in der Rechtspolitik Ausländerpolitik gemacht wird, es
ist so, daß im Polizeibereich Ausländerpolilik gemacht wird
und, wie Sie wissen, in vielen anderen Bereichen auch.
Diese Rückkopplung innerhalb des Senats, Herr Regierender
Bürgermeister — deswegen freue ich mich auch, daß Sie jetzt
anwesend sind —, scheint uns jedenfalls immer noch nicht in
der Weise zu gelingen, daß man tatsächlich sagen kann, der
Senat von Berlin betreibe eine Ausländerpolitik aus einem
Guß — wobei ich gern hinzufüge, es müßte im großen und
ganzen die Ausländerpolitik sein, die Frau John betreibt
beziehungsweise für die Herr Fink verantwortlich ist. Ich
meine, das sollte man einmal bedenken, und bin der Auf
fassung, daß es gerade angesichts der Beratung über diesen
Haushalt noch einmal wichtig ist, auf diesen Zusammenhang
hinzuweisen. Ich kann jedenfalls sagen, daß ich eine Menge
dazu beitragen werde, daß das Parlament sich in dieser
Richtung betätigen wird, daß die Positionen, die dort in der
Behörde und von der Person der Ausländerbeauftragten
vorbereitet werden, im großen und ganzen dann auch Ber
liner Politik werden. Dazu will ich auch im kommenden Haus
haltsjahr beitragen.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob es einer
meiner Vorredner aus meiner eigenen Fraktion gesagt hat —
der Form halber will ich es auf jeden Fall tun; Die F.D.P.-
Fraktion wird dem Haushalt, über den wir jetzt beraten, zu
stimmen. — Ich danke Ihnen.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Stellv. Präsident Franke; Weitere Wortmeldungen in der
Aussprache liegen nicht vor.
Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Feilcke das Wort
zu einer persönlichen Bemerkung nach § 65 der Geschäfts
ordnung.
Feilcke (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Während der Rede meines Fraktionskollegen Klaus-Rüdiger
Landowsky zum Etat des Senators für Gesundheit, Soziales
und Familie, die von großem sozialen Engagement geprägt
war,
[Beifall bei der CDU —
Heiterkeit bei der SPD und der AL]
diffamierte der SPD-Abgeordnete Momper den Kollegen
Landowsky durch ständige Zwischenrufe als „unsozial“. Dar
aufhin bezeichnete ich Herrn Momper — so über den Tisch —
als „asozial“. Ich habe damit nicht zum Ausdruck bringen
wollen, Herr Momper gehöre zur Gruppe der Bettler, Land
streicher, Arbeitsscheuen, Verwahrlosten, Trinker oder Krimi
nellen — sagen wollte ich vielmehr, daß Herr Momper durch
sein Verhalten ständig Normen der Kollegialität verletzt und
offensichtlich Schwierigkeiten hat, sich gemeinschaftsför
dernd im Parlament zu verhalten.
In der Brockhaus-Enzyklopädie heißt es unter anderem:
Asoziale sind Menschen, die sich gegenüber den mora
lischen und gesetzlichen Mindestforderungen der Ge
sellschaft ablehnend verhalten.
[Frau Brunn (SPD); Also das ist nun wirklich
geschmacklos!]
Dazu gehört nach Brockhaus auch;
das Fehlen von Einfühlungsfähigkeit in andere Men
schen, fehlende Achtung vor deren Rechten, Willens
schwäche und Hemmungslosigkeit.
[Rabatsch (AL): Haben Sie nicht noch andere Lexika
als Brockhaus?]
Versöhnlich füge ich hinzu — auch das gehört zu dem Be
griff, wie ich ihn gemeint habe —: Nach Brockhaus rechnen
manche Autoren zu dieser Gruppe auch Sonderlinge, Eigen
brötler, ja selbst schöpferische Gestalten, die sich von der
Gesellschaft isolieren.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Franke: Zu einer weiteren persönlichen
Bemerkung — Herr Momper, nicht Erklärung, die müßte ich
vorher schriftlich haben — nach § 65 der Geschäftsordnung
nunmehr der Abgeordnete Momper. Ich glaube aber, man
sollte kein Zwiegespräch daraus machen.
Momper (SPD): Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Es gibt Gründe dafür, daß der einzelne
keine Schuld daran hat, daß er Landstreicher, Obdachloser,
Nichtseßhafter oder ähnliches geworden ist,
[Beifall bei der SPD und der AL]
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