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Volume Nr. 52, 10. November 1983

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1982/83, 9. Wahlperiode, Band III, 33.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
52. Sitzung vom 10. November 1983 
Sen Pieroth 
(A) Nach jahrelanger Blockade einer solchen Politik, nach 
einer zweijährigen Umgewöhnung ist dieser 10. Novem 
ber ein Tag für die Berliner Luft; denn heute sind die 
Entscheidungen getroffen worden, die uns zehn Jahre 
Arbeit bringen, aber auch die Einleitung gravierender 
Verbesserungen. Umweltschonung und -Verbesserung ist 
ab heute für die Bewag ein gleichrangiges Ziel neben der 
Stromerzeugung. Damit ist der lange schwelende Streit 
entschieden, wer in der Energiepolitik das Sagen hat. Die 
Bewag hat erkannt, daß der politische Rahmen vom Senat 
von Berlin vorgegeben wird. Sie hat diesen Rahmen nach 
günstigsten technischen Bedingungen auszufüllen. Die 
Energiepolitik wird wieder von denen gestaltet, die Ver 
antwortung dafür tragen, und dies im Sinne und im Inter 
esse aller Berliner, die in Zukunft auch hinsichtlich der 
Umweltbelastung eine Verbesserung haben werden. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat der Abgeordnete Ge 
rald Lorenz. 
Lorenz, Gerald (SPD): Herr Präsident! Meine Damen 
und Herren! Wenn Herr Ueberhorst von „Hinterstuben 
politik“ redet, dann spricht er das an, was Sie hier eben 
noch einmal dargelegt haben, nämlich daß der Senat als 
Eigentümer mit dem Aufsichtsrat der Bewag, in dem er 
ja mehrheitlich sitzt, Beschlüsse faßt, obwohl wir hier in 
früheren Debatten uns darüber einig waren, daß die 
Modernisierungsplanung dem Parlament und der Öffent 
lichkeit vorgelegt wird, damit endlich einmal die Dinge, 
die in der Bewag entschieden werden, auch von der 
Öffentlichkeit nachvollzogen werden können. 
[Beifall bei der SPD] 
Genau das Gegenteil machen Sie jetzt wieder. 
Was Sie hier als Kritikfähigkeit des Senats vorgestellt 
haben, daß Sie auch der Bewag gegenüber kritikfähig 
sind, das haben Sie jetzt alles wieder vergessen. Sie set 
zen sich einfach als der Mehrheitsaktionär in den Auf 
sichtsrat und verkünden, daß das jetzt die richtigen Be 
schlüsse seien, obwohl wir noch vor wenigen Wochen 
hier uns darüber einig waren, daß die Planungen — sofern 
die Bewag damit fertig ist — uns vorgelegt werden, damit 
die Öffentlichkeit erfährt, welche Initiativen bestehen. Es 
gibt doch bei Ihnen keine Alternativen mehr; die Bewag 
hat beschlossen. Das ist genau die Politik der vergange 
nen Jahre, die Sie hier selber gegeißelt haben. 
[Beifall bei der SPD] 
Sie haben bereits behauptet, klüger zu sein. Sie machen 
aber dieselben Fehler, die früher auch schon gemacht 
worden sind. Das Parlament macht da aber nicht mehr 
mit. Wir wollen die Planungen hier sehen; wir wollen 
damit in der Öffentlichkeit diskutieren, und wir wollen die 
Alternativen vorgelegt bekommen. 
Präsident Rebsch: Gestatten Sie eine Zwischenfrage 
des Abgeordneten Jungclaus? 
Lorenz, Gerald (SPD): Ja, bitte sehr! 
Jungclaus (SPD): Lieber Kollege Lorenz, würden Sie 
den Kollegen Vetter fragen, weil ich das nicht kann, ob 
er heute auch noch zu seinem Wort steht, das er im Aus 
schuß für Stadtentwicklung und Umweltschutz gegeben 
hat, wonach er sich nämlich dafür einsetzen wird, daß 
diese Alternativen, von denen Sie eben gesprochen (C) 
haben, ganz eingehend mit uns zu diskutieren sind? 
[Sen Vetter: Ja, selbstverständlich!] 
Lorenz, Gerald (SPD): Ja, ich habe eben gehört — ich 
weiß nicht, wo der Senator Vetter sitzt —, er bestätigt das. 
Offensichtlich bleiben wir dabei, daß wir hier noch über 
die Alternativen reden. Aber es ist uns vorgetragen wor 
den, daß inzwischen schon entschieden worden ist, was 
gemacht wird. Natürlich, das, was jetzt entschieden wor 
den ist, gehört selbstverständlich in die Alternativen mit 
hinein. Man kann doch nicht Teile herausnehmen und 
sagen, daß es so gemacht wird, und dann wird nur der 
Rest vorgelegt, über den wir dann hier entscheiden kön 
nen. Das ist doch eine Frechheit. 
[Beifall bei der SPD] 
Nun will ich noch ein Wort zu der Umplanung sagen. 
Herr Senator, seit August liegt unser Antrag vor, in dem 
wir verlangen, daß der Senat ganz schnell darüber befin 
det, ob eine Umplanung auf kleinere Blockgrößen mög 
lich ist. Was haben Sie seit dieser Zeit getan? — Natür 
lich muß diese Überprüfung ganz schnell erfolgen, weil 
der Baufortschritt selbstverständlich eine Umplanung ver 
bauen kann. Irgendwann ist der Zeitpunkt vorbei, an dem 
man eine Umplanung noch machen kann. Selbstverständ 
lich, wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, daß es wirt 
schaftlich und ökologisch richtiger ist, auf kleine Block 
größen noch umzuplanen, dann ist doch jeder Tag eine 
Fehlinvestition in einem bestimmten Umfang. Wenn Sie 
seit August, seitdem unser Antrag hier vorliegt, nichts 
getan haben, dann haben Sie diese Fehlinvestition zu ver 
treten, dann sind Sie für diese Fehlinvestition verant- 
wörtlich. Sagen Sie doch einmal, was seit August ge- ' 
schehen ist. Haben Sie das nachgerechnet? — Heute 
sagt Herr Rasch, daß es sehr vernünftig ist, dies noch 
einmal zu überlegen. Aber es wird doch langsam zu spät 
dazu. Der Senat könnte dies doch schon seit Monaten 
getan haben. Sie, Herr Rasch, sind da ein bißchen näher 
dran. Vielleicht können Sie da noch etwas helfen. Aber 
ich finde es sehr bedauerlich, daß wir heute wieder dar 
über reden müssen, ob bzw. daß geprüft wird. Selbst die 
F.D.P. ist dafür, und auch in der CDU gibt es dafür eine 
Neigung. Aber das kann man doch nicht erst dann machen, 
wenn soviel verbaut ist, daß es sich von allein ergibt, daß 
eine Umplanung nicht mehr möglich ist. Hier hat der 
Senat seit August geschlafen. Wenn dies anders ist, dann 
können Sie es hier ja noch sagen. — Vielen Dank! 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr der Abgeord 
nete Freudenthal. 
Freudenthal (AL): Was hat denn nun der Senator bzw. 
was hat denn nun der Aufsichtsrat der Bewag im Hinter 
zimmer tatsächlich beschlossen? 260 Mio DM für Sofort 
maßnahmen, was macht er damit? Da will er im Kraftwerk 
Reuter Filter einbauen bei Anlagen, die mit Schmelz 
kesselfeuerung gefahren werden. Jeder, der ein bißchen 
Ahnung hat, weiß, was das heißt, der wird, wenn der Sena 
tor für Stadtentwicklung und Umweltschutz seine Stick 
oxidmessungen endlich mal in Gang bringt — leider wird 
das noch einige Jahre dauern, so wie ich das sehe —, 
wissen, daß die Belastung der Luft durch Stickoxide noch 
weit gefährlicher ist als die durch S0 2 . Genau daran 
ändert sich aber überhaupt nichts, weil Sie in den alten 
Schmelzkessel-Feuerungsanlagen lediglich SOj-mindern- 
de Maßnahmen in Gang setzen. Vor allen Dingen tun Sie 
aber noch etwas, nämlich, daß Sie die zweimal 50 Mega- 
3161
	        
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