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Volume Nr. 20, 31. Januar 1980

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1980/81, 8. Wahlperiode, Band II, 1980/1981, 19.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode 
20. Sitzung vom 31. Januar 1980 
834 
Dr. Wruck 
Ich glaube, daß in der Tat, wenn man im Bereich der Hoch 
schulen den Vorwurf hört, die Pädagogische Hochschule werde 
vom Senator für Wissenschaft und Forschung als eine frei ver 
fügbare Verschiebemasse zwischen den drei Hochschulen ge 
nutzt, an diesem Vorwurf etwas Wahres dran ist. 
Präsident Lorenz: Gestatten Sie eine Zwischenfrage? 
Dr. Wruck (CDU): Ja, bitte! 
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Dr. Dittberner! 
Dr. Dittberner (F.D.P.): Herr Wruck! Angesichts der für mich 
neuen Hochachtung, die die CDU bzw. Sie als Sprecher der 
CDU Fachbereichsbeschlüssen entgegenbringen, 
< Dr. Wruck (CDU): Für die akademische Selbstverwaltung 
in den Fachbereichen! > 
frage ich Sie: Sind Sie mittlerweile auch der Auffassung, daß man 
solche Beschlüsse, wie sie seinerzeit vom Fachbereich 11 der 
Freien Universität verabschiedet worden sind mit dem Brief an 
Honecker, noch unter das Kapitel „akademische Selbstverwal 
tung“ subsumieren sollte? 
Dr. Wruck (CDU): Es gibt sicherlich kein politisches Mandat, 
ich glaube, Herr Dittberner, darüber brauchen wir nicht zu 
sprechen! Es geht natürlich nur um Selbstverwaltungsangelegen 
heiten der Freien Universität. 
< Frau Dr. Besser (CDU); Schuß in den Ofen! - 
Beifall bei der CDU > 
Wie sich ein Fachbereich tatsächlich im Laufe der Zeit ent 
wickelt, ist eine Frage, die natürlich auch dieser spezielle Fach 
bereich beantworten muß, wozu er zumindest gehört, angehört 
werden muß. Aber, das ist nicht geschehen! 
Und ähnliche Vorwürfe müssen zum Bereich der Prüfungs 
ordnung noch hinzugefügt werden, der fehlenden Prüfungsord 
nung. Ist Ihnen bekannt, Herr Senator, daß wissenschaftliche 
Hochschulen nicht gezwungen werden können, Studienzeiten 
anderer Hochschulen anzuerkennen, wenn sie der Sache nach 
nicht gleichwertig sind? — Auch mit dieser Frage müssen Sie sich 
befassen und zu einer Lösung kommen. 
Die Maßnahmen des Berliner Senats zur Zwangseingliederung 
der PH passen sich ein in die anfechtbare hochschulpolitische 
Gesamtkonzeption des Senats. Die vom Senat gewünschte Zen 
tralisierung des Hochschulwesens, die ja in der Verschmelzung 
liegt, führt zur sogenannten Massenhochschule. Dies bedeutet 
ein Mehr an Anonymität, ein Mehr an Isolierung - ein Mehr an 
Vereinsamung gerade junger Menschen. Hingegen bedeutet ein 
kleinerer überschaubarer Bereich mehr Individualität, das heißt 
auch mehr Toleranz und mehr Selbsfverantwortung. Hochschul- 
polifische Zentralisierung heißt Einebnen und Zerstören der Viel 
falt, insoweit also Intoleranz, ein Weniger an Transparenz für den 
einzelnen, ein Weniger an Selbstverwaltung. Denn auch die 
Selbstverwaltung erfordert ja gerade das Bestehen kleinerer Ein 
heiten. Die hochschulpolitische Forderung muß deshalb lauten: 
Mehr Dezentralisierung und nicht mehr Zentralisierung. 
< Beifall bei der CDU > 
Denn die Massenuniversität führt, und das wissen wir alle, auch 
zur Massenbürokratie. Der einzelne geht unter in dem anonymen 
Apparat der Bürokratie, er ist nur noch ein Rädchen in der 
Universitätsmaschine. Bürokratie kann so zum Feind der Freiheit 
werden. 
< Hitzigrafh (SPD): Zur Sache! > 
So gesehen ist es nicht verwunderlich, daß gerade in totalitären 
Systemen die Bürokratie am stärksten ist. Deshalb: Die Schaffung 
unübersehbarer Massengebilde, die Zerstörung gewachsener 
kollegialer Selbstverwaltungseinheiten darf nicht zum Motiv 
hochschulpolitischen Handelns werden. 
< Beifall bei der CDU > 
Präsident Lorenz: Das Wort hat Herr Senator Dr. Glotz! 
Dr. Glotz, Senator für Wissenschaft und Forschung: Herr 
Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke 
mich herzlich für diese sachliche Debatte eines schwierigen 
Problems. Lassen Sie mich noch folgende kurze Schluß 
bemerkung machen. 
Erstens; Ich bedanke mich nachdrücklich für die Feststellungen 
mehrerer Sprecher der Opposition, die völlig klargestellt haben, 
daß Sie für eine Verbesserung der Lehrerbildung genauso wie die 
Koalitionsfraktionen eintreten. Ich will das überhaupt nicht in 
Frage stellen, und ich akzeptiere auch, daß man unterschiedliche 
Wege dazu gehen kann. Ich will nur auf eines hinweisen: Ein 
Argument war, daß, wenn Sie diese Verbesserung wollen, Sie 
statt des Weges der Verteilung der Institution PH auf drei Hoch 
schulen zwei andere Wege gehen könnten. Der eine, eine Ein 
gliederung nur in eine der Universitäten. Das wäre durchaus eine 
mögliche Alternative gewesen. Das räume ich ein. Sie müssen 
aber sehen, daß natürlich der Widerstand, sagen wir der Tech 
nischen Universität, wenn sie die ganze Lehrerbildung nur in die 
Technische Universität gebracht hätten, daß dieser Widerstand 
sehr viel größer gewesen wäre, als er es jetzt bei einer geringeren 
Zahl von Einzugl.edernden ist. Und der andere Weg wäre gewesen, 
Aufwertung der PH zu einer pädagogischen Universität. Worauf 
ich noch mal hinweisen will, ist, 
< Frau Dr. Besser (CDU): Noch mal! > 
denn aut dieses Argument sind Sie nicht eingegangen, daß diese 
Aufwertung zu einer pädagogischen Universität fachwissenschaft 
liche Einheiten auf Universitätsniveau in der Pädagogischen 
Hochschule verlangt hätte. Und ich sage noch mal, dies wäre 
teurer gewesen als die jetzige Lösung. 
Zweitens: Lassen Sie mich zu den Kostenrechnungen, die Herr 
Heyden hier als Naturwissenschaftler mit mathematischer Vor 
bildung in großer Brillanz vorgeführt hat, folgendes sagen. Völlig 
klar, wir haben unterschiedliche Berechnungsmodi 
< Dr. Heyden (CDU): Aha! > 
gewählt. Ich will nicht sagen, daß der Modus, den Sie gewählt 
haben und den Sie von meinem Papier abgenommen haben, 
grundsätzlich nicht gewählt werden kann. Nur, Herr Kollege 
Heyden, im Hauptausschuß bin ich nach der Landeshaushalts 
ordnung gehalten, bei Notermächtigungen mit Zehnjahreszeit 
räumen zu rechnen. Heute habe ich Ihnen hier mal Kosten für ein 
Jahr dargelegf. Also, bitte, sagen Sie nicht, wir wollten damit 
irgend etwas verschleiern. Es sind unterschiedliche Berech 
nungsmodelle, und beide sind möglich. 
< Dr. Heyden (CDU); Gut, daß Sie’s sagen! > 
Wenn ich 238 Millionen DM ausgerechnet hätte, lieber Herr 
Kollege, würde ich es für unwahrscheinlich halten, daß Sie mir 
nur 160 Millionen DM entgegenhalten. Also, wie Sie auf den 
Unterschied 238 : 160 Millionen kommen, ist mir nicht ganz klar. 
< Dr. Heyden (CDU); Sie fordern mich heraus! > 
Lassen Sie mich nur zu ein paar Einzelheiten etwas sagen: Also 
die Bereichsbibliothek ist völlig eindeutig mit 19,8 Millionen DM 
in dieser Investitionssumme enthalten, die ich hier genannt habe. 
Hier irren Sie sich also! Nur, damit überhaupt nicht der Ver 
dacht entsteht, der Senat wolle hier irgendwelche Kosten nicht 
aufdecken. Wir werden ja in der Tat zum 1. April im Haupt 
ausschuß das Ganze im einzelnen aufgrund einer Vorlage 
debattieren. Ich weise Sie nur noch darauf hin, Herr Kollege 
Heyden, für weitere gemeinsame Rechenexempel, die wir machen 
müssen, daß man natürlich auch noch berechnen könnte, wie bei 
laufenden Baumaßnahmen, die also noch unabhängig von der 
PH-Integration geplant worden sind, wenn dort PH-Anteile unter 
gebracht werden, ein Anteil dieser Kosten — sozusagen — um 
gelegt werden könnte. Ich nenne als Beispiel den Neubau für die 
Physik, wo ein gewisser Anteil der Didaktiker, der natur 
wissenschaftlichen Didaktiker, untergebracht wird. Auch dies 
wären dann Rechnungen, die wir noch den Investitionskosten in 
der Höhe von 48 Millionen DM, die ich genannt habe, hinzufügen 
müßten. Dies sage ich nur, um der Haushaltsklarheit willen. Daß
	        
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