6. Sitzung vom 24. September 1981
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1 Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
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Rasch
gefundenen DIW-Gutachtens, das uns eine Grundlage gibt, bezie
hungsweise dem Bundestag eine Grundlage geben wird, das Prä
ferenzsystem und die Berlinförderung zu verändern. Und die
Rücknahme und die auf uns zukommende Strukturdiskussion
kann und wird - und das ist ja unsere Sorge - zu einer kumulativen
Irritation im Bereich der Wirtschaft führen. Und das kann nicht das
Interesse der Bundesregierung sein und kann und darf auch nicht
unser Interesse sein. Insofern haben Sie hier unsere volle Unterstüt
zung - ich habe schon gemerkt, daß meine milde Kritik auf der
Senatsbank Unruhe erzeugt hat, ich will es aber dennoch möglichst
kurz machen.
Die anderen Fragen, die hier angesprochen worden sind, über
die Grundzüge der Finanzpolitik, das was Sie als Hypothek über
nommen haben, dazu habe ich eingangs schon gesagt, jeder Senat
hätte diesen Nachtragshaushalt einbringen müssen.
Ich will mich hier noch ausdrücklich auf den Baubereich bezie
hen, weil Sie diesen Bereich in Ihrer Rede extra als Schwerpunkt
herausgestellt haben. Ich begrüße ausdrücklich die von Ihnen in
Aussicht genommenen Maßnahmen, die ja getragen sind von dem
Bemühen, die Bauwirtschaft anzukurbeln. Und die Bauwirtschaft
hat auch bereits öffentlich verdeutlicht, daß das sinnvolle Maß
nahmen sind. Ich will die fünf Maßnahmen hier nicht im einzelnen
zitieren, sie sind uns bekannt; wir werden wahrscheinlich im Haupt
ausschuß auf die eine oder andere zu sprechen kommen.
Herr Kollege Schneider, ich habe mich natürlich auch mit allen
anderen amüsiert über Ihre Bemerkungen in Sachen IBA. Hier ist
selbstverständlich Ehrlichkeit der Weg, der uns am besten zueinan
der bringt, denn die IBA ist ja ein Kind, das wir auch parlamenta
risch in einen neuen zeitlichen Rahmen hineingeschoben haben.
Denken Sie doch an den Vogel-Brunner-Senat, da gab es die erste
Korrektur, die wir gemeinsam erreicht haben. Seinerzeit hat es ja
Geburtswehen gegeben. Und der neue Senat hat nun die IBA über
nommen, er wird sie auch fortführen, und die finanziellen Mehrbela
stungen, die da entstehen, sind ein Problem, das man dem neuen
Senat nicht anlasten kann. Wobei wir gemeinsam beobachten
(sollten, welches Finanzgebaren die IBA entwickelt. Hier tut natürlich
(Gemeinsamkeit Not, damit wir stark darauf achten, daß die IBA in
jdem Rahmen bleibt, in dem wir sie sehen wollen, und daß sie nicht
ausufert und - vielleicht auch auf Anforderungen von außen - alles
■übernimmt, was in dieser Stadt geplant und gedacht werden soll.
(Dies wollen wir alle drei - oder gegebenenfalls vier - Fraktionen
fnicht. Das heißt, wir wollen, daß sie in dem Rahmen bleibt, in dem
|sie ist, und wollen sie nicht ausufern lassen. Aber hier kann ich den
neuen Senat wahrlich nicht kritisieren.
Das sind an sich die wesentlichsten Punkte des Nachtrags
haushalts, um die es geht. Über die Rückstellungen wegen der
Garski-Bürgschaft werden wir im einzelnen auch noch zu beraten
und zu klären haben, wen das nun am stärksten trifft - die Bank
■oder den Senat; auch das wird wohl vor dem Hintergrund des inzwi
schen auch öffentlich bekannt gewordenen Gutachtens im Haupt-
pausschuß zu beraten sein. Ich kann nur hoffen, daß wir hier von
Überraschungen in jeder Beziehung gefeit bleiben werden, und
darf Ihnen ankündigen, daß wir den Grundpositionen des Nach
tragshaushalts - wie könnte ich auch hier anders argumentieren -
zustimmen werden. Selbstverständlich werden wir die einzelnen
Punkte, die einzelnen Positionen im Hauptausschuß zu beraten
haben, gegebenenfalls mit notwendigen Änderungen. - Ich be
danke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich, daß wir mit so
fiel Konsens den zweiten Nachtragshaushalt in die I. Lesung
gebracht haben. - Vielen Dank!
[Beifall bei der F.D.P.
und vereinzelt bei der CDU]
I Stellv. Präsident Franke: Als nächster hat der Abgeordnete
Diepgen das Wort.
I
I Diepgen (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das
Rollenspiel ist in der Tat interessant, und tatsächlich habe ich mich
Zutiefst amüsiert über den Beitrag des Kollegen Schneider, was
keine Abwertung sein soll. Er stand hierzu erstmalig in der Rolle der
Opposition. Ich habe mich amüsiert, wie sich die Techniken
gleichen und wie man in einigen Dingen sozusagen ein Ritual zele
briert, wobei einem aber nicht passieren darf, Herr Kollege Schnei
der, daß man sich in einigen Dingen zu weit vom wirklichen Sach
verhalt entfernt, und es darf einem auch nicht passieren, daß man
beispielsweise die Feststellung trifft, eine verfehlte Finanzpolitik sei
nicht Ursache für das, was wir jetzt an Schwierigkeiten haben. Als
ob es keine Mißwirtschaft in Berlin gegeben hätte. Doch dann - das
finde ich sehr nett - haben Sie auch noch darauf hingewiesen, daß
hemmungsloses Anspruchsdenken aufgefangen werden muß und
daß Sie dem entgegentreten wollen. Ich kann mich an eine Diskus
sion im vergangenen Dezember erinnern, wo eine solche Formulie
rung von einem Vertreter Ihrer Fraktion als Unverschämtheit zurück
gewiesen worden ist, wobei die Behauptung aufgestellt worden ist:
Jede Formulierung in der Richtung, daß man Anspruchsdenken ent
gegenwirken muß, sei sozusagen der Einstieg in eine zutiefst unso
ziale Politik, die hier der damals konservativen Opposition
entgegengehalten wurde.
Herr Kollege Schneider! Ich möchte jetzt nicht das ganze Sün
denregister auflisten, aber wenn man die Frage stellt, warum wir zur
Zeit in erheblichen haushaltspolitischen Schwierigkeiten sind,
wenn wir die Frage stellen, warum plötzlich die Deckungslücke
innerhalb der mittelfristigen Finanzplanung um eine Milliarde erhöht
worden ist, warum man das jetzt plötzlich gemerkt hat, wenn man
die Frage stellt, warum wir überhaupt in Schwierigkeiten in dieser
Größenordnung bei den Berliner Dauerkosten geraten sind, dann
bleibt doch die Feststellung zu treffen, daß es die Politik insbeson
dere Ihrer Fraktion war, alle gesellschaftspolitischen Fragen dieser
Stadt, in dieser Gesellschaft mit mehr Staat zu beantworten, die
Bürokratie immer weiter auszudehnen und daß es die Politik Ihrer
Fraktion war, auch eine Reihe von Mammutprogrammen in die
Wege zu leiten. Herr Kollege Schneider! Es ist geradezu amüsant,
wenn Sie sagen, man dürfe mit einer Erhöhung der Netto-Neuver-
schuldung nun nicht diese Mißstände beispielsweise bei der Inter
nationalen Bauausstellung finanzieren. Wer hat denn diese Miß
stände bei der Internationalen Bauausstellung hinterlassen? Wer
hat denn die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Interna
tionalen Congreß-Centrum hinterlassen? Wer hat denn die Folge
kosten, die in dem Bereich viel größer sind als die Beiträge, hinter
lassen, die für ein ganzes Jahr notwendig sind, um vielen Berliner
Familien ein Erziehungsgeld zu gewähren? Wer ist denn dafür ver
antwortlich gewesen?
[Beifall bei der CDU - Unruhe]
Ihre Anmerkungen zu Garski können wirklich nur ein Lächeln her-
vorrufen. Der Finanzsenator hat klargemacht, daß zunächst einmal
in diesem Nachtragshaushait lediglich das nachvollzogen ist, not
wendigerweise nachvollzogen ist, was im Hauptausschuß be
schlossen wurde, nämlich die Bereitstellung von Mitteln für das
Bürgschaftssicherungskonto.
Vor allen Dingen möchte ich zu dem Stellung nehmen, was der
Kollege Rasch zu den Eckwerten gesagt hat, und zu dem, was
beide Sprecher der Oppositionsfraktionen zu den Fragen der Ber
linförderung und der Berlinhilfe, auch der AOK usw., dargestellt
haben. - Herr Kollege Rasch! Sicherlich ist es so, daß ein Nach
tragshaushalt in der gegenwärtigen Phase nach knapp hundert
Tagen Regierungsverantwortung des neuen Senats in vielen Daten
noch das beinhaltet, was vorgearbeitet worden ist. Aber es gibt
einen entscheidenden Unterschied, und das ist übrigens auch der
entscheidende Unterschied zum ersten Nachtragshaushalt: Hier
wird nicht der Versuch gemacht, die Schwierigkeiten einfach zu
kaschieren, hier wird nicht der Weg gewählt, durch pauschale Min
derausgaben die Schwierigkeiten nur vor sich herzuschieben. Der
erste Nachtragshaushalt war ja noch nicht einmal die Drucker
schwärze wert - auf dem Papier, auf dem er gedruckt war; dieser
erste Nachtragshaushalt kaschierte nur insgesamt die Probleme,
und jetzt haben wir die Schwierigkeiten, daß wir die zusätzlichen
Millionenbeträge zum Ausgleich des Haushalts bereitstellen
müssen.
[Beifall bei der CDU]
Es gibt einen weiteren Punkt, auf den ich auch zu dieser späten
Stunde der Diskussionen noch hinweisen möchte; der Senat
hat - und das ist hervorzuheben - trotz der schwierigen haus-
haltspolitisohen Situation sich zu den Prinzipien Sparen und Ge
stalten bekannt. Gestalten insbesondere auf dem Bausektor mit den
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