Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
12. Sitzung vom 10. Dezember 1
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den städtischen Krankenhäusern in den unwirtschaftlichen Dien
sten, eine allgemeine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Kranken
häuser, nach klinischem Bereich und Verwaltung getrennt. Nach
dieser Prüfung sollte man unwirtschaftliche Abteilungen schlie
ßen. Ich begrüße daher, was Sie in Ihren Ausführungen angekün
digt haben, daß Sie eine derartige Prüfung vornehmen werden,
und ich setze darauf viel Hoffnung, daß sie dann auch realisiert
wird; denn in Berlin wurde früher sehr viel geprüft, immer geprüft,
wurden überall Organisationsgutachten angefertigt, nur die Kon
sequenzen wurden nie gezogen.
[Beifall bei der F.D.P.
und Zuruf: Sehr richtig!]
Meine Fraktion wird, wenn die vom Senat angekündigten Schlie
ßungen in ein klares und begründetes Konzept über die zukünfti
ge Krankenhausplanung eingebettet sind, solche Maßnahmen
politisch mittragen. Die heute vorgetragenen Argumente müssen
erst noch in den zuständigen Ausschüssen auf ihre Richtigkeit
abgeklopft werden. Ich begrüße es ausdrücklich, daß es dem
Senat gelungen ist, zu einer Vereinbarung mit den Krankenkas
sen zu kommen, die die Pflegesätze für zwei Jahre verbindlich
festsetzt.
Im Ausschuß für Gesundheit, Soziales und Familie wurde
dieser Tage die Einführung der häuslichen Krankenpflege in
Form von Sozialstationen diskutiert und mehrheitlich befürwortet.
Bei dieser Aussprache, die auch mit einer Anhörung zukünftiger
Träger von Sozialstationen verbunden war, wurde mir sehr deut
lich, daß es einer der größten Fehler in den letzten Jahren war, in
Berlin diese moderne Form der häuslichen Krankenpflege nicht
aufzubauen. Hier hat auch meine Partei einen wesentlichen Feh
ler gemacht, daß diese Forderung nicht in dem alten sozial
liberalen Senat durchgesetzt werden konnte. Denn, meine Da
men und Herren, gerade in Berlin mit seinem ungewöhnlich hohen
Anteil an Menschen über 60 Jahren und seinem hohen Anteil an
Einpersonenhaushalten erfordert es eine Berücksichtigung dieser
Situation im pflegerischen Bereich. Ziel der Hilfe durch Sozial
stationen ist es, dem Kranken, dem Behinderten oder dem
altersschwachen Menschen seine volle oder teilweise Selbstän
digkeit in der gewohnten häuslichen Umgebung zu erhallen oder
wiederzugeben. Ziel ist es auch, die Einweisung oder den Ver
bleib in einer stationären Einrichtung wie Krankenhaus oder
Altenheim zu vermeiden. In Berlin liegt die häusliche Kranken
pflege darnieder, daher müssen viele Kranke in Akut-Kranken
häuser eingewiesen werden, die dort überversorgt sind. Die Ärz
te können in der Tat diese Kranken nicht entlassen, weil nicht ein
mal eine bescheidene Pflege zu Hause gesichert ist. Diese Tat
sache führt dazu, daß unsere Akut-Krankenhäuser mit einer Viel
zahl von chronisch Kranken belegt sind. Dieser Tatbestand ist
seit Jahren bekannt, nur Abhilfe wurde nicht geschaffen.
Der Abbau von Krankenhausbetten muß durch flankierende
Maßnahmen abgesichert werden. Als Einrichtungen, die im Ge
sundheitsbereich sowohl den Kostendruck der Krankenkassen
verringern helfen als auch eine patientengerechte Versorgung er
möglichen, gelten nach Auffassung der Freien Demokraten die
eben beschriebenen Sozialstationen. Sozialstationen und häusli
che Krankenpflege, in freigemeinnütziger Trägerschaft organi
siert, beweisen in zahlreichen westdeutschen Gemeinden, daß
Humanität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sich nicht
ausschließen müssen. In diesem Zusammenhang erinnere ich
auch an den einstimmig gefaßten Beschluß vom Sommer dieses
Jahres, daß der Senat prüfen möge, die Kiez-bezogene Kranken
wohnung als krankenhausentlastende Maßnahme in Berlin zu er
proben. Ich bin der Auffassung, daß eine derartige Krankenwoh
nung in Berlin eine Zukunft haben könnte.
Abschließend möchte ich noch einmal festhalten: Mit den kurz
fristig notwendig gewordenen Reaktionen des Senats auf eindeu
tige Gerichtsentscheidungen ist das Dilemma der Ausuferung der
Kosten in den städtischen Krankenhäusern nur aufgeschoben,
weil auch weiterhin Verwaltung und technische Dienste kopflastig
sind. Die F.D.P.-Fraktion warnt vor einem hysterischen Gebrauch
des Rotstiftes. Die F.D.P.-Fraktion, die ihren beharrlichen Ruf
nach Kostendämpfung im Gesundheitswesen durch die über
stürzt beschlossenen Schließungen bestätigt sieht, fordert den
Senat auf, auch eine längerfristig bestandskräftige, solide pfias:
nung zu erarbeiten. Diese Planung sollte sowohl eine hunta, ä ' te
Patientenversorgung als auch einen spürbaren Kostenrückga ien
vor allem durch krankenhausentlastende Maßnahmen vorsehe lha
- Ich danke Ihnen.
[Beifall bei der F.D.P.]
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Stellv. Präsident Franke: Nächster Redner ist der Abgeord:
te Mertsch von der SPD-Fraktion.
Mertsch (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und Hern
Zum Anfang meiner Bemerkungen möchte ich Mißverständnis!
Vorbeugen - insbesondere auch einem Mißverständnis vorbf
gen, Herr Senator, dem Sie ganz offensichtlich unterlegen sii
Die SPD-Fraktion bezweifelt weder heute noch hat sie in derVi
gangenheit den geringsten Zweifel daran gelassen, daß Krank:
hausbetten im Land Berlin zurückgenommen werden müssi
Das haben wir nie bestritten. Das hat der Herr Senator Fink
Grunde genommen auch ganz deutlich gesagt, indem er narrt
im wesentlichen die von sozialdemokratischen Senatoren kon
pierte Krankenhausplanung bestätigt hat. Er hat ja kaum etw
gegen die Auswirkungen dieser aus 1978 stammenden Betk
Planung zu sagen gewußt. Das einzige, was wir im Augenbli
und bei dieser Gelegenheit beanstanden, ist die Tatsache, di
parallel zum Abbau der Betten eine zum Teil drastische Zurüi
nähme der Pflegesätze praktiziert wird. Beides zusammeng
nommen führt in der Tat zur Gefährdung einer großen Zahl«
Arbeitsplätzen, über die im einzelnen noch gesprochen werdi
muß.
[Zuruf von der CDU:
Das stimmt doch einfach nicht!]
Bevor ich, meine Damen und Herren, über die uns alle bedri
kenden Probleme rede, möchte ich - um einfach die Bedeute
des Themas zu unterstreichen, mit dem wir uns jetzt am früh!
Morgen befassen - wirklich nur einige wenige Zahlen nennen:
den städtischen Krankenhäusern - ich komme jetzt zwangsiäu
auf diesen Komplex, weil sich Herr Fink damit ja auch primärb
faßt hat - ist im Jahr 1980 insgesamt ein pflegesatzrelevan!
Umsatz von etwa 1,2 Mrd DM zu verzeichnen gewesen; in d
städtischen Krankenhäusern arbeiten mehr als 20 000 Me
sehen, und wir müssen schließlich auch daran denken, daß in di
städtischen Krankenhäusern im Jahr 1980 mehr als 5 Million-
Pflegetage gewährt worden sind. Wenn ich die zuletzt genant
Zahl aufgreife und sie zu den jetzt ausgehandelten Pflegesäta
in Beziehung bringe, dann muß auch für Herrn Senator FinkkS
werden, daß die von mir genannte und von Ihnen beanstande
Zahl so unrealistisch auch nicht ist - rechnen Sie doch bitte ei:
mal nach, dann kann man sich vielleicht auch darüber unterhe i
ten, ob die Zahl 2 000 oder ob die Zahl 1 300 richtig ist, dasi
aber nicht das Entscheidende. Ich bin jedenfalls überzeugt da«
- und dazu stehe ich -, daß die von mir im Namen meiner I
tion veröffentlichten Zahlen richtiger sind und den Realitäten r.
her kommen, als das bei den von Ihnen veröffentlichten Zahl!
der Fall ist.
Ich habe diese Zahlen auch genannt, meine Damen und Hern
und sehr geehrter Herr Senator, weil ich meinte, sie seien not
noch einmal näher hervorgehoben zu werden, um an die gerne!'
same Verantwortung, die wir für die Krankenhäuser und für 1
Patientenversorgung in der Vergangenheit getragen haben,
erinnern. Ich möchte Sie sehr dringend bitten, bei Ihrer künftig:
Politik doch dafür zu sorgen, daß es bei dieser gemeinsam
Verantwortung bleibt.
[Beifall bei der SPD]
Sie gefährden sie im Augenblick durch Ihre Politik - lassen Sä
sich das, bitte, ganz deutlich sagen. Ich will das auch mit einige
wenigen Hinweisen begründen, damit Sie mir nicht vorwerfen, ii
würde hier etwas sagen, was nicht zu beweisen ist. Ich möcK
auch ungern in die Situation kommen, in der Herr Senator Fit
sich eben befunden hat, als er auf konkrete Fragen meiner Fra'
tion nicht zu antworten wußte.
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