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Volume Nr. 14, 22. Januar 1982

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1981/82, 9. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
14. Sitzung vom 22. Januar 195; 
768 
(A) 
(B) 
Dr. Kremendahl 
durch bestimmte Vorgänge an der FU. Ich halte auch dies für pro 
blematisch; wir sollten, wenn wir über die Zusammensetzung von 
Hochschulgremien reden, generelle Betrachtungen anstellen und 
nicht auf derzeitige und auch seit kurzem erst bestehende, in 
einigen Gremien zumindest, Mehrheitsverhältnisse schauen. 
Dies ist sicherlich ein falscher Ansatz. 
Das dritte ist; Wir Sozialdemokraten halten fest an der Politik 
der Hochschulreform, wie sie seit mehr als zwölf Jahren in dieser 
Stadt mit den Senatoren Werner Stein, Gerd Löffler, Peter Glotz 
und Günter Gaus betrieben wurde. Wir halten insbesondere am 
Grundsatz der Gruppenuniversität fest, und das heißt ganz kon 
kret an der Mitbestimmung aller Hochschulangehörigen, der Pro 
fessoren, der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der Studenten und 
der sonstigen Mitarbeiter, funktional gewichtet, je nach der Ent 
scheidungssituation, aber nach dem Grundsatz einer Mitbestim 
mung, die diesen Namen verdient. 
Wir halten weiterhin fest am Grundsatz der sozialen Öffnung 
der Hochschulen in Verbindung mit der Ausweitung ihrer Aufgabe 
der Weiterbildung. Dies zielt auf einen spezifischen Novellie 
rungsvorschlag hin; wir halten an dem Grundsatz fest, daß die 
Universitäten ein Stück Reform der Gesellschaft mit voranzubrin 
gen haben, daß wir sie in Forschung und Lehre dazu instand 
setzen müssen und daß von da her ein dauerndes Zerreden der 
universitären Strukturen nicht sinnvoll ist und von uns auch nicht 
gebilligt wird. 
Viertens: Wir erwarten mit großer Spannung, ob die Fraktion 
der Freien Demokraten der bislang in dieser Stadt gemeinsam 
getragenen Hochschulpolitik auch Ausdruck geben wird und, 
wenn es um die Entscheidung geht, zu dieser Hochschulpolitik 
stehen wird, oder ob - wie wir es am Beispiel der Mietpreisbin 
dung, am Beispiel der Tarife für die Kindertagesstätten und auch 
am Beispiel des Auslandererlasses des Innensenators erlebt 
haben - letztlich dann doch beim Entscheidungsverhalten das 
Motiv durchschlägt, den-jedenfalls von der Mehrheit der F.D.P.- 
Fraktion in diesem Hause gestützten - Senat nicht im Regen ste 
hen zu lassen. Ich bin nicht so sehr darauf gespannt, was Herr 
Kollege Dr, Dittberner, dessen Auffassung ich kenne, gleich von 
diesem Mikrofon aus erklären wird, ich bin sehr viel mehr ge 
spannt darauf, wie es dann in der II. Lesung im Plenum dieses 
Hauses aussehen wird. 
Meine Damen und Herren, zu den wichtigsten Vorschlägen, 
nicht zu allen, die die CDU-Fraklion hier eingebracht hat: Wir So 
zialdemokraten lehnen die Streichung des § 9 des Berliner Hoch 
schulgesetzes ab. Wir tun das nicht nur, weil wir dieses in der 
Vergangenheit vertreten haben, weil es Peter Glotz war, der in 
besonderer Weise Wert darauf legte, daß dies so im Berliner 
Hochschulgesetz auftrilt, sondern wir tun es vor allen Dingen, 
weil wir die Perspektive einer Hochschulplanung in dieser Stadt 
auf eine mittel- bis längerfristige Veränderung der Hochschul 
landschaft in dieser Stadt offenhalten wollen und weil wir auch 
uns selbst und die jeweils politisch Verantwortlichen nicht aus der 
Pflicht für diese Reformausgabe entlassen wollen. 
Wir sind der Auffassung, daß unsere Fachhochschulen - wir 
haben dies hier diskutiert, und ich kann es daher nur stichwortar 
tig sagen - dringend einer Strukturveränderung bedürfen, bei der 
die Perspektive Gesamthochschule hilfreich sein kann. 
Wir sind zweitens der Auffassung, daß auch die übrige Berliner 
Hochschullandschaft einer Überprüfung längerfristiger Art be 
darf, ob die Strukturen so richtig sind oder ob nicht mit der Hilfe 
des Gesamthochschul-Gedankens sinnvolle Veränderungen 
möglich sind. Wir sind gegen die Streichung des § 9, und wir wer 
den als Sozialdemokraten auch durch eigene Initiativen diese un 
sere Haltung untermauern und hier unsere Vorstellungen weiter 
voranbringen. 
Wir halten fest an der Viertel-Parität im Konzil. Es gehört zum 
Grundsatz der Gruppenuniversität, daß in einem Gremium, das 
die Hochschulleitung wählt und das nicht durch das Urteil des 
Bundesverfassungsgerichts und das Hochschulrahmengesetz 
auf ein Übergewicht einer bestimmten Gruppe, nämlich der Pro 
fessoren, festgelegt ist, alle Mitglieder der Hochschule gleichbe 
rechtigt repräsentiert sind. Bei der Wahl des Präsidenten und der 
übrigen Hochschulleitung halten wir dieses für ein Gebot. Von da 
her keine veränderte Zusammensetzung des Konzils aus unsere 
Sicht, keine Zusammensetzung aus der Gesamtheit der Fas> 
bereichsräte! 
Die Absicht, dem Kuratorium das Vorschlagsrecht für den Prj. 
sidenten allein zu überantworten, ist ebenfalls problematisch. Vft 
Sozialdemokraten haben immer die Position vertreten, daß die 
Kuratorialverfassung der Berliner Universitäten Ausdruck de: 
• Tatsache ist, daß Staat und Hochschule gemeinsam handelt 
müssen, daß Hochschulaufonomie nicht Abschottung von de: 
Gesellschaft bedeutet und daß in den Hochschulen eben auch 
eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrgenommet 
wird. 
Wir sind jedoch nicht der Auffassung, daß ein Präsident, de: 
von einer Mehrheit von Nichthochschulangehörigen bindend 
ohne daß da andere Vorschläge gemacht werden können, vorge 
schlagen wird, seine Aufgabe sachgerecht erfüllen könnte. 
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Der Vorschlag der CDU, den Akademischen Senat in einer Ut- 
wähl zu wählen und um vier Fachbereichssprecher zu ergänzen 
ist ebenfalls nicht sinnvoll. Ich gestehe gerne zu, Herr Kollege Dt 
Heyden, daß es bei der gegenwärtigen Struktur der Fachbereichs 
Verzerrungen gibt - dort gibt es kleinere, dort gibt es größere -. dis 
beim gegenwärtigen das gleiche Gewicht haben. Ich weise Sie 
aber darauf hin, daß es bei einer Urwahl, wo sozusagen eine ge 
samte Hochschule den Wahlkörper bildet, ebenfalls Verzerrun 
gen geben kann. So würde sich an der Freien Universität ein nich! 
hinnehmbares Übergewicht des medizinischen Sektors aufgrund 
der dort vorhandenen Personalstärke ergeben. Und die Ergän 
zung um vier Hochschullehrer aus dem Bereich der Fachbe 
reichssprecher wäre nicht nur - und darauf weist Herr Präsiden: 
Lämmert gerne hin - eine Unzumutbarkeit gegenüber de; 
ohnehin vorhandenen Arbeitsbelastung dieses Personenkreises 
sondern es würde auch der Gruppe der Professoren im Akademi 
schen Senat ein derartiges Übergewicht geben, daß die Mitbe 
stimmung der anderen Gruppen, der wissenschaftlichen Mitar 
beiter, der Studenten und der sonstigen Mitarbeiter, nur noch 
Staffage wäre. Das würde unserem Grundsatz der Gruppenuni 
versität widersprechen. 
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Nun zum Medizin-Kanzler. Wir halten es nicht für sinnvoll, ein 
dahinter stehendes, denkbarerweise löbliches Sparvorhaben da 
mit zu beginnen, daß man eine neue hochdotierte Stelle schafft 
Wir sind für die Stärkung der Rolle der Verwaltungsleiter in den 
Klinika, und wir sind - und das werden wir in der nächsten Sit 
zung in Form von einigen Anträgen deutlich machen - dafür, dal 
der medizinische Bereich durchleuchtet wird und geprüft wird 
unter dem Gesichtspunkt sinnvoller Einsparungen. 
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Aber wir wollen dies nicht erkaufen mit einem unerträglicher 
Kompetenzgerangel an der Universitätsspitze, das sich durch 
zwei Kanzler darstellen würde. Wir wollen auch nicht mit dem Me 
dizin-Kanzler einen halbherzigen Schritt in Richtung Medizini 
sche Hochschule tun. Wenn Sie schon in die Überlegungen mit 
einbeziehen - das könnte eine Perspektive sein, offene Frage, 
ich habe dazu keine feststehenden Antworten die Medizin län 
gerfristig aus dem Hochschulverbund herauszulösen und zt 
einer eigenständigen Medizinischen Hochschule zu kommen, 
dann beschließen Sie doch einen Prüfauftrag in dieser Richtunc 
und lassen Sie uns mittelfristig bis längerfristig darüber reden, 
aber bringen Sie nicht so eine kurzatmige Angelegenheit wie der 
Medizin-Kanzler, wo meines Erachtens der Schaden und die 
Kompetenzkonflikte, die dadurch entstehen, sehr viel größer sine 
als der Nutzen. 
Meine Damen und Herren, Hochschulreform ist eine ständige 
Aufgabe der Universitäten und des Landes Berlin, so will es det 
Gesetzgeber, so wollen wir es als Sozialdemokraten. Wir sine 
von da her auch als Oppositionspartei durchaus bereit, über Ver 
besserungen im Hochschulbereich nachzudenken, konstruktive 
Vorschläge zu machen und Fehlentwicklungen, dort wo sie auf 
getreten sind, abzustellen. Es sollte zum Beispiel geprüft werden, 
ob der zu Recht häufig oekiagten FunKtionsiosigkeit, der häufi 
gen Beschlußunfähigkeit der Hochschulkonzilien nicht auf ganz 
andere Weise begegnet werden könnte, nämlich dadurch, daß 
man diesen zentralen Wahlgremien durch Stärkung ihrer Kompe-
	        
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