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Volume Nr. 4, 16. Juli 1981

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1981/82, 9. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
4. Sitzung vom 16. Juli 1981 
|Al 
158 
(A) 
(B) 
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zwischen gibt es vieles andere mehr, was auch ein wenig mit Über 
zeugungsarbeit zu tun hat, obwohl man hier manchmal glaubt, man 
renne gegen Wände, die nicht nachgeben. 
[Frau Kantemir (AL): Sie auch?) 
Damit möchte ich auf dieses Thema kommen, das in den letzten 
Abgeordnetenhaussitzungen immer wieder auftauchte in den Bei 
trägen der Vertreter der AL, die ja im Hinblick auf die Szene, mit der 
wir es zu tun haben, einen beachtlichen repräsentativen Charakter 
aufweist, nämlich das Thema, zu dem Herr Finger einleitend gesagt 
hat: Hier sei ein Senat angetreten, der die Strategie der Gewalt ver 
folge. 
[Dr. Jänicke (AL): Völlig richtig!] 
Gemeint ist damit nichts anderes als die Anwendung des Rech 
tes, das von deutschen Parlamenten bejaht worden ist. 
[Beifall bei der CDU] 
Dieses Rechtssystem ist für Sie jene Gewalt, mit der Sie hier An 
gehörige des Hauses oder des Senats diskreditieren wollen, weil 
Sie von vornherein sagen; Wer sich gegen diese Staatsgewalt 
wehrt, der tut letztendlich Gutes. Der wehrt sich eben nur. Er übt 
Gegengewalt aus, aber keine originäre. Ich meine, wenn wir an 
diesem Punkt, der essentiell für die Diskussion ist, mit der AL nicht 
zu einer Einigung kommen, dann wäre das sehr bedauerlich. Es ist 
aber ebenso wesentlich, daß alle anderen darüber einig sind. 
[Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der F.D.P.] 
Ich meine, Herr Finger, die Angst, von Demonstranten geschla 
gen zu werden. Ich meine aber auch die Angst der Polizisten, von 
Steinen getroffen zu werden. 
[Zuruf der Frau Abg. Schaar (AL)] 
Ich meine auch, daß vor der Angst vor Demonstranten der Rechts 
bruch durch Demonstranten gelegen hat. Befaßt man sich ernsthaft 
mit diesem Thema, und hat man den Wunsch und Willen, ein geord 
netes Gemeinwesen zu haben und zu erhalten, dann muß man 
[Sellin (AL): Unterstellung!] 
das Monopol legitimer Staatsgewalt anerkennen. Alles andere führt 
ins Chaos. 
Ich sage noch einmal: Die Legitimität dieser Gewalt mag in einer 
konkreten Situation durch Entwicklungen in der Gesellschaft oder 
auch durch fehlerhaftes Verhalten der politischen Führung in Zwei 
fel gezogen werden. 
[Sellin (AL): Ist es legitim, Menschen totzuschlagen?] 
Das muß man beseitigen. Aber dennoch muß dies ein Weg sein, 
der sich im rechtsstaatlichen Rahmen bewegt. Dieser Weg ist in 
unserem Staat geöffnet Wer ihn aber nicht beschreiten will, der 
muß sich entgegenhalten lassen, daß er bewußt eine Strategie der 
Gewalt verfolgt. Dies ist inzwischen kein Geheimnis mehr, wie es 
auch Herr Dr. Brunner bestätigte, der ein Zitat aus einer Berliner 
Zeitung, die ein hohes Maß an Sprachrohrqualität besitzt, verwen 
dete. 
Ich will ein anderes Zitat bringen, das das gleiche unterstreicht. 
Dies ist ein Zitat vom vergangenen Montag. Es ist als Anzeige so 
ganz am Rande deklariert Wer eigentlich derjenige ist, der die An 
zeige aufgegeben hat, vermag man nicht zu sagen. Aber immerhin 
ist es eine Zeitung, die genau das veröffentlicht, was Sie - die AL - 
gelegentlich gesagt haben. Hier steht: 
Wir müssen endlich lernen - dies ist dies Zitat - bewußt - be 
wußt ist fettgedruckt - gegen Gesetze zu verstoßen, die nicht 
zum Schutze von uns, sondern zum Schutz der Schweine da 
sind. 
Das ist ein wörtliches Zitat. Es kommt aus der Szene, was Sie auch 
gar nicht bestreiten werden und wollen. Damit haben wir es, meine 
Damen und Herren, alle zu tun, die wir hier sitzen und Verantwor 
tung tragen, aber auch diejenigen, die Bürger unserer Stadt sind. 
[Zuruf der Frau Abg. Schaar (AL)] 
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Es sind welche angetreten in diesem Land, die die Absichj| we 
haben, unser Rechtssystem zu zerstören, das Monopol staatliches feg 
Gewalt in Frage zu stellen und kaputt zu machen. Ich sage es noch' J-,j f 
einmal; Wer das will, will das Chaos. ;fe e 
[Beifall bei der CDU und vereinzelter Beifall bei der F.D.P.] Jsta 
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Herr Finger, Sie haben da etwas von Faschismus gesagt, daß es u-, 
andere seien, die Sie vielleicht in diese Nähe rücken wollen. Das ha;" 
eine ganze Gruppe honoriger Persönlichkeiten getan. 
[Dr. Jänicke (AL); Deswegen ist es trotzdem falsch!] 
In dem heute schon erwähnten Kommentar in der „taz“ wird auch 
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gefragt, warum wir nichts gegen Dinge tun, deren äußere Ähnlich . 
keit mit SA-Aktionen von uns in Kauf genommen wird. 
[Frau Schaar (AL): Unser Ausspruch!] 
Die äußere Ähnlichkeit mit den Aktionen aus der damaligen Ze>i | 
wird also gar nicht bestritten, sondern allenfalls die Motivation. Si||ef 
können es keinem Menschen übelnehmen, daß, wenn solche äuße Sta 
ren Ähnlichkeiten und Praktiken vorhanden sind - Praktiken der Ge ier 
walt -, man dann das Kind nennen kann, wie man will: Es ist irgend fet 
eine Variante von Faschismus, dieser oder jener. Das ist gedanklic* feei 
ein schlimmer Ansatz. Wir müssen im Gedanklichen versuchen vof fer 
anzukommen. Wenn es einige Unbelehrbare gibt, dann müssen w(|pii 
uns auf den Weg machen, jeden, der belehrbar ist, anzusprecher ist, 
Das ist die Aufgabe aller hier im Hause, und auch die Aufgabe de | 
Senats. 
Ich habe das deshalb hier ausgeführt, meine Damen und Herrerl | ( 
nicht, weil es ein abstraktes Gebäude wäre, das mildem konkrete: fee 
Anlaß der Aktuellen Stunde nichts zu tun hätte, sondern es hat seh feie 
wohl etwas damit zu tun. Auch während dieser Aktion, die ich miet ete 
geniere, Demonstration zu nennen, ist vom Veranstalter per Lau: sef 
sprecherwagen Gewalt angekündigt worden. Es ist dazu aufgefe abe 
dert worden. der 
imn 
[Rabatsch (AL): Sagen Sie es doch, wie denn und wann?] [’? 
•• |-WGI 
- Es gibt gezielte Äußerungen, die von diesem Lautsprecher gefa fe r 
len sind. Ich lese Ihnen jetzt einmal eine sehr „zurückhaltende“ verfem 
damit Sie wissen, was da gefallen ist Bar 
[Rabatsch (AL): Waren Sie denn anwesend?] 
die 
Eine der „zurückhaltenden“ Ansagen lautet, als der Lautspreche fe n 
wagen ein Haus passiert: (fei 1 
Rechts sehen Sie das Haus XY mit den herrlich großen Fer^ n< 
sterscheiben. Diese Person ist verantwortlich für das Häuf 6 ' 
- genannt wird wieder ein Objekt der Besetzung -. Werft bittT M 
keine Steine gegen dieses schöne Haus. Wenn Ihr aber wer 1 ? 65 
dann bitte nicht daneben. 
Zum Abschluß der Veranstaltung wurde durch den Veranstalte | 
selbst etwa sinngemäß ausgeführt, daß er erfreut sei, daß diese| 
Aufzug verhältnismäßig ruhig geblieben sei. Es hieß; 
Ich begrüße es nicht, daß es zu einigen Gewalttätigkeiten ge j 
kommen ist. Ich distanziere mich aber auch nicht davon. 
Insgesamt ist also die Bereitschaft zu erkennen, den Weg der Gtf P 
walt zu gehen. Äc 
Ich sage es noch einmal; Am Anfang stand nicht die GewaM 
anwendung durch Polizisten. Wir haben Zeiten gekannt - ich unf; 
vielleicht jedermann sehnt sie wieder herbei -, in denen efe L, 
Demonstration durch die Verkehrspolizei geschützt worden ist i 
ohne daß jemand mit einem Schild oder einem Knüppel oder som«e 
irgend etwas daneben hergelaufen ist. Mr, 
[Beifall bei der CDU und teilweise bei der F.D.P.] 
Demjenigen, dem dieses Demonstrationsrecht am Herzen lieja 
der darf diese Perversion des vergangenen Sonntags nicht toleng 
ren. Darum müssen wir uns überlegen, mit welchen Mitteln wirc 
gegen Vorgehen. Es ist schlimm, darüber nachdenken zu müsset 
aber dies ist in dieser Situation leider nicht zu vermeiden. 
Dies, meine Damen und Herren, ist die Bewertung, die ich i| 
einem solchen Vorgang abzugeben habe. Ich darf abschließend:^ , 
der einleitenden Bemerkung des Kollegen Schneider etwas sage'fä 
Sie haben mir einen Brief geschrieben, den ich gewiß beantwortesfen
	        
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