Path:
Volume Nr. 15, 28. Januar 1982

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1981/82, 9. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

15. Sitzung vom 28. Januar 1982 
leordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
851 
Süter 
ir haben Anlaß zum Mißtrauen, daß der Senat nicht in der 
_j ist, in Zukunft das hochbrisante Thema Autobahn hin- 
IJ *®end zu bewältigen. Dazu zwei Beispiele: 
fang Januar dieses Jahres, als zwei Demonstrationen an 
im Sonntag angekündigt waren, sah sich der Senat ver- 
^ t, ein Gelände auf dieser Trasse, eine Kolonie mit dem 
§en „Bahndreieck“, abzuräumen, dort die Bäume zu fällen. 
o|e Maßnahme mag im öffentlich-rechtlichen Sinne durch- 
’^gerechtfertigt gewesen sein, sie war aber meines Erach- 
* eine unkluge politische Maßnahme, ganz abgesehen da- 
daß hier ein eklatanter Verstoß begangen worden ist 
n die Beschlüsse, die das Abgeordnetenhaus gefaßt hat. 
[Beifall bei der SPD — Diepgen (CDU): Das trifft 
nicht zu!] 
aÄiber hinaus war es eine unkluge Maßnahme, weil der 
flat offensichtlich in Kauf genommen hat, daß die, am 
’iuffolgenden Tag stattfindenden Demonstrationen hätten 
jfern und noch turbulenter und noch sehr viel gefährlicher 
in gestaltet werden können. 
|n zweites Beispiel: In der vergangenen Woche wurden an 
Stelle, an der eine Brücke über den Waidmannsluster 
m geplant ist zu dem Trassenteil, der unter dem Vor- 
It steht, Massen von Sand aufgeschüttet, die den Ein- 
-pSk erweckten, als handele es sich hier um die Vorweg- 
e eines Brückenbaues. Hinter diesem Berg von Sand, 
«a in einer Tiefe von 60 bis 100 Metern, wurde auch Sand 
jfefahren; dieser Sand wurde planiert. Die Fahrzeuge, die 
i|en Sand herangebracht haben, konnten nicht vom Waid- 
fnsluster Damm heranfahren, weil die Morphologie des 
' ndes dies nicht zuläßt, sondern mußten vom Hermsdorfer 
m kommen, durch das dortige Waldstück fahren und na- 
;h diesen Waldweg zerfahren. Und wenn hier nicht recht- 
g auch von Abgeordneten bei den entsprechenden Be- 
en Einspruch erhoben worden wäre, wäre meines Erach- 
zu erwarten gewesen, daß bei einem weiteren Anfahren 
Sand dieser Waldweg hätte betoniert werden müssen — 
eine Maßnahme, die sicher nicht im Sinne dieses Ab- 
dnetenhauses gewesen wäre. 
selbst habe mich, nachdem ich von Bürgern angespro- 
i worden war, erkundigt; dabei ist mir gesagt worden, daß 
?e Sandmassen am Waidmannsluster Damm nur eine 
£chenlagerung darstellten, weil sie als Verfüllmasse die- 
i sollten für den Bereich zwischen der Kaserne und der 
Nun mag dies richtig sein; ich meine aber, daß der 
at unklug gehandelt hat, wenn er dies nicht veröffentlicht 
|bei Bürgern einen falschen Schein erweckt — ich brauche 
an den alten Satz zu erinnern, daß in der Politik häufig 
böse Schein schlimmer ist als das böse Tun. 
Öi möchte mich kurzfassen. Ich bin der Auffassung und 
Tie Fraktion ist der Auffassung, wehret den Anfängen, daß 
Rechte dieses Parlaments beschnitten werden, und wehret 
jAnfängen, daß in diesem hochempfindlichen, hochsensi- 
Bereich unnötig Unruhe in die Bevölkerung getragen 
• Vielen Dank. 
[Beifall bei der SPD] 
ijjellv. Präsident Longolius: Das Wort hat jetzt Senator 
lemborski. 
wstemborski, Senator für Bau- und Wohnungswesen: 
e Damen und Herren! Es wird hier von den Fraktionen 
L und der SPD Angst geschürt, hier werden Gespen- 
Hjbeschworen, wird Beunruhigung in die Bevölkerung ge- 
[Zurufe von der AL] 
s doch gerade Ihre Aufgabe, meine Damen und Herren 
f der SPD und Ihre Aufgabe, Herr Dr. Rüter, wäre, eine 
|ünftige Planung, die Sie über Jahre hinweg vorbereitet 
I 
und mitgetragen haben, in der Bevölkerung auch weiterhin 
zu vertreten. 
[Beifall bei der CDU — Ulrich (SPD): Sagen Sie das 
mal Herrn Hassemer! — Sagen Sie das mal Herrn 
Hassemerl] 
Es besteht nicht der geringste Anlaß, die Parole des Miß 
trauens hier auszugeben. Was hier an die Wand gemalt 
wird, sind nichts als Gespenster, entschuldigen Sie bitte. 
[Frau Kohlhepp (AL): Sehr handfeste Gespenster! — 
Zuruf von der AL: Ihre Politik ist gespenstisch! — 
Rabatsch (AL): Sehr dunkel, was Sie machen!] 
Wir haben Ihnen dargelegt, und ich tue das jetzt in aller 
Ruhe noch einmal, daß sowohl das Bezirksamt Reinickendorf 
als auch die Polizei, der Abschnitt dort insbesondere, ge 
sicherte Erkenntnis hatten, daß auf dem geräumten und 
letztlich von Ihnen gekündigten Laubengelände „Bahndrei 
eck“ sich so eine Art „Wehrdorf“, wie in anderen vergleich 
baren Situationen in der Bundesrepublik bekannt, bilden 
würde. 
[Schmidt (AL): Sie sehen doch Gespenster!] 
Aus diesem Grunde ist von dort das Ersuchen ergangen, die 
Möglichkeit zur Gründung einer solchen Basis für Gewalt 
samkeiten zu beseitigen. — Herr Dr. Rüter, Sie, der Sie dort 
in der Nähe politisch tätig sind, wissen, daß dort von einer 
Laubenkolonie keine Rede mehr sein konnte; die letzten 
Kolonisten sind im Oktober bereits ausgezogen gewesen, 
die Lauben waren teils zerstört. Und eines betone ich hier. 
Das Gelände der Kolonie ist nicht planiert worden, es sind 
keine Bäume gefällt worden. Das ist eine unwahre Be 
hauptung. Es ist richtig, daß meine Verwaltung bei einer 
Besichtigung vorgefunden hatte, daß zum Teil Obstbäume 
gefällt worden sind. Und das übrigens in einer merkwürdigen 
Weise, denn man hat die Kronen der Bäume liegengelassen 
und hat lediglich die Stämme — ich vermute als Heizmate 
rial — benutzt. Es sind auf Veranlassung der Bauverwaltung 
dort keine Bäume gefällt worden. Ich lege Wert darauf, 
daß diese Behauptung hier nicht weiter in den Raum gestellt 
wird. 
Unter polizeilichen Gesichtspunkten war die Beseitigung 
der restlichen 33 Lauben also gerechtfertigt und hat nicht 
im mindesten etwas mit bauvorbereitenden Maßnahmen zu 
tun. 
Was die Verbringung von Bodenaushub auf den alten 
Bahndamm angeht, so hat selbst Herr Dr. Rüter hier ein 
räumen müssen, daß dies eine vorläufige Maßnahme ist, die 
ebenfalls keine Bauvorbereitung darstellt, etwa im Sinne 
der vorbereitenden Aufschüttung eines Damms für den spä 
teren Autobähnzug, der an dieser Stelle überhaupt nicht 
errichtet wird. Es ist eine zweckmäßige, die Umwelt und die 
Bürger schützende Maßnahme. Sie haben als Alternative 
natürlich die Möglichkeit, den Sand quer durch die Stadt, 
vielleicht auch durch das Märkische Viertel, zu anderen 
Zwischenlagerstätten zu fahren. Dies würde bedeuten, daß 
in einer Größenordnung von 1 500 bis 2 000 Fuhren — und 
das hin und zurück gerechnet — mit Sand durch die Stadt 
gefahren werden müßte. Dies erschien uns nicht zweckmäßig, 
und es bot sich daher eine Zwischenlagerung auf diesem 
verlassenen alten Bahndamm an, bei dem Bäume und ähn 
liches ebenfalls nicht beeinträchtigt werden. Es werden in 
dem Teilstück, wo Arbeiten jetzt für den Grenzübergang 
im Gange sind, der nicht von der Vollzugsbremse betroffen 
ist, 200 000 cbm Boden abgetragen. Ein Teil davon wird 
für Auffüllungen im Bereich der Autobahn Avus, der humus 
trächtige Teil in der Nähe des Postfenns, ein anderer Teil 
im Strandbad Tegel gelagert werden, um dort die Boden 
situation zu verbessern. Ein weiterer Teil wird benötigt, 
um später Ausfüllarbeiten im Bereich der Grenzkontroll 
stelle auszuführen. Die weitaus größte Menge wird in den 
See des Flughafens Tegel verbracht werden. Ich sage noch 
einmal, es erschien zweckmäßig, wirtschaftlich und auch um 
weltfreundlich, eine Zwischenlagerung auf dem Bahndamm 
vorzunehmen. Es ist keine Rede davon, daß dies bauvor 
bereitende Maßnahmen sind, wovon sich auch jeder Fach 
mann überzeugen kann. Selbstverständlich werden — ver- 
(C) 
(D)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.