Path:
Volume Nr. 18, 11. März 1982

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1981/82, 9. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
18. Sitzung vom 11. März 198; tb< 
1024 
Ra bätsch 
(A) nicht mit Gruppen haben diskutieren wollen, die sich seit 
Monaten oder gar Jahren auch aus der Sicht einer alterna 
tiven Betrachtung dafür einsetzen, wie Gesundheitspolitik 
umgestaltet werden könnte, die sich Gedanken gemacht 
haben, wie sie sich an einem solchen Konzept zur Durch 
führung der ambulanten Krankenversorgung beteiligen könn 
ten. 
Bei den Gewerkschaften ist die Diskussion gelaufen, und 
innerhalb der Gewerkschaft — der ÖTV — ist ja auch eine 
ganze Menge sehr Konkstruktives gesagt worden. Dazu will 
ich gleich mit dem anfangen, was Sie hier in den Mittel 
punkt gestellt haben, daß doch zwei Modellversuche gelau 
fen sind, die vom Ergebnis her erbracht hätten, was eigent 
lich für ein Bedarf vorhanden ist. Aber genau das ist nicht 
erfolgt; es hat keine Bedarfsanalyse gegeben, sondern es 
gab in diesen beiden Modellversuchen ausschließlich eine 
Untersuchung darüber, wie hoch der Zeitaufwand für die 
Grundpflege und andere Leistungen in diesem Bereich der 
ambulanten Krankenpflege und -Versorgung sein sollte. Ge 
rade die Bedarfsanalyse fehlt, und da kommen wir auf das 
Mißverhältnis zwischen den einzelnen Fachkräften, die in 
diesem Bereich arbeiten sollen, und der Bevölkerungszahl. 
Es ist Ihnen von der CDU ja auch bekannt, daß die Schlüs 
selzahl überhaupt nicht geeignet ist, hier eine flächendek- 
kende Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Gerade Ihr 
Hinweis, Herr Schicks, daß man doch mitberücksichtigen 
müßte, daß im nächsten und übernächsten Jahr eine Auf 
stockung der Sozialstationen vorgesehen ist — bezogen auf 
das, was wir in dieser Vorlage des Senats zu beurteilen 
haben, ist festzustellen, daß hier überhaupt nichts angege 
ben ist, aus dem ersichtlich wäre, daß hier irgendwelche Vor 
stellungen, die Sie haben, auch abgesichert sind hinsichtlich 
der flächendeckenden Versorgung. 
Ein weiterer Punkt, der sich auf die inhaltliche Seite be 
zieht, daß die Sozialstationen nach unserer Meinung falsch 
konzipiert sind, geht dahin, daß zum Beispiel die Trennung 
in die Grundpflege und die Behandlungspflege hinsichtlich 
des Bezahlungsprinzips ganz konkret eine pauschale Abgel- 
(B) tung der Leistungen bedeutet, die gerade für alte, kranke 
Leute von großer Bedeutung sind, nämlich Bereiche des Ein- 
kaufens, der persönlichen, auch der psychologischen Bera 
tung oder Aufmunterung, der Rücksprachen mit Ärzten, der 
Fahrtzeiten und Fahrtkosten und ähnliches — das alles wird 
nicht konkret bezahlt. Die Verhältnismäßigkeit gerade die 
ser Bereiche der persönlichen Beratung zu dem, was medi 
zinische und gesundheitliche Versorgung ist, was ein Grund- 
ausdruck von Sozialstationen sein sollte, daß es sich eben 
nicht nur auf die medizinische, sondern auch auf die soziale 
Betreuung von alten Menschen konzentriert — gerade dieser 
Kern wird, was die Finanzierung betrifft, völlig außer acht 
gelassen. 
Ein weiterer Punkt ist die Ausrüstung der Pflegemittel- 
Depots. Sie sind völlig unzureichend, wenn man sich dieses 
sogenannte flächendeckende Angebot daraufhin näher an 
sieht, was da angeboten wird. Die ÖTV hat das genauer 
aufgelistet, sie hat festgestellt, daß für ganz Berlin 12 Lüf 
ter, 12 Krankenpflegebetten, 6 Vierfuß-Gehstöcke, 6 Nacht 
stühle usw. in diesen Pflegemittel-Depots enthalten sind. 
Da soll mir einmal jemand erklären, wie das eigentlich eine 
flächendeckende Versorgung in diesem Bereich sein soll! 
Ein Punkt, den wir ebenfalls für sehr wichtig halten, be 
trifft die Trägerschaft. Frau Brinckmeier hat das schon ange 
deutet, ich will es noch an einigen Punkten vertiefen. Es 
sieht so aus, daß aus Ihrer weltanschaulichen Bindung 
heraus natürlich die freien Wohlfahrtsverbände die Priorität 
bei der Durchführung dieser häuslichen Krankenpflege er 
halten sollen. Aber wie sieht denn die Realität der Arbeit 
in diesen Verbänden aus? — Da haben wir einmal das per 
sonalrechtliche Problem; Es ist bekannt, daß die Liga-Ver 
bände nicht bereit sind, Tarifverträge abzuschließen, nach 
denen die Angestellten in diesem Bereich dann arbeiten 
sollen. Sie sind tarifrechtlich völlig ungesichert, sie haben 
nicht den entsprechenden Urlaubsanspruch, sondern sie wer 
den nach Stunden bezahlt. 
[Schicks (CDU): Sie haben keine Ahnung!] 
— Genau, weil ich Ahnung habe, Herr Schicks, kommt Ihr 
Einwurf, weil Sie nämlich merken, daß das die Realität ist, 
Rat 
wie hier wirklich Sozialpolitik von seiten der Liga gemacht ühr 
unc 
wird und in der Praxis aussieht. Wenn Sie einmal die Mit 
arbeiter der Liga-Verbände anhören würden und das ernst 
nähmen, was die Leute, die sprechen dürfen, sagen, die 
nicht durch den Caritas-Direktor oder den Direktor der | n . 
neren Mission usw. vertreten werden, sondern die als be 
troffene Mitarbeiter in diesen sozialpolitischen und gesund-|äm 
heitspolitischen Bereichen vor Ort die Arbeit leisten, dam 
würden Sie die Beschwerden hören und eigentlich über das uni 
as, 
atzt 
stöhnen müssen, was dort an arbeitsrechtlichen und perso 
nalrechtlichen Bedingungen beklagt wird, die tatsächlid be 
himmelschreiend sind. Der weitere Punkt ist — das habe; ich 
wir auch in der Ausschußberatung durch die Anhörunt >nd 
bereits deutlich erfahren —: Es gibt ein konkurrierendes Ne- ine 
beneinander der großen Liga-Verbände, die je nach ihre; : £ 
Bindung an ihre konfessionelle oder weltanschauliche Rieh 
tung nicht bereit sind, zu kooperieren. Aber gerade die Ko 
Operation wäre einer der zentralen Punkte, wenn es damit 
geht, zu diskutieren oder zu sagen; Hier wird ein Fort 
schritt erreicht. — Gerade das ist nicht der Fall. Auf meim 
Frage an den Caritas-Direktor hat er geantwortet, daß sii 
zum Beispiel bei der Frage einer Kooperation zwischen der 
Verbänden nicht in der Lage und bereit sind, gemeinsam 
Trägerschaften anzustreben. Nur allein in diesem Punkt 
gemeinsame Trägerschaften zwischen Liga-Verbänden ii 
der Praxis zu realisieren, sind sie schon nicht bereit; alsc auE 
noch nicht einmal eine Zusammenarbeit zwischen Caritas* 
Innerer Mission, Deutschem Roten Kreuz, Arbeiter-Woh! 
fahrt oder wie sie alle heißen ist hier begrüßt worden, son 
der der Caritas-Direktor, Herr Trampenau, hat dies abge 
wiesen. 
OWl 
S l 
rar 
er 
jr 
Stellv. Präsident Franke: Gestatten Sie eine Zwischei 
frage? 
,ns£ 
s fi 
er 
Rabatsch (AL): Ja, bitte sehr! 
ept 
org 
Stellv. Präsident Franke: Bitte sehr, Herr Abgeordnetei * ni 
Schicks! 
De 
Schicks (CDU): Herr Kollege Rabatsch, wissen Sie, dal 
im Augenblick vier Liga-Verbände im Jahr weit über 2 Mil 
lionen Hauspflegestunden, nicht Hauskrankenpfiegestunden * mr 
sondern Hauspflegestunden abgeben und daß es gut funk lan 
tioniert, ohne daß es hier gemeinsame Trägerschaften gibt als 
sondern daß dies alles in der getrennten Trägerschaft de in ( 
einzelnen Liga-Verbände geschieht? — Wissen Sie das? ■ US! 
Rabatsch (AL); Gerade, weil ich das weiß, kann ich Ihnei o en 
auch darauf antworten, Herr Schicks. Diese Liste habe icl “ r 
Ja auch gesehen, sie hat als Material im Ausschuß zur Ver 
fügung gestanden, aber es ist gerade nicht entscheidend 
daß man weiß, daß da so und so viele Stunden geleisfe 
werden. 
St 
[Schicks (CDU): Über zwei Millionen! 
— So und so viele! Ihre zwei Millionen bin ich gern bereit r ^ n 
zuzugestehen, darum geht es nämlich gar nicht. Ich habf 
von den Bedingungen gesprochen, unter denen diese zwe 
Millionen Stunden abgeleistet werden müssen, und da spre es ' 
che ich von den Menschen, die die Arbeit leisten, und der c " 
Menschen, die die Betroffenen von dieser Arbeit sind - , rli 
den alten Leuten. Wenn man da einmal nach der Zeit fragt ^9 
die die Mitarbeiter in den Liga-Verbänden haben, und wir nn 
diese Zeit dann auch noch in einem schlechten, unerträgü ®J 
chen Verhältnis von der Tarifsituation her zu der Bezahluni Jrc ' 
..egt, dann weiß man, daß der Hinweis auf die zwei MilHo r 
nen, Herr Schicks, gar nicht das Entscheidende ist, sondenf’ 1 - 
die sozialpolitischen oder arbeitsrechtlichen Bedingungei ' n 
_i — .. * i _1 „ „ d~a U J « 
der Mitarbeiter und der Betroffenen. 
[Beifall bei der AL] 
Ein weiterer Punkt, der auch in den Anhörungen seboj ai 
deutlich geworden ist: die Nacht- und Wochenendarbeit ibe 
Auch hier haben weder die Verbandsvertreter noch de 
Senator Fink auf meine intensiven Fragen irgend etwas an 
nd 
uß 
le 
lozi 
ie 
;t Z 
syc 
" c 
ter i 
rup 
E l 
S< 
Sw 
est 
ord 
ihili 
Me 
19 
leg
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.