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Volume Nr. 40, 27. November 1980

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1980/81, 8. Wahlperiode, Band II, 1980/1981, 19.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 8- Wahlperiode 
40. Sitzung vom 27. November 1980 
1704 
Lorenz, Gerald 
(A) haben Sie doch aber wohl nicht gemeint; also lassen Sie dann 
doch auch den Finanzsenator aus der Sache heraus. 
Was übrigens Ihre Haltung zur Frage der Konkretisierung des 
Artikels 14 Abs. 2 GG betrifft, da ist es ja im Bundestag häufig 
ganz anders gewesen, als Sie dies heute darstellen wollen. Bei 
der letzten Novellierung des Bundesbaugesetzes haben Sie es 
fertiggebracht, daß Verbesserungen in Ausfüllung des Artikels 14 
Abs. 2 - ich denke nur an den Planungswertausgleich - nicht 
zustande gekommen sind. 
Meine Damen und Herren von der CDU, wir werden Sie wieder 
an Ihre heutigen Aussagen erinnern, wenn wir Ihre Unterstützung 
in Anspruch nehmen müssen, wenn es nämlich darum geht, 
Konflikte nicht nach der Methode zu lösen, „Gewinne privati 
sieren, Verluste zahlt der Staat“. - Schönen Dank! 
[Beifall bei der SPD] 
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Vetter. 
Vetter (F.D.P.); Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich 
meine, es ist schon ein wesentlicher Fortschritt, daß heute sowohl 
hier im Hause wie überhaupt in der Stadt Übereinstimmung 
besteht, daß Stadterhaltung nicht mehr eine Form der Nostalgie 
und daß Stadtbildpflege nicht nur eine Form der optischen 
Kosmetik ist. Für meine Begriffe ist Stadterhaltung eine Frage der 
Kontinuität im örtlichen Bereich, also ein Problem der Beziehung 
zur örtlichen Vergangenheit. Vielleicht, meine Damen und Herren, 
liegt der Schlüssel des Problems, daß man sich in unserem Land 
und unserer Stadt gerade in Fragen der Stadterhaltung so 
schwergetan hat, denn gerade die Beziehung zu der Vergangen 
heit war eben im Bewußtsein nach 1945 verständlicherweise 
weitgehend unterdrückt worden; und es war nicht nur die 
Beziehung zu den letzten zwölf Jahren, sondern oft auch zu der 
Zeit der letzten 50 oder 60 Jahre, die viele Leute am Beginn einer 
• gj Neugestaltung vergessen wollten. Deshalb - und hierin liegt 
‘ eines der Probleme - hat bei uns das Bewußtsein erst zu einem 
Zeitpunkt eingesetzt, zu dem dies alles in anderen Ländern längst 
eine Selbstverständlichkeit war. Ich führe dies hier so etwas 
zurückgehend aus, weil ich glaube, daß gerade dieses Projekt ein 
Musterbeispiel dafür ist, wie schwer diese Politik durchzuhalten 
ist und welcher größeren finanziellen Aufwendungen es bedarf, 
wenn derZahn derZeit bereits so viel zernagt hat, daß es fraglich 
ist, ob etwas erhalten werden kann oder ob von Grund auf 
erneuert werden muß. 
Alle drei Fraktionen haben im Bauausschuß deutlich gemacht, 
daß sie dieses Ensemble als erhaltenswert ansehen und eine 
Lösung möchten, nach der nicht auch noch die letzten der 
einzelnen Objekte verlorengehen. Und das ist auch eines unserer 
Probleme, daß wir nicht mehr ganze Straßen, ganze geschlos 
sene Gegenden haben, auf deren Erhaltung wir Wert legen 
müssen, sondern daß es sich eben sehr oft auf Einzelobjekte und 
einzelne Ensembles konzentrieren muß. Hier haben wir nun ein 
Musterbeispiel eines solchen Ensembles, das für diese Stadt, 
eben als erhaltenswert gilt. 
Meine Damen und Herren, ich sage ganz ehrlich, als Parla 
mentarier interessieren mich weniger die technischen Einzel 
heiten, wie die Verwaltung dies nun zu gestalten hat, der poli 
tische Wille der drei Fraktionen ist hier ganz eindeutig bekundet 
worden, und jetzt muß ein Weg gefunden werden, dies umzu 
setzen. Eines sage ich dazu aber auch ganz deutlich: Er darf 
nicht n u r zu Lasten der öffentlichen Hand gehen. Ich gehe 
noch weiter als der Senator und der Kollege Lorenz, die hier 
über die Verpflichtung der Eigentümer aus dem Grundgesetz 
gesprochen haben. Ich sage sogar, daß ein Konzern als Eigen 
tümerin, der einen wesentlichen Teil seiner Existenzgrundlage in 
dieser Stadt findet, der zu einem wesentlichen Teil vom Konsum 
der Bevölkerung dieser Stadt lebt, auch die Verpflichtung zu 
einem gewissen Mäzenatentum hat 
[Beifall] 
und daß man ihn geradezu auffordern muß, ein solches Projekt 
nicht allein unter ökonomischen Gesichtspunkten zu sehen, 
sondern auch etwas für diese Stadt zu tun. Ich möchte diese 
Gelegenheit nutzen, an die Eigentümer zu appellieren, die Ange 
legenheit auch einmal unter diesem Aspekt zu betrachten. Der 
Wille dieser Stadt, dieses Parlaments ist, dieses Ensemble zu 
erhalten - und der Auftrag an den Senat ist, entsprechend zu 
wirken. - Schönen Dank! 
[Beifall] 
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Simon. 
Simon (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Wenn Beifall ein Kriterium ist, dann ist die Wertung über diese 
Reden hier schon klar. Der Bausenator Ristock ging runter, und 
die eigene Fraktion hat es kaum gemerkt; erst auf unsere Zurufe 
fanden sind ein paar Müde, die dann noch klatschten. Der Kollege 
Lorenz ist ebenso bedacht worden. Die Debattenlage ist also 
relativ deutlich. 
Herr Senator Ristock, Sie haben hier vorhin zwar sehr lange 
geredet, aber, lassen Sie mich das ganz deutlich sagen, wenn Sie 
kürzer, aber dafür präziser gewesen wären, dann hätten Sie mehr 
getan. 
[Beifall bei der CDU] 
Sie haben hier eine große Vorlesung gehalten über den Denkmal 
schutz; darüber gibt es doch aber gar keinen Dissens hier im 
Hause. Sie haben versucht, so ein bißchen zu „türken“ und ab 
zulenken von dem eigentlichen Problem. Dies ist ja aber auch gar 
nicht verwunderlich. Wenn Sie dort vor Ort sind, dann wird 
versprochen, versprochen, versprochen. Aber es passiert nichts. 
Wie ist denn die Realität, meine Damen und Herren? - Da gibt 
es drei Häuser in der Fasanenstraße: Haus Nummer 23 - da war 
man sich politisch einig - wollte man unter Denkmalschutz stel 
len; bei Nummer 24 sah das bei Ihnen ganz anders aus, der 
Finanzsenator will das ja bis heute nicht; bei Nummer 25 haben 
wir mühsam im Bauausschuß mit dafür gesorgt, daß das gelaufen 
ist. Und was passiert dort bei diesem Haus? - Das wird nun 
sozusagen „auf kaltem Wege“ erledigt, ich sage mal „Methode 
Mendelsohn-Bau“, Sie haben diesen Begriff ja vorhin selbst hier 
eingeführt. Dieses Haus läßt man vergammeln, man macht nichts, 
man sieht nur zu. Es gibt da ein paar Aktenvermerke in der 
Verwaltung, aber es passiert überhaupt nichts. Das Problem wird 
eben auf diesem Wege erledigt. Man erklärt das Haus schlicht 
zum Denkmal, damit hat man es sich an den Hut gesteckt, und 
dann guckt man weg, obwohl man eigentlich ein rechtliches 
Instrumentarium hätte, wie zum Beispiel § 110 der Bauordnung. 
Sie haben uns ja selbst den Aktenvermerk des Landes 
konservators im Bauausschuß gegeben, und da steht doch 
schwarz auf weiß: „Es ist zur Zeit nicht erkennbar, daß der 
Eigentümer gewillt ist, auch nur die geringste Unterhal 
tungsmaßnahme durchzuführen. Es wurden nur in sehr spon 
tanen Aktionen sogenannte Diebstahlsicherungen in Nummer 25 
vorgenommen“. Es steht etwas darüber drin, daß das Haus 
Nummer 25 zerfällt und daß nichts unternommen wird. 
Das alles ist passiert, und nichts ist von Ihrer Seite aus 
geschehen. Und dann treten Sie hier vor und halten eine große 
Rede über den Denkmalschutz! Dies ist im Grunde genau die 
Methode, die auch an anderer Stelle angewandt worden ist. Ich 
erinnere nur mal an Groterjan. Da hat man auch geredet, geredet, 
geredet, bis clevere Leute in der Stadt das mitbekommen haben, 
mit ganzen Kolonnen angetreten sind, ausgebaut und das Haus 
im Grunde „fertiggemacht“ haben. Hier passiert nun etwas Ähn 
liches. Man schaut zu, man greift nicht ein, obwohl man sich in den 
letzten Jahren eine Fülle von Instrumenten geschaffen hat, die 
man anwenden könnte. 
[Beifall bei der CDU] 
Dieses ist auch eine Erledigung der Dinge, eine praktische mög 
licherweise, aber dann, sollte man konsequent sein und gleich 
sagen, daß man es so nicht will. 
Ich sage hier: Wir haben als CDU im Bauausschuß mit dafür 
gesorgt, daß dieses Thema überhaupt noch einmal auf die Tages-
	        
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