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Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 4. Sitzung vom 16. Juli 1981
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Sen Dr. Scholz
(A) den Schwere des Tatvorwurfs keine Gründe vorliegen, den Straf
befehl außer Vollzug zu setzen. In dieser Entscheidung hat sich das
Gericht auch mit dem angesprochenen Sachverständigengutachten
auseinandergesetzt.
Zu 2: Eine Anweisung an die Staatsanwaltschaft kommt bereits
im Hinblick auf den genannten Kammergerichtsbeschluß nicht in
Betracht.
Im übrigen versichere ich, daß den gesundheitlichen Gefährdun
gen der Untersuchungsgefangenen Schwipper im Rahmen der im
Justizvollzug bestehenden Möglichkeiten auch weiterhin nach allen
und besten Kräften Rechnung getragen wird.
[Beifall bei der CDU]
Präsident Rebsch: Das Wort hat zu einer Zusatzfrage der Ab
geordnete Schmidt.
Schmidt (AL): Herr Senator, ist Ihnen bekannt, daß Sie als Justiz
senator gegenüber der Behörde, der Staatsanwaltschaft, die Mög
lichkeit eines Weisungsrechtes haben?
Zweitens: Ist Ihnen bekannt, daß Ihr eigenes Haus - Aktenzei
chen vom 9. Juni 1981 - zu dem Gesundheitszustand von Frau
Schwipper folgende Einschätzung getroffen hat:
Die These von der Suizidgefährdung der Frau Schwipper wird
von mir geteilt. Gegen die Selbstmordtendenz, die bei der Ge
fangenen vorhanden ist, wirken im Augenblick - Stand 4. Juli
1981 -
[Boroffka (CDU): Zitate bei mündlichen Anfragen
sind unzulässig!]
zum einen die an sich positive Lebenseinstellung der Gefange
nen und zum anderen der Trotz, den vermeintlichen Gegnern
den ihnen durch subjektive Verkennung zugeschriebenen
Triumph zu gönnen. Zumindest der letzte genannte Abwehrme
chanismus wird bei weiterer Zuspitzung der Krise ausfallen.
Für diesen Fall wird die Wahrscheinlichkeit der Selbsttötung
sehr hoch.
Präsident Rebsch: Herr Kollege, Zusatzfragen müssen einfach
sein. Sie müssen eine einfache Beantwortung möglich machen. Ich
bitte, hier nicht zu zitieren.
Schmidt (AL): Aber, Herr Präsident, das war doch ein ganz ein
faches Zitat aus dem Hause des Justizsenators. - Ich frage Sie,
Herr Senator, ob Sie hier die Einschätzung Ihres eigenen Hauses
teilen?
Präsident Rebsch: Bitte, Herr Senator Scholz!
Dr. Scholz, Senator für Justiz: Nicht nur meinem Hause, sondern
auch mir ist bekannt, daß in der Person von Frau Schwipper Suizid
gefahren bestehen. Die erforderlichen Maßnahmen sind ergriffen
worden. Frau Schwipper wird beispielsweise in der Zelle während
der Nacht fünfmal beobachtet, um zu sichern, daß nichts passiert.
Präsident Rebsch: Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Kunze zu einer
Mündlichen Anfrage über
Weitergabe von rechtlich geschützten personen
bezogenen Daten von inhaftierten der Justizvoll
zugsanstalt Tegel und deren Angehörigen
Dr. Kunze (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich frage den Senat:
Ist es zutreffend, daß die JVA Tegel dem Max-Planck-Institut per
sönliche Daten von Inhaftierten und deren Angehörigen unbegrenzt
zur Verfügung gestellt hat und noch immer zur Verfügung stellt, ob
wohl diese Daten unter die datenschutzgesetzlichen Bestimmun- : -
gen fallen?
Präsident Rebsch: Bitte, Herr Dr. Scholz!
Dr. Scholz, Senator für Justiz: Herr Präsident! Meine Damer I
und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Kunze!
Zu 1; Gemäß § 166 Strafvollzugsgesetz obliegt es dem kriminolo
gischen Dienst des Justizvollzuges, in Zusammenarbeit mit den Ein- i
Lichtungen der Forschung den Vollzug, namentlich die Behänd %
lungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine I
Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen
Diesem gesetzlichen Auftrag entsprechend untersucht das Max
Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht irj
Freiburg im Auftrag und mit Förderung des Senats die Effizienz de:
sozialtherapeutischen Teilanstalt IV der Vollzugsanstalt Tegel. Urr j
dem Institut die wissenschaftliche Untersuchung zu ermöglichen
werden ihm Gefangenenpersonalakten und Bestandteile daraus, ir||
der Vergangenheit auch Bundeszentralregisterauszüge, zur wislj
senschaftlichen Auswertung zugänglich gemacht; das Aktenmale-;;
ha! enthält auch personenbezogene Angaben.
Der Senat geht davon aus, daß Bestimmungen des Berliner Da-,
tenschutzgesetzes hierdurch nicht verletzt werden. Der Senat ha. {
auch keinen Grund zu der etwaigen Befürchtung, daß Mitarbeiter irc j
Geschäftsbereich des Max-Planck-Instituts mit dem ihnen zugängjj
lieh gemachten Material unsorgsam umgehen oder daß Persönlich-)
keitsrechte von Gefangenen oder deren Angehörigen verletzt wer
den. Der Senat befindet sich zur Zeit in Gesprächen mit dem Bert
ner Datenschutzbeauftragten, um den an den Senat herangetrage
nen Fragen zur datenschutzrechtlichen Bewertung in Zusammenar!:
beit mit dem Max-Planck-Institut abschließend nachzugehen. Hier
bei zeichnet sich ab, daß auch nach Auffassung des Berliner Daten* ’,
schutzbeauftragten Bestimmungen des Berliner Datenschutzgese! |
zes nicht tangiert sind. Der Senat ist selbstverständlich bereit, der |
zuständigen Ausschuß des Abgeordnetenhauses das Ergebnis de.
datenschutzrechtlichen Prüfung - wenn sie abgeschlossen ist -1
zur Kenntnis zu geben, sofern ein entsprechender Wunsch an uns|
herangetragen wird.
Präsident Rebsch: Zusatzfragen - liegen nicht vor.
Ich rufe den Abgeordneten Simon auf zu einer Mündliche'.)
Anfrage über
bundesgesetzliche Regelung des Problems de
Fehlsubventionierung
Simon (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Idi
frage den Senat:
1. Trifft es zu, daß die Mehrheit der Bundesländer im Bundesrai
gegen das Vorhaben der Bundesregierung zur Einführung eine i
Ausgleichsabgabe bei Fehlsubventionierung gestimmt hat?
2. Welche Haltung vertritt der Senat in dieser Frage im Bundes
rat?
Präsident Rebsch: Zur Beantwortung, Herr Senator Rastert
borski!
Rastemborski, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Her|
Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Simon, jaJ
es trifft zu, daß sich die Mehrzahl der Bundesländer gegen dies-
Gesetzesvorlage gestellt hat, da man insbesondere in den Flächet f
Staaten die Auffassung vertritt, die Erhebung derartiger Fehlsubver |
tionierungsabgaben bedürfe eines unvertretbaren Verwaltungsalt 1
wands. Man hat daher andere Lösungsvorschläge zum Abba-1
dieses Problems gemacht. Der Senat befürwortet dennoch die ent
sprechende Gesetzesvorlage der Bundesregierung. Er sieht sief J
insoweit durch einen einstimmigen Beschluß des Abgeordnete'
hauses vom 9. Oktober 1980 verpflichtet, die Bestrebungen füreiml