17. Sitzung vom 25. Februar 1982
^ jgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
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rau Kantemir
b haben Ihre vorgefaßte Meinung und die Abstimmung ist ohne
vorprogrammiert. Danke, Herr Wohlrabe, daß Sie mir zustim-
n. Sie sehen das also auch so, nicht wahr? Dann frage ich mich
t er erdings, wozu wir hier im Parlament überhaupt noch reden, ganz
dich.
[Zurufe aus den Fraktionen - Heiterkeit]
;Es ist doch folgendermaßen: Sie haben das Arbeitsverbot für
ylbewerber eingeführt; das ist ein übergeordnetes Arbeitsverbot.
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e Leute sind also nicht in der Lage, für ihren Lebensunterhalt
Ibst zu sorgen. Wenn sie dies könnten, würde ja auch die Bela-
jng der öffentlichen Hand wegfallen. Ich verstehe nicht, daß Sie
ie rseits das Arbeitsverbot einführen, dann aber wiederum
jthals die Belastungen durch die Sozialhilfe beklagen. Darin sehe
i keine Logik. Dann geben Sie den Leuten doch die Möglichkeit
arbeiten, damit sie selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen
innen. Das wäre doch wohl günstiger für die Finanzlage Berlins.
Boehm (CDU); Damit wir noch mehr Arbeitslose bekommen!]
Da haben wir durchaus nicht mehr Arbeitslose: gerade die Asyl-
*de ;werber werden nämlich genau an solchen Arbeitsplätzen er-
*9a jheinen, um die sich Deutsche ganz bestimmt nicht reißen, bei-
sielsweise im Gaststättengewerbe; die haben ja meist auch vorher
earbeitet und zu 70 % ihren Lebensunterhalt bestritten. Ich sehe je-
nfalls keinen Sinn in diesem Arbeitsverbot. Das ist eine Entmün-
ung der Menschen, die sitzen in ihren Heimen, haben den
nzen Tag nichts zu tun, und werden auch psychisch krank, das
sht ja auch deutschen Arbeitslosen so,
[Diverse Zurufe von und zwischen den Fraktionen]
un ! Es tut mir leid, ich kann Sie nicht verstehen, ich sehe nur Ihre
’jw lundbewegungen.
Es ist unbestritten - und das bestreite auch ich nicht -, daß jeder
j'h'jJBerliner sein Scherflein zum Lebensunterhalt der Asylbewerber bei-
, r ägt. Aber dieser Hinweis ist eben auch schon eine Verschärfung
lt j e J , ler Ausländerfeindlichkeit, die kommt eben da her. Und Sie verse
hen jetzt erneut, die Leute gegen die deutschen Arbeitnehmer aus-
wspielen, denn wenn sie nämlich bei den BSR nachher für 1,25 DM
iro Stunde arbeiten, dann können doch deutsche Arbeitnehmer
(eine Tarifforderungen mehr stellen, denn dann heißt es ja: Ihr habt
joch Leute, die für 1,25 DM arbeiten! Was wollt Ihr eigentlich noch
Si e nehr Geld fordern? -
e i* [Beifall bei der (AL)]
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doc! bh sehe da auch eine Gefahr für die deutschen Arbeitnehmer; das
ist nämlich eine ganz gefährliche Konkurrenz.
Ich möchte Ihnen sagen, gegen eine sinnvolle Beschäftigung der
Asylbewerber haben wir ganz bestimmt nichts einzuwenden; ich
bin sogar der Meinung, daß man die Leute beschäftigen müßte, und
zwar unbedingt damit sie auch einen Sinn in ihrem Leben sehen,
damit sie selbst bestimmen können, was sie in der Zeit des Wartens
auf die Entscheidung über ihren Asylantrag sinnvoll machen könn-
l un älten. Aber wenn sie beschäftigt werden, dann, bitte schön, nach ge
rechten Maßstäben, dann bezahlen Sie die Leute, damit es einen
| finanziellen Anreiz gibt. Sie sollen ihnen ja keine horrenden Löhne
® zahlen, aber sie doch wenigstens menschenwürdig entlohnen. Und
* ® Öas können Sie nicht leugnen, daß das die Menschenwürde wirk
lich verletzt wenn Sie die Leute für Pfennige die Granulatbeseiti
gung erledigen lassen wollen, abgesehen davon, daß die BSR
selbst gesagt haben, daß es gesundheitsschädigend und eine sehr
junangenehme Arbeit sei.
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[Zuruf von der CDU: Aber die Deutschen
dürfen das machen, was?]
Dann möchte ich Ihnen zum Schluß noch sagen: Wenn wir nicht
mehr bereit sind, das Asylrecht nach Artikel 16 GG mit all seinen In
ehai [halten zu gewähren, mit all den Inhalten, die die Väter des Grund-
inge- jgesetzes damals sicher gemeint hatten, als sie dieses Grundrecht
'schufen, dann sollten wir doch endlich ehrlich sein in der Bundes
republik Deutschland, dann sollten wir die Grenzen dicht machen
'und sagen, daß wir keine Asylbewerber mehr aufnehmen. Das wäre
ehrlich gegenüber den Asylbewerbern, das wäre ehrlich gegen die
deutsche Bevölkerung, dann bräuchten Sie nicht mehr zu heucheln
und dann würde die Bundesrepublik im Ausland zwar ein bißchen
an Ansehen verlieren, aber wir hätten wenigstens ein bißchen Ehr
lichkeit gewonnen.
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Franke: Das Wort in der Beratung hat der
Abgeordnete Schneider.
Schneider (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit
meinem etwas altmodischen Parlamentsverständnis bin ich der
Auffassung, daß solche nächtlichen Veranstaltungen grundsätzlich
dem Ansehen des Parlaments nur schaden.
[Beifall bei der SPD und der CDU]
Es ist unmöglich, in welcher Atmosphäre auch immer, um diese Zeit
wichtige Probleme mit dem angemessenen Ernst zu diskutieren. Ich
beantrage deshalb gleich die Überweisung dieses Antrages an den
Ausschuß für Familie, Gesundheit und Soziales. Dort wird Gelegen
heit sein, das Problem der Beschäftigung von Sozialhilfeempfän
gern aller Nationalitäten, Deutscher wie Ausländer, ausgiebig zu
diskutieren. Dort wird dann auch meine Fraktion Gelegenheit
haben, darzustellen, daß etwa die Ausschöpfung aller rechtlichen
Mittel nicht Zwangsarbeit im vorbelasteten Sinne dieses Wortes be
deutet
[Beifall bei der SPD und der CDU]
Stellv. Präsident Franke: Das Wort hat der Abgeordnete
Schicks.
Schicks (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
schließe mich den Worten des Kollegen Schneider an. Wir bitten
auch um sofortige Überweisung an den Ausschuß für Gesundheit
Soziales und Familie. So wie der Antrag hier gestellt ist, ist er für
uns nicht abstimmungsfähig. Er würde von uns abgelehnt werden
müssen.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Franke: Nächster Redner ist der Abgeord
nete Baetge.
Baetge (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
bin auch gegen Nachtkabaretts und gegen Dramatik um halb zwei
Uhr früh. Ich meine aber, ein Wort muß hier zu der Formulierung
„Zwangsarbeit“ gesagt werden. Gerade in diesem Lande sollte man
mit einer solchen Formulierung außerordentlich vorsichtig um
gehen,
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
denn wir hatten in diesem Lande leider einmal Zwangsarbeit. Liebe
Frau Kantemir, wenn ich hier lese, „eine unerhörte Ausbeutung“,
dann muß ich Ihnen sagen, da haben Sie wohl wieder mal den Karl
Marx mit ins Bett genommen und er ist durchgeschlagen. Irgendwie
muß doch alles in eine vernünftige Relation gebracht werden. Ich
will das hier gar nicht lang machen, aber ich sage Ihnen eines: Als
ich 1952 von Ost-Berlin nach West-Berlin kam - es war gerade
Winter -, da mußte ich Schnee fegen, dafür habe ich pro Tag 10 DM
bekommen. Heute werden den Leuten für 40 Stunden sogar 50 DM
angerechnet. Dies halte ich für eine Möglichkeit, sich etwas dazuzu
verdienen. Ich bin auch - wie mein Vorredner - der Auffassung, daß
dieser Antrag so jedenfalls nicht abstimmungsreif ist. Er sollte in
den Ausschuß überwiesen werden, wir können dort darüber weiter
diskutieren.
Stellv. Präsident Franke: Gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Abgeordneten Sellin?
Baetge (F.D.P.): Einen Augenblick, bitte, ich will bloß den Satz zu
Ende führen, und dann kommt die Zwischenfrage. Im übrigen
stimme ich der Feststellung von Herrn Senator Fink zu, Freiwilligkeit
geht vor Verpflichtung, und dabei sollten wir auch bleiben.
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