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Volume Nr. 6, 24. September 1981

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1981/82, 9. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
6. Sitzung vom 24. September 1981 
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Die von der ZSA nicht mit Unterkunftsplätzen versorgten Asyl 
bewerber erhalten eine Barbeihilfe aus Sozialhilfemitteln und be 
schaffen sich im Wege der Selbsthilfe ein Unterkommen. Insbeson 
dere größeren Familien gelingt dies jedoch im allgemeinen nicht. 
Diese werden deshalb von der ZSA nach einem zwischen den Be 
zirksämtern abgesprochenen Verfahren auf die übrigen Bezirks 
ämter verteilt. 
Für die im Juli 1981 in Turnhallen und Notunterkünften unter 
gebrachten Tamilen mußten bis zum Ende der Schulferien kurz 
fristig andere geeignete Unterkünfte gefunden werden. Es bot sich 
hierfür das ehemalige Ledigenheim in der Schönstedtstraße im 
Bezirk Wedding an. Dieses Haus konnte mit dem verhältnismäßig 
geringen Kostenaufwand von 60 000 DM für die Aufnahme von 
260 Asylbewerbern hergerichtet werden. Der Senat hat keinen Ein 
fluß darauf, daß dieses Gebäude im Bezirk Wedding gelegen ist. 
Die Betreuung der Asylbewerber hat das DRK übernommen, die 
Kosten trägt die ZSA Tiergarten. Das Bezirksamt Wedding ist also 
insoweit nicht belastet. 
In dem Gebäude Schönstedtstraße könnten insgesamt mehr als 
500 Asylbewerber untergebracht werden. Der Senat hat hierauf 
jedoch mit Rücksicht auf den Bezirk Wedding ausdrücklich ver 
zichtet. 
Die Asylbewerber, die ihr Asylverfahren im Land Berlin durchfüh 
ren, weil sie dem Land Berlin zugeteilt worden sind, wurden bisher 
nach einem Gleichverteilungsverfahren, in Zukunft aber nach einem 
von mir entwickelten, mit den Bezirksstädträten der Abteilung 
Sozialwesen in der vergangenen Woche abgesprochenen und von 
diesen ohne Gegenstimmen gebilligten Verteilverfahren auf die 
Bezirksämter verteilt, wobei die Bezirke Tiergarten, Wedding und 
Kreuzberg, die bereits einen überdurchschnittlichen Ausländer 
anteil - gemessen an der deutschen Bevölkerung - haben, aus 
genommen bleiben. Ich werde diesen Verteilerschlüssel noch im 
Rat der Bürgermeister einbringen. 
Der Schlüssel berücksichtigt den bereits vorhandenen Auslän 
deranteil in den Bezirken in der Weise, daß Bezirken mit geringe 
rem Ausländeranteil relativ mehr Asylbewerber zugewiesen werden 
als den Bezirken mit höherem Ausländeranteil. Danach werden die 
relativ meisten Zuweisungen in Zukunft die Bezirke Tempelhof, 
Reinickendorf und Steglitz, die relativ wenigsten Zuweisungen die 
Bezirke Schöneberg, Charlottenburg und Neukölln erhalten. 
Die Bezirksämter betreuen gegenwärtig ca. 6 000 Asylbewerber, 
die ihr Verfahren in Berlin betreiben, mit Sozialhilfemitteln, Die 
Sozialhilfeaufwendungen betrugen einschließlich der der ZSA im 
Jahre 1980 ca. 41 Mio. DM, sie werden in diesem Jahr zwischen 50 
und 60 Mio. DM liegen. 
Um der ZSA Tiergarten bei der Unterbringung der Asylbewerber 
behilflich zu sein - und damit habe ich auch gleichzeitig eine Frage 
von Herrn Lorenz beantwortet -, hat der Senat in seiner Sitzung am 
11. August 1981 beschlossen, Durchgangsheime für Asylbewerber 
in Fertigbauweise mit insgesamt ca. 1 000 Plätzen auf geeigneten 
Grundstücken zu errichten. Die Grundstücke sind von den Bezirken 
benannt worden. Der Rat der Bürgermeister hat sich einverstanden 
erklärt. Die neuen Unterkünfte sollen in Bezirken entstehen, die 
einen relativ geringen Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung 
haben. Konkrete Objekte sind in den Bezirken Steglitz und Tempel 
hof vorhanden. Die Durchführung dieses Beschlusses ist jedoch 
zeitaufwendig, weil vielfältige Hindernisse zu überwinden sind. So 
gestaltet sich zum Beispiel bei der Bodenknappheit in Berlin allein 
die Beschaffung geeigneter Grundstücke äußerst schwierig, weil 
unter anderem anderweitige Prioritäten - zum Beispiel die Nutzung 
als Gewerbefläche -, baurechtliche Vorschriften - zum Beispiel 
verbindliche Bebauungspläne -, anderweitige Nutzungswünsche 
der Bezirksämter und nicht zuletzt Widerstände aus den Bezirken 
und der Bevölkerung zu beachten bzw. zu überwinden sind. Der 
Senat hofft jedoch, daß die ersten Unterkünfte in Fertigbauweise 
spätestens im Frühjahr nächsten Jahres bereitgestellt werden kön 
nen. Bei der Masse der Asylbewerber, die in Berlin zu betreuen 
sind, und dem gegenwärtigen Umfang der Neuzugänge sieht der 
Senat keine Möglichkeit, die Zusammenballung vorhandener Unter 
künfte und Einrichtungen für Asylbewerber in einigen Innenstadt 
bezirken kurzfristig zu beseitigen, gleichwohl bemüht er sich nach 
Kräften, unter anderem auch durch das erwähnte Verteilverfahren, 
langfristig eine Entzerrung zu erreichen. Der Senat hat darüber hin- s 
aus die Bezirksämter wiederholt - zuletzt in der Sitzung des Rats j r 
der Bürgermeister am 20. August dieses Jahres - gebeten, Unter- w 
künfte für Asylbewerber in eigener Zuständigkeit zu schaffen und n 
vorzuhalten. Die Zuständigkeit liegt bei den Bezirken, nicht bei der g 
Hauptverwaltung; der Senat hilft, aber die Zuständigkeiten dürfen w 
nicht verwischt werden. Die Innenstadtbezirke müssen entlastet |j 
werden, aber die anderen Bezirke müssen dies auch ermöglichen, n 
Ich komme damit zur Beantwortung der Frage 4. Der Senat von 
Berlin ist für das Verfahren der Ausländerbehörde zuständig. Das 
Anerkennungsverfahren selbst ist Sache des Bundesamtes für die 
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Der Polizeipräsident hat 
innerhalb des Referats „Ausländerangelegenheiten“ eine getrennte 
Abfertigung für die Asylbewerber eingerichtet, die zum ersten Mal 
vorsprechen. Dadurch ist eine Herausiösung dieser Antragsteller 
aus dem Gesamtaufkommen der Asylbewerber erreicht worden. 
Ferner hat der Polizeipräsident diesen Bereich durch interne Maß 
nahmen um 17 Mitarbeiter und einen für die Aufrechterhaltung der 
äußeren Ordnung benötigten Wachpolizisten verstärkt. Schließlich 
soll für das Asylsachgebiet ein Neubau am Friedrich-Krause-Ufer in 
unmittelbarer Nähe zur Sozialhilfestelle für Asylbewerber in 
Schnellbauweise errichtet werden. Neben den Räumen für die 
Bearbeiter sind große Warteräume zur Bewältigung des Publikums 
verkehrs vorgesehen. Das Baugelände ist inzwischen baureif; die 
Bauplanungsunterlagen sind erstellt und werden vom Senator für 
Bau- und Wohnungswesen geprüft; die Finanzierung des Objekts 
soll in dem ersten Nachtragshaushaltsplan 1982 vorgenommen 
werden. 
[Schicks (CDU): Das ist ja ausgezeichnet!] 
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All diese organisatorischen Vorkehrungen sind notwendig, echt 
helfen kann aber nur eine Änderung des Asylverfahrens. Hier erwar 
ten alle Bundesländer, vor allem Berlin, rasche Abhilfe durch den 
Bundesgesetzgeber. Der Senat hofft hierbei auf die Unterstützung 
seiner Bemühungen durch die Fraktionen dieses Hohen Hauses. 
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[Schicks (CDU): Das ist völlig richtig!] 
Meine Damen und Herren, wer politisch verfolgt wird, der soll bei 
uns Zuflucht und Heimat finden. Lassen wir es aber nicht zu, daß 
dieses fundamentale Recht durch Mißbrauch in Verruf gebracht 
wird! 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Franke: Schönen Dank! - Das Wort in der 
Besprechung hat der Abgeordnete Spüler für die SPD-Fraktion, 
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Spüler (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will ® 
die letzte Bemerkung des Herrn Senators zunächst einmal aufgrei 
fen: Es ist sicher richtig, daß eine grundsätzliche Änderung oder 
Teillösung des Problems nur dann zu erwarten ist, wenn auch der 
Zustrom von Asylbewerbern durch Änderungen der Gesetzes 
vorschriften zumindest begrenzt werden kann. Das ist sicher richtig, g 
nur enthebt es uns hier in Berlin ja doch nicht der Notwendigkeit g 
Lösungen zu finden innerhalb der Stadt; denn selbst dann, wenn j 
das Asylverfahren verkürzt werden kann aufgrund gesetzlicher 
Änderungen, l 
[Frau John (CDU); Dann kommen nicht mehr so viele!] 
sind wir hier in Berlin mit Sicherheit auch künftig mit dem Problem 
konfrontiert, zumindest vorübergehend eine größere Zahl von Asyl' 
suchenden unterzubringen. 
Ich will mich hier nicht hinstellen und behaupten, daß die voran 
gegangenen Senate da schon überall Patentrezepte und hervor 
ragende Lösungen gehabt hätten, und deswegen will ich auch 
keine Vorwürfe erheben gegenüber dem jetzigen Senat, aber ich 
glaube, es muß erlaubt sein, darauf hinzuweisen, daß die Zielset 
zung, die der Herr Senator bei seiner Politik eben beschrieben hat 
doch vielleicht noch etwas verdeutlicht werden könnte von ihm oder 
vielleicht auch korrigiert werden sollte durch dieses Haus. Ich wü 
zumindest noch einmal unterstreichen, woran uns Sozialdemokra 
ten liegt. 
Der Herr Senator hat gegen Schluß seiner Ausführungen betont 
daß die Zuständigkeit in erster Linie bei den Bezirken angesiedeltpV
	        
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