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Volume Nr. 18, 11. März 1982

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1981/82, 9. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

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18. Sitzung vom 11. März 1982 
Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
1001 
Sen Dr. Hassemer 
die Westtangente als Autobahn geplant haben, nie als Autobahn 
senatoren i. R. bezeichnen, weil ich eine gewisse Achtung auch vor 
deren Leistung habe. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
2. Ich muß diesem Begriff entnehmen, daß Sie leider in die Tiefe 
der Planung auch des Vorgängersenats nicht eingestiegen sind. Es 
'war nie die Rede davon, auch in keiner Nuance, daß etwa eine 
:Chance besteht, die Ausgaben für die Bundesfernstraße zu verlä 
ngern auf irgendwelche anderen Ausgaben. Davon war nie die-Spur 
“einer Rede! Dazu besteht auch nicht die Chance. Ich wäre Ihnen 
[wirklich dankbar, wenn sie versuchen würden, sich da weiter zu in- 
Iformieren. 
Allerdings bin ich mit Ihnen der Auffassung, daß wir uns bemü- 
nen müssen, auch für die Finanzierung dieser die heutige Situation 
entlastenden Straße die Finanzierung des Bundes zu bekommen. 
[Gerald Lorenz (SPD): Also doch!] 
(Deswegen steht in all den Papieren, die Sie hierzu lesen werden, 
|die Führung dort in der Tat als Bundesfernstraße. Darüber gibt es 
Igar keine Frage. 
Ich bin im übrigen, Herr Meisner, Ihnen dankbar, daß ich noch 
leinmal auf die stadtplanerisch hochinteressante Entscheidung des 
jVorgängersenats eingehen kann, daß nämlich dort gesagt wurde, 
man wolle die Westtangente nicht mehr machen, aber nicht gesagt 
wurde, was man statt dessen machen würde. Herr Meisner, ich ent 
nehme dieser Fragestellung des alten Senats, daß der alte Senat 
■tatsächlich beabsichtigte, die Nord-Süd-Verbindung weiter acht- 
spurig durch das Kulturforum, sechsspurig durch den Tiergarten zu 
fführen, und zwar ebenerdig und schnurgerade, da die andere Pla 
nung nicht vorlag. Ich halte das für dieses Gebiet Stadt- und umwelt 
politisch für unerträglich, 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
;und ich halte alle die, die meinen, das auch heute noch in Ableh 
nung neuer Überlegungen vertreten zu müssen, für weder in der 
Sache mit ihren Argumenten gerechtfertigt noch insbesondere 
fauch mit den Gutachten und den ökologischen Planungen, die zu 
[diesem Gebiet bestehen, verträglich. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Präsident Rebsch: Die Fragestunde ist damit beendet. Alle 
Mündlichen Anfragen, die nicht beantwortet werden konnten, wer 
den nach der Geschäftsordnung schriftlich beantwortet. 
Ich rufe auf 
lfd. Nr. 1 a: 
Aktuelle Stunde zum Thema „Haltung des Innensena 
tors zur Betätigung rechtsextremistischer Parteien in 
Berlin“ 
Das Wort von der antragstellenden Fraktion der SPD hat der Ab 
geordnete Dr. Vogel. 
Dr. Vogel (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen 
:jund Herren! Nach Pressemitteilungen hat Herr Lummer am Montag 
Vor acht Tagen in einer Veranstaltung der Christlich-Demokra- 
lischen Arbeitnehmerschaft bedauert, daß sich die NPD in West 
perlin nicht ungehindert entfalten könne. 
| [Landowsky (CDU): Das ist falsch!] 
lach seiner eigenen Darstellung hat er wörtlich erklärt: 
Ich bedauere, daß in der Frage extremer Parteien in Berlin mit 
zweierlei Maß gemessen wird. Auf der einen Seite haben wir 
eine zugelassene linksextreme Partei, auf der anderen Seite 
eine verbotene rechtsextreme Partei. 
;Über diese Äußerung könnte man hinweggehen, wenn sie irgend je 
mand am Stammtisch gemacht hätte. Aber diese Äußerung stammt 
picht von irgend jemand, sie stammt von einem Mann, dem die 
Mehrheit dieses Hauses auf Ihren Vorschlag, Herr Regierender 
Bürgermeister, herausgehobene politische Verantwortung übertra 
gen hat, sie stammt vom Innensenator und Bürgermeister Berlins, 
also vom zweiten Mann der Stadt, und das gibt der Sache die poli 
tische Dimension. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Diese Äußerung, meine Damen und Herren, ist auch nicht eine 
einmalige Entgleisung. Sie wiederholt nur, was Herr Lummer schon 
bei früheren Gelegenheiten jeweils vor Berliner Wahlen gesagt, 
nein, nicht gesagt, in Schreiben der NPD ausdrücklich mitgeteilt 
hat, so schon im Jahre 1974 in einem Schreiben an ein Landesvor 
standsmitglied der NPD und so wieder im Jahre 1979 mit dem 
Wortlaut: 
ln Berlin wird mit zweierlei Maß gemessen. Die linken Parteien 
- Mehrzahl! - 
sind zugelassen und haben einen vollen Handlungsspielraum. 
Auf der rechten Seite sieht es anders aus. Leider sind die Al 
liierten bisher nicht zu bewegen gewesen, diesen Sachverhalt 
zu verändern. Darüber hinaus ist aber auch der Berliner Senat 
- der damalige - 
nicht bereit, im Sinne einer rechtlichen Gleichbehandlung tätig 
zu werden. 
Herr Lummer, was haben Sie 1981 an die NPD geschrieben? 
Stehen Sie möglicherweise im Wort? Und was soll mit diesen 
Äußerungen eigentlich gesagt werden? 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Jetzt tun Sie so, als ob Sie damit auf ein Verbot der SEW abzielen. 
- Aber das ist doch wohl nicht Ihr Ernst! Herr Lummer weiß doch 
ganz genau, daß der Status Berlins ein solches Verbot überhaupt 
nicht zuläßt! Außerdem; Im Bundesgebiet beantragen noch nicht 
einmal CSU- und CDU-Landesregierungen das Verbot der DKP, ob 
wohl dies im Bundesrat möglich wäre, und Sie sinnen das den 
Alliierten hier in Berlin an! Diese Ausflucht ist zu billig! 
Wenn Worte einen Sinn machen - und Sie korrespondieren ja 
mit der NPD darüber -, dann bedeutet Ihre Äußerung, daß Sie die 
Beschränkungen für die NPD in Berlin bedauern, daß sie keinen 
vollen Handlungsspielraum hat, wie Sie sagen. Und Sie bedauern, 
daß der Senat nicht im Sinne der Herstellung des vollen Hand 
lungsspielraums tätig geworden ist Frage: Wird denn der neue 
Senat in diesem Sinne tätig? Herr Regierender Bürgermeister, grei 
fen Sie die Anregung Ihres Bürgermeisters, den Handlungsspiel 
raum erweitern zu lassen, auf? - Ich sage: Solche Gedankengänge, 
solche Äußerungen aus dem Munde des zweiten Bürgermeisters 
sind schlechthin unerträglich! 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Die Nähe zum Nationalsozialismus ist der NPD mehrfach von Ge 
richten bestätigt worden. Im Umfeld der NPD wird die Parole von 
der Auschwitzlüge gepflegt, dort wird der Ausländerhaß geschürt, 
dort macht sich neuer Antisemitismus breit, und der Innensenator 
bedauert, daß eine solche politische Kraft keinen vollen Handlungs 
spielraum hat! 
[Diepgen (CDU): Sie sollten die Akten besser lesen, 
Herr Dr. Vogel!] 
Alle verantwortungsbewußten Kräfte der Stadt sind darüber be 
sorgt, daß sich in Berlin neonazistische Trends und Tendenzen von 
neuem zeigen. Wir sind bestürzt, alle miteinander ohne Ausnahme, 
daß auf ein israelisches Lokal ein Mordanschlag verübt worden ist. 
Wir überlegen, wie wir dem entgegentreten können, quer durch alle 
politischen Parteien überlegen wir das. Wir nehmen an Schweige 
märschen teil, und der Innensenator bedauert, daß der Handlungs 
spielraum für diese Partei nicht größer und nicht weiter ist. 
[Beifall bei der SPD und der AL - 
Widerspruch bei der CDU] 
Das ist eine Zumutung. Herr Senator, Sie haben der Versuchung 
nicht widerstanden, etwas zu sagen, was Sie für beifallträchtig hiel 
ten, und daß Sie es jeweils vor Wahlen sagen, läßt die Frage zuläs- 
(C) 
(D)
	        
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