Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
18. Sitzung vom 11. März 198; tb<
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Ra bätsch
(A) nicht mit Gruppen haben diskutieren wollen, die sich seit
Monaten oder gar Jahren auch aus der Sicht einer alterna
tiven Betrachtung dafür einsetzen, wie Gesundheitspolitik
umgestaltet werden könnte, die sich Gedanken gemacht
haben, wie sie sich an einem solchen Konzept zur Durch
führung der ambulanten Krankenversorgung beteiligen könn
ten.
Bei den Gewerkschaften ist die Diskussion gelaufen, und
innerhalb der Gewerkschaft — der ÖTV — ist ja auch eine
ganze Menge sehr Konkstruktives gesagt worden. Dazu will
ich gleich mit dem anfangen, was Sie hier in den Mittel
punkt gestellt haben, daß doch zwei Modellversuche gelau
fen sind, die vom Ergebnis her erbracht hätten, was eigent
lich für ein Bedarf vorhanden ist. Aber genau das ist nicht
erfolgt; es hat keine Bedarfsanalyse gegeben, sondern es
gab in diesen beiden Modellversuchen ausschließlich eine
Untersuchung darüber, wie hoch der Zeitaufwand für die
Grundpflege und andere Leistungen in diesem Bereich der
ambulanten Krankenpflege und -Versorgung sein sollte. Ge
rade die Bedarfsanalyse fehlt, und da kommen wir auf das
Mißverhältnis zwischen den einzelnen Fachkräften, die in
diesem Bereich arbeiten sollen, und der Bevölkerungszahl.
Es ist Ihnen von der CDU ja auch bekannt, daß die Schlüs
selzahl überhaupt nicht geeignet ist, hier eine flächendek-
kende Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Gerade Ihr
Hinweis, Herr Schicks, daß man doch mitberücksichtigen
müßte, daß im nächsten und übernächsten Jahr eine Auf
stockung der Sozialstationen vorgesehen ist — bezogen auf
das, was wir in dieser Vorlage des Senats zu beurteilen
haben, ist festzustellen, daß hier überhaupt nichts angege
ben ist, aus dem ersichtlich wäre, daß hier irgendwelche Vor
stellungen, die Sie haben, auch abgesichert sind hinsichtlich
der flächendeckenden Versorgung.
Ein weiterer Punkt, der sich auf die inhaltliche Seite be
zieht, daß die Sozialstationen nach unserer Meinung falsch
konzipiert sind, geht dahin, daß zum Beispiel die Trennung
in die Grundpflege und die Behandlungspflege hinsichtlich
des Bezahlungsprinzips ganz konkret eine pauschale Abgel-
(B) tung der Leistungen bedeutet, die gerade für alte, kranke
Leute von großer Bedeutung sind, nämlich Bereiche des Ein-
kaufens, der persönlichen, auch der psychologischen Bera
tung oder Aufmunterung, der Rücksprachen mit Ärzten, der
Fahrtzeiten und Fahrtkosten und ähnliches — das alles wird
nicht konkret bezahlt. Die Verhältnismäßigkeit gerade die
ser Bereiche der persönlichen Beratung zu dem, was medi
zinische und gesundheitliche Versorgung ist, was ein Grund-
ausdruck von Sozialstationen sein sollte, daß es sich eben
nicht nur auf die medizinische, sondern auch auf die soziale
Betreuung von alten Menschen konzentriert — gerade dieser
Kern wird, was die Finanzierung betrifft, völlig außer acht
gelassen.
Ein weiterer Punkt ist die Ausrüstung der Pflegemittel-
Depots. Sie sind völlig unzureichend, wenn man sich dieses
sogenannte flächendeckende Angebot daraufhin näher an
sieht, was da angeboten wird. Die ÖTV hat das genauer
aufgelistet, sie hat festgestellt, daß für ganz Berlin 12 Lüf
ter, 12 Krankenpflegebetten, 6 Vierfuß-Gehstöcke, 6 Nacht
stühle usw. in diesen Pflegemittel-Depots enthalten sind.
Da soll mir einmal jemand erklären, wie das eigentlich eine
flächendeckende Versorgung in diesem Bereich sein soll!
Ein Punkt, den wir ebenfalls für sehr wichtig halten, be
trifft die Trägerschaft. Frau Brinckmeier hat das schon ange
deutet, ich will es noch an einigen Punkten vertiefen. Es
sieht so aus, daß aus Ihrer weltanschaulichen Bindung
heraus natürlich die freien Wohlfahrtsverbände die Priorität
bei der Durchführung dieser häuslichen Krankenpflege er
halten sollen. Aber wie sieht denn die Realität der Arbeit
in diesen Verbänden aus? — Da haben wir einmal das per
sonalrechtliche Problem; Es ist bekannt, daß die Liga-Ver
bände nicht bereit sind, Tarifverträge abzuschließen, nach
denen die Angestellten in diesem Bereich dann arbeiten
sollen. Sie sind tarifrechtlich völlig ungesichert, sie haben
nicht den entsprechenden Urlaubsanspruch, sondern sie wer
den nach Stunden bezahlt.
[Schicks (CDU): Sie haben keine Ahnung!]
— Genau, weil ich Ahnung habe, Herr Schicks, kommt Ihr
Einwurf, weil Sie nämlich merken, daß das die Realität ist,
Rat
wie hier wirklich Sozialpolitik von seiten der Liga gemacht ühr
unc
wird und in der Praxis aussieht. Wenn Sie einmal die Mit
arbeiter der Liga-Verbände anhören würden und das ernst
nähmen, was die Leute, die sprechen dürfen, sagen, die
nicht durch den Caritas-Direktor oder den Direktor der | n .
neren Mission usw. vertreten werden, sondern die als be
troffene Mitarbeiter in diesen sozialpolitischen und gesund-|äm
heitspolitischen Bereichen vor Ort die Arbeit leisten, dam
würden Sie die Beschwerden hören und eigentlich über das uni
as,
atzt
stöhnen müssen, was dort an arbeitsrechtlichen und perso
nalrechtlichen Bedingungen beklagt wird, die tatsächlid be
himmelschreiend sind. Der weitere Punkt ist — das habe; ich
wir auch in der Ausschußberatung durch die Anhörunt >nd
bereits deutlich erfahren —: Es gibt ein konkurrierendes Ne- ine
beneinander der großen Liga-Verbände, die je nach ihre; : £
Bindung an ihre konfessionelle oder weltanschauliche Rieh
tung nicht bereit sind, zu kooperieren. Aber gerade die Ko
Operation wäre einer der zentralen Punkte, wenn es damit
geht, zu diskutieren oder zu sagen; Hier wird ein Fort
schritt erreicht. — Gerade das ist nicht der Fall. Auf meim
Frage an den Caritas-Direktor hat er geantwortet, daß sii
zum Beispiel bei der Frage einer Kooperation zwischen der
Verbänden nicht in der Lage und bereit sind, gemeinsam
Trägerschaften anzustreben. Nur allein in diesem Punkt
gemeinsame Trägerschaften zwischen Liga-Verbänden ii
der Praxis zu realisieren, sind sie schon nicht bereit; alsc auE
noch nicht einmal eine Zusammenarbeit zwischen Caritas*
Innerer Mission, Deutschem Roten Kreuz, Arbeiter-Woh!
fahrt oder wie sie alle heißen ist hier begrüßt worden, son
der der Caritas-Direktor, Herr Trampenau, hat dies abge
wiesen.
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Stellv. Präsident Franke: Gestatten Sie eine Zwischei
frage?
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Rabatsch (AL): Ja, bitte sehr!
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Stellv. Präsident Franke: Bitte sehr, Herr Abgeordnetei * ni
Schicks!
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Schicks (CDU): Herr Kollege Rabatsch, wissen Sie, dal
im Augenblick vier Liga-Verbände im Jahr weit über 2 Mil
lionen Hauspflegestunden, nicht Hauskrankenpfiegestunden * mr
sondern Hauspflegestunden abgeben und daß es gut funk lan
tioniert, ohne daß es hier gemeinsame Trägerschaften gibt als
sondern daß dies alles in der getrennten Trägerschaft de in (
einzelnen Liga-Verbände geschieht? — Wissen Sie das? ■ US!
Rabatsch (AL); Gerade, weil ich das weiß, kann ich Ihnei o en
auch darauf antworten, Herr Schicks. Diese Liste habe icl “ r
Ja auch gesehen, sie hat als Material im Ausschuß zur Ver
fügung gestanden, aber es ist gerade nicht entscheidend
daß man weiß, daß da so und so viele Stunden geleisfe
werden.
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[Schicks (CDU): Über zwei Millionen!
— So und so viele! Ihre zwei Millionen bin ich gern bereit r ^ n
zuzugestehen, darum geht es nämlich gar nicht. Ich habf
von den Bedingungen gesprochen, unter denen diese zwe
Millionen Stunden abgeleistet werden müssen, und da spre es '
che ich von den Menschen, die die Arbeit leisten, und der c "
Menschen, die die Betroffenen von dieser Arbeit sind - , rli
den alten Leuten. Wenn man da einmal nach der Zeit fragt ^9
die die Mitarbeiter in den Liga-Verbänden haben, und wir nn
diese Zeit dann auch noch in einem schlechten, unerträgü ®J
chen Verhältnis von der Tarifsituation her zu der Bezahluni Jrc '
..egt, dann weiß man, daß der Hinweis auf die zwei MilHo r
nen, Herr Schicks, gar nicht das Entscheidende ist, sondenf’ 1 -
die sozialpolitischen oder arbeitsrechtlichen Bedingungei ' n
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der Mitarbeiter und der Betroffenen.
[Beifall bei der AL]
Ein weiterer Punkt, der auch in den Anhörungen seboj ai
deutlich geworden ist: die Nacht- und Wochenendarbeit ibe
Auch hier haben weder die Verbandsvertreter noch de
Senator Fink auf meine intensiven Fragen irgend etwas an
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