1.Sitzung vom 11. Juni 1981
Bl Abgeordnetenhaus von Berlin - 9, Wahlperiode
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RBm Dr. von Weizsäcker
;h Das, was jetzt nottut, ist, daß unter stabilen Verhältnissen wir an
seine kontinuierliche Arbeit gehen können.
Wir wissen, daß wir für diese Arbeit uns das Zutrauen und die
Zustimmung in unserer Bevölkerung erst erarbeiten müssen. Wir
«wissen, daß die Mehrheitsverhältnisse, wie sie durch die Wahl am
|10. Mai geschaffen worden sind, nicht bequem sind. Aber der neue
Senat ist der Überzeugung, daß die Aufgaben, die vor uns stehen,
S| ies uns ohnehin zur Aufgabe machen, in einer offenen Form um die
[Meinungsbildung und Zustimmung zu ringen sowohl im Hause
wie darüber hinaus.
Wir, die neuen Mitglieder des Senats, sagen allen Mitgliedern
sdieses Hauses zu, daß wir die Meinungsverschiedenheiten und
Ikritischen Aussprachen von uns aus im Geiste der Zusammenar-
,tt (beit über die Grenzen der Fraktionen hinaus verstehen und betrei
ben wollen. Wir bitten Sie, unabhängig davon, ob Sie sich in der
[Lage gesehen haben, uns, den Mitgliedern des neuen Senats, ihre
(Stimme zu geben oder nicht, für diese konstruktiv-kritische Arbeit
•im Parlament bereit zu sein.
Daß wir uns streiten, daß wir verschiedene Meinungen haben,
(das ist so, und das ist auch gut. Aber nirgends so wie in Berlin sind
re iwir immer wieder darauf angewiesen, uns in den Grundlagen un
serer hiesigen geistigen, politischen und sozialen Existenz auch
:um Übereinstimmung untereinanderzu bemühen.
Frieden und Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität - jeder von
uns mag in der konkreten Verwirklichung dieser Begriffe unter
schiedliche Vorstellungen haben. Aber niemand möge dem ände
rt ren die Absicht zu diesem Ziel bestreiten, und gemeinsam mögen
(wir uns darum bemühen, daß wir sie auch erreichen.
Wir sind freie Bürger, und wir werden es bleiben, wenn wir uns
dessen bewußt sind, daß Freiheit und Verantwortung nicht von
einanderzu trennen sind. Dafür wollen wir im neugewählten Senat
lin unserer Arbeit, aber auch in der Zusammenarbeit mit diesem
,j. IHohen Hause ein Beispiel geben, und in diesem Geist fühlen wir
uns mit allen Bürgern unserer Stadt, unabhängig von ihrem poli-
itischen Standort, verbunden und ihnen verantwortlich, und in die
sem Sinne grüße ich von hier aus im Namen des Senats zu Beginn
unserer Arbeit alle unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
z fl
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren! Zur Geschäfts
ordnung hat die Fraktion der CDU beantragt, die
lfd. Nr. 15, Drucksache 9/14:
Antrag der Fraktion der AL über Tariferhöhun
gen bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG)
und
sind aber angesichts des Abstimmungsverhaltens der damaligen
CDU-Opposition äußerst gespannt, wie sich der neue Senat zur
Frage der BVG-Tariferhöhung und überhaupt zum Komplex „BVG-
Tarife" äußert.
Wir können auch unsere Augen nicht vor der Tatsache ver
schließen, daß die Ausschüsse dieses Hauses noch nicht existie
ren. Für den BVG-Antrag ist eine Ausschußberatung zwingend
vorgeschrieben. Das folgt aus Artikel 78 der Verfassung in Verbin
dung mit § 37 unserer Geschäftsordnung. Da kommen wir recht
lich gar nicht drum herum.
Die im Bewag-Antrag angesprochene Problematik halten auch
wir für so wichtig und bedeutend, daß es einer sehr eingehenden
Ausschußberatung bedarf.
Schließlich widersprechen wir dem Vertagungswunsch der
CDU nicht, weil es in den konkreten Auswirkungen keinen Unter
schied macht, ob wir heute oder erst in 14 Tagen die vertiefte I. Le
sung der Anträge durchführen. Die Fahrpreiserhöhung der BVG
wird zwangsläufig zum 1. Juli in Kraft treten, weil wir wegen der
nicht vorhandenen Ausschüsse keine II. Lesung vor dem 1. Juli
durchführen können.
[Beifall bei der SPD]
Präsident Rebsch: Das Wort hat der Abgeordnete Finger.
Finger (AL): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
von Weizsäcker hat soeben die Mitbürger dieser Stadt angespro
chen, und wir meinen, daß gerade diese beiden Anträge für diese
Mitbürger Probleme aufwerfen, vor allem für den größten Teil der
Mitbürger, der von einer Fahrpreiserhöhung der BVG betroffen ist
und auch von einer Strompreiserhöhung der Bewag. Ich meine,
daß deshalb die beiden Anträge heute behandelt werden sollten.
Meines Erachtens stehen die Geschäftsordnung und die noch feh
lenden Ausschüsse nicht entgegen, daß schon heute die Fraktio
nen ihren Willen bekunden, diese Anträge so schnell wie möglich
zu behandeln. Schon heute könnte dann einer Ausschußüber
weisung zugestimmt werden, vor allem in den Hauptausschuß,
von dem erwartet werden kann, daß er eingerichtet wird.
Hinsichtlich des Antrags zur Bewag-Strompreiserhöhung sieht
es so aus, daß er keine finanziellen Auswirkungen für das Land
hat, also auch nicht nach § 37 der Geschäftsordnung in den Haupt
ausschuß überwiesen werden muß. Daher ist zum ersten Punkt
dieses Antrags heute durchaus eine abschließende Behandlung
möglich, wobei wir uns bei der Aufnahme der Diskussion des Ta
gesordnungspunktes 16 Vorbehalten müßten, den Antrag aufzu
teilen, d.h. den ersten Punkt sofort zur Abstimmung stellen und
den Rest in die Ausschüsse überweisen zu lassen. Auch dies ist
nach der geltenden Geschäftsordnung möglich.
(C)
(D)
lfd. Nr. 16, Drucksache 9/15:
e Antrag der Fraktion der AL über Aussetzen
der Erhöhung der Bewag-Tarife
izu vertagen. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Rös
ter.
r |
:r Rösler (CDU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
^ Herren! Die Anträge enthalten einige Fragen und werfen neue
Fragen auf, die der eingehenden Erörterung und Besprechung
(bedürfen. Dazu haben wir Ausschüsse, die es aber im Augenblick
noch nicht gibt. Aus diesem Grunde beantrage ich Vertagung, um
(die Anträge so ausführlich, wie sie es bedürfen, besprechen und
; i !sie dann in die Ausschüsse überweisen zu können. - Danke!
j [Beifall bei der CDU]
»l
!l Präsident Rebsch; Das Wort hat der Abgeordnete Schneider.
i 1 •:
d Schneider (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
>r (Wir nehmen den Vertagungswunsch einer Fraktion zur Kenntnis,
ir obwohl er sehr wichtige und interessante Anträge betrifft. Aller-
e dings kann auch nach unserer Auffassung der neue Senat nach
Lage der Dinge hier und jetzt noch nicht Stellung nehmen. Wir
Präsident Rebsch: Das Wort hat der Abgeordnete Horst Vetter.
Vetter (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es
steht außer Zweifel, daß dies zwei Anträge sind, die im großen In
teresse der Öffentlichkeit abgehandelt werden müssen, und daß
das Parlament hier verantwortlich Stellung nehmen muß, weil
diese Dinge für viele Bürger der Stadt nicht uninteressant sind.
Dazu ist eine Beratung in den Ausschüssen notwendig. Meine
Damen und Herren Kollegen von der AL, wir haben eben noch
keine Ausschüsse eingesetzt. Das ist das Problem. Hier geht es
nicht darum, etwas formal abzuweisen, sondern es muß die Chan
ce geben, diese wichtigen Dinge wirklich ausgiebig beraten zu
können. Deshalb halten wir eine Vertagung bis zur nächsten Sit
zung, wenn die Ausschüsse eingesetzt werden, für notwendig.
Ich gehe allerdings davon aus, daß dann die Anträge in den Aus
schüssen sehr zügig behandelt werden, so daß die endgültige
Beratung im Plenum noch vor der Sommerpause stattfindet. Wir
sollten Gründlichkeit vor Eile stellen - dazu sind diese Angelegen
heiten zu wichtig. Wir stimmen der Vertagung zu.-Schönen Dank!
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Präsident Rebsch: Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeord
neter Sellin! - Sie haben noch anderthalb Minuten.