Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
8. Sitzung vom 8. Oktober I98t|
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(A)
(B)
Landowsky
Dieses möchte ich vor diesem Parlament noch einmal ganz aus
drücklich sagen. Zwischen den Dingen, die seinerzeit gewesen
sind, und die heute bestehen, gibt es diese inhaltliche Brücke nicht!
Noch kein Senat - soweit ich das beurteilen kann - hat in seiner
politischen Gestaltung eine solch liberale Haltung an den Tag
gelegt wie dieser Senat.
[Starker Beifall bei der CDU -
Lautes Gelächter bei der AL -
Rabatsch (AL): Das ist das Bodenloseste!
Weitere Zurufe von der AL]
Noch kein Senat! Noch kein einziger!
[Rabatsch (AL): Sie wissen ja nicht mehr
was Sie sagen, Herr Landowsky!]
- Herr Rabatsch! Wo hat es Angebote gegeben an junge Leute,
alternative Wohn- und Lebensangebote in dem Umfang wahrzu
nehmen, wie der Bausenator das heute noch einmal vorgetragen hat.
Nirgends, meine Damen und Herren!
[Starker Beifall bei der CDU -
Zurufe von der AL]
Nirgends hat es dies gegeben! Der Vorwurf, dem der Senat
heute ausgesetzt ist, ist nicht der, daß er zu hart, zu rigoros ist, son
dern die große Mehrheit der Bevölkerung - das müssen Sie doch
einmal sehen - erhebt gegen diesen Senat allenfalls den Vorwurf,
daß er gegenüber einer Minderheit zu liberal ist. Wir unterstützen
diesen Senat in dieser Haltung, weil - wie gestern in der „Friedens
runde“ gesagt worden ist - es einer Mehrheit immer zugemutet wer
den muß, mehr Rücksicht auf die Minderheit zu nehmen als umge
kehrt. Zu dieser Grundhaltung, meine Damen und Herren, beken
nen wir uns auch heute noch einmal ausdrücklich. Nur, wir bitten
Sie, auch realistisch zu sehen, wie die Situation in dieser Stadt ist
Lassen Sie mich nun noch eines zum Thema Jugend sagen: Sie
tun so, als sei das Thema Jugend hier generell angesprochen. Ich
bestreite - und alle statistischen Daten weisen dies auch aus -, daß
das, worauf sich heute die Diskussion bezieht, die repräsentative
Mehrheit der Jugend ist. Das ist sie nämlich nicht, meine Damen
und Herren!
[Beifall bei der CDU]
Dennoch: Es wird schon schwer genug sein, der Öffentlichkeit klar
zumachen, daß es hier Angebote der öffentlichen Hand - mittelbar
oder unmittelbar - gibt. Lebensformen zu entwickeln, wie Sie es
möchten, und zwar auch mit öffentlichem Eigentum und mit öffent
licher Hilfe, wenn anderen Bürgern dieser Stadt das gleiche ver
wehrt wird.
[Zurufe von der AL: Nicht von uns!
Nicht von uns!]
Wir haben Anrufe und Anmeldungen von Handwerkern in dieser
Stadt, die sagen: Gebt uns doch ein Haus, wir machen uns das sel
ber wieder in Ordnung.
[Frau Kohlhepp (AL); Warum tun Sie's nicht?!]
Meine Damen und Herren! Wir stehen vor der großen Frage,
gerecht gegen jedermann zu sein,
[Starker Beifall bei der CDU]
aber dennoch sind wir der Meinung, daß es aus Gründen des inne
ren Friedens geboten ist, eben der Mehrheit mehr zuzumuten als
der Minderheit
Sie haben über Wohnkonzeptionen gesprochen. Wir haben in
knapp drei Monaten versucht, die Konzeption im Wohnungsbau zu
ändern. Wir haben das in rigoroser Weise getan. Der Bausenator
hat das heute vorgetragen. Wir wollen 21 000 Wohnungen, das
sind mehr als doppelt so viel wie jetzt leer stehen, instandsetzen,
und zwar in einer Legislaturperiode. So etwas hat es doch in
diesem Land überhaupt noch nicht gegeben! Ich will das nur einmal
deutlich machen, wohin unsere Politik geht Wir wollen die unsozia
len Zustände abbauen. Aber der Kollege Sickert hat das gestern
ganz deutlich gesagt: Generationen von Arbeitnehmern haben dar
um gekämpft, human zu wohnen. Und das Klo, das Bad, die Innen
toilette und die Heizung gehören heutenichtzu den Luxusgegenstan i
den, sondern zu den Normalausstattungen, auf die jeder Bürge; f 3 ^
eigentlich einen Anspruch hat Das wünschen wir den Menschen ir | hne
dieser Stadt, insbesondere den Arbeitnehmern und den Gewerk |®'j
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schäften, die jahrzehntelang dafür gekämpft haben.
[Starker Beifall bei der CDU -
Glocke des Präsidenten]
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Lassen Sie mich als allerletzten Satz noch das sagen: Wir wer
den jedes leere Haus einzeln beurteilen; es kann keine generell;
Legalisierung für 140 besetzte Häuser geben. In einer Sache wer iusc
den wir allerdings kompromißlos sein: Es wird nicht zugelasser M ni
werden in diesem Lande Berlin, daß leere und besetzte Häuser
wie es ein sozialdemokratischer Journalist einmal gesagt hat
„Kasernen für die Revolution“ werden.
Stad
[Starker Beifall bei der CDU]
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren! Die Aktuell;
Stunde hat damit durch Zeitabiauf ihre Erledigung gefunden.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 3, Drucksache 9/113:
■.Lesung des Antrags der Fraktion der F.D.P. über
Gesetz zur Änderung des Hundesteuergesetzes
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Abgeordnete^iorr
Swinne! geg
[Starke Unruhe] rieh
ffur
Swinne (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Esf er
ist natürlich ein wenig absurd, nach einer derartigen Debatte nocKI
über die Erhöhung der Hundesteuer sprechen zu wollen. t
[Beifall bei der AL] |Bcf
Das bisherige Echo aber auf den von meiner Fraktion in I. Lesung
zu begründenden Gesetzesentwurf überdie Erhöhung der jährlichen
Hundesteuer - von bisher 120 DM auf 240 DM - war außerordent
lieh groß. Das Pro und Kontra hat sich aber im Gegensatz zu den Er
fahrungen, die der Minderheitssenat gemacht hat, inzwischen zi|
einem Pro für eine Gesetzesänderung verschoben. Die Zuschriften;
und Anrufe, die meine Fraktion zu diesem Thema erhielt, waren
mehrheitlich für eine Erhöhung dieser Steuer. Wie aus der Presse^ma
zu erfahren war, hat ja auch inzwischen die größte Fraktion diesesiiau
Hauses in bayerischer Idylle während einer Klausurtagung die Erftie
kenntnis gewonnen, daß - im Gegensatz zur Senatsmeinung - eintjair
in
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Erhöhung der Hundesteuer zu vertreten sei.
Ein Bürger aus der Düsseldorfer Straße hat mir schriftlich erläuj i ie
teil, daß der monatliche Unterhalt für einen kleinen Hund etwa lOO,* 3111
DM beträgt, für einen mittleren Hund etwa 200 DM, für einer
großen Hund 300 DM. Diese Zahlen wurden von anderen Hunde
besitzen nicht in Abrede gestellt. Die von meiner Fraktion erwöge
ne Erhöhung der Hundesteuer bedeutet im Mittel weniger als zehi
Prozent der Unkosten für einen Hund im Monat Aus dieser Sicht is
es eine vertretbare Erhöhung, wenn folgende Argumente mitbe *i h
rücksichtigt werden: 1. Für viele Berliner ist die Verschmutzung de |T°
Straße durch Hundekot ein tägliches Ärgernis,
[Beifall bei der F.D.P., bei der CDU
und bei der SPD]
obgleich ich bisher nur Hundebesitzer kennengelernt habe, die e' I
klären, ihr guterzogener Hund gehöre nicht zu dem Kreis der Ve:
Schmutzer. Es ist unbestreitbar, daß hier ein Hygieneproblem be |
steht das nicht nur auf das Straßenland beschränkt ist sondern C
zu einer praktischen Gefahr wird, wenn man an die Zustände au:
Spielplätzen, in Buddelkisten, an Liegewiesen und an die Strändv
an den Havelseen denkt. Diejenigen, die früher in einer BW warer
wissen, wie oft dieses Thema dort erörtert worden ist.
Die Verschmutzung der Straßen und der Freizeitflächen dur<?
Hunde ist ein Massenproblem. Nach dem Statistischen Jahrbur |
1980 gibt es in Berlin 98 639 Hunde mit 93 761 Hundehalter