Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
34. Sitzung vom 18. September 1980
1474
;A) Wahl (F.D.P.); Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Lieber Kollege von Kekulö, in zwei Punkten stimme ich Ihnen zu. In
einer Großen Anfrage dieser Art könnte man selbstverständlich
einiges mehr unterbringen und weiteres hinterfragen. Des
gleichen bin ich mit Ihnen der Meinung, daß ein solches Thema
genausogut im Ausschuß hätte behandelt werden können; trotz
dem, glaube ich, ist ein Anrecht der Öffentlichkeit dafür gegeben,
daß wir uns auch hier an dieser Stelle darüber unterhalten.
Nicht zustimmen kann ich Ihnen bei den Folgerungen, die Sie
aus den Ausführungen des zuständigen Senators gezogen ha
ben, daß nämlich nichts oder zu wenig für den Autofahrer getan
werde. Im Gegenteil! Ich bin da sogar ein bißchen unzufrieden mit
der Antwort des Senators auf diese Große Anfrage, weil ich mir ei
gentlich vorgestellt habe, daß bei dieser Gelegenheit auch ein
deutliches Wort dazu hätte gesagt werden können, welches die
Autofahrerrechte und welches die Pflichten sind. Ich habe so ein
bißchen den Eindruck gehabt, daß die Begründung und Ausfüh
rung zu dieser Großen Anfrage sehr an der Bequemlichkeit für
den Autofahrer ausgerichtet war. Es war fast nur vom Autofahrer
und seinen Bedürfnissen die Rede, nicht aber von den Möglich
keiten und letzten Endes auch Parkmöglichkeiten für Bürger, um
nicht zu sagen von Radfahrern.
Ich möchte versuchen, dies an einigen Beispielen deutlich zu
machen. Wenn der Kollege Waller auf die Lenkungsmaßnahmen
hingewiesen hat, auf die Leitsysteme, wie auch immer Sie das
nennen - eingerichtet werden sie mit immensen Kosten, damit der
Autofahrer mit ihrer Hilfe es dann noch viel leichter hätte, in die
Parkhäuser oder an die Stellen zu kommen, an denen er seinen
fahrbaren Untersatz lassen kann, dann ist das nach meiner Mei
nung einzig und allein ausgerichtet auf die Bequemlichkeit des
Autofahrers. Es wird überhaupt nicht Rücksicht darauf genom
men, daß wir gerade im City-Bereich ein sehr gut ausgebautes
Nahverkehrssystem haben. Ich bin der Meinung, wir müssen -
selbstverständlich ist das eine Erziehungsaufgabe - den Autofah
rer dazu bringen, und es ist ihm auch zumutbar, eben nicht unbe-
'■ dingt in den City-Bereich mit dem Auto einzufahren, sondern das
Auto gegebenenfalls ein Stück weiter draußen stehen zu lassen.
In diesem Zusammenhang - der Kollege Waller hat ja darauf hin
gewiesen - haben Sie in einer kurzen Antwort darauf hingewie
sen, daß Sie die Verhältnisse in anderen Städten aufmerksam
beobachten, um diese nach Berlin zu transponieren. Es gibt Bei
spiele in anderen Städten, in denen gerade dieses Konzept, die
Innenstadt weitgehend freizuhalten, selbstverständlich nicht in
der gleichen Form, aber in einer ähnlichen, nach Berlin übertrag
bar erscheint. Die Innenstadt von Bremen ist zum Beispiel eine
lebendige, publikumsfreundliche Stadt, in der Sie nur wenige
Autofahrer an sehr wenigen Stellen antreffen.
Ein anderes Problem, das Sie nicht erwähnt haben, ist die Frage
der Anlage von Radwegen. Sie haben bei der Aufzählung unter
schlagen, wann wo und was Sie an Parkhäfen - bewirtschaftete
oder freie Einrichtungen - einrichten wollen. Sie haben ver
schwiegen, daß dieses meistens auf Kosten der Radfahrer gehl.
Von Parkraum für Radfahrer spricht in einer Antwort auf eine
Große Anfrage zur Parkraumsituation niemand.
Ich möchte noch einen leicht durchführbaren kleinen Vorschlag
machen, der dazu führen könnte, davon abzukommen, das Auto in
der Innenstadt stehen zu lassen. Sie haben davon gesprochen,
daß Sie den Kurzparker bevorzugen wollen. Das ist eine Aussage,
die wir im Prinzip bejahen, aber auch hier sollte der Gesichts
punkt der Bequemlichkeit durchaus Berücksichtigung finden. Es
sollte nicht unbedingt jeder Autofahrer die Möglichkeit haben,
genau vor der Konditorei zu parken, in der er seinen Kaffee trinken
will, oder vor dem Zigarrengeschäft, in dem er seine Zigaretten
kaufen will. Er kann ruhig ein paar Schritte um die Ecke gehen,
denn sonst verlieren die Autofahrer demnächst noch ihre Beine.
Wenn Sie schon die Gebühren an den Parkuhren kräftig anheben
wollen - dafür bin ich durchaus -, dann sollten Sie sich über
legen, ob Sie die Mehreinnahmen, die Sie dabei erzielen, nicht
dazu benutzen können, die Gebühren in den Parkhäusern zu sen
ken, um damit einen Anreiz zu schaffen, daß mehr Autofahrer sich
bemüßigt fühlen, in Parkhäuser zu gehen, und ein paar Schritte
mehr laufen. Dort könnten sie das Auto etwas länger stehen
lassen.
Ich habe zum Schluß nur noch zwei Fragen, die genau mit die- (C)
ser Problematik Zusammenhängen. Ich frage Sie ganz einfach:
Warum sind denn vor dem Parkhaus Meinekestraße, und zwar
direkt vor dem Parkhaus, noch zusätzliche Parkhäfen eingerichtet
worden? Warum sind vor dem Parkhaus Bayreuther Straße Park
uhren angelegt worden? Das ist genau das Problem, das ich an
gesprochen habe. Alles, was Sie ausgeführt haben, ist nur für die
Bequemlichkeit der Autofahrer, nicht für die anderen Verkehrsteil
nehmer. Sie haben nicht daran gedacht, zugunsten von Baum
grün einmal auf einen Parkplatz zu verzichten. Dies haben Sie
leider nicht in Erwägung gezogen. - Danke!
[Beifall bei der F.D.P. und der SPD]
Stellv. Präsident Baetge: Für zwei Minuten hat das Wort
Herr Abgeordneter Simon, halt, ich korrigiere: Für drei Minuten,
dann ist die Redezeit erschöpft. - Bitte schön, Herr Simon, Sie
haben das Wort.
Simon (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
hoffe, ich werde auch die drei Minuten nicht ausschöpfen. Mir
kommt es nur darauf an, einen Punkt noch einmal dezidiert in
dieser Debatte darzustellen. Herr Senator, Sie haben vorhin an
einer Stelle beklagt, daß die Parkhäuser in der City - Ihr Konzept .u
baut ja in großen Teilen darauf auf - nicht benutzt werden. Sie
haben gesagt, wenn da mehr reingingen, wäre das sicherer. Diese
Antwort ist mir viel zu billig. Aus meiner Sicht geht die Masse der
Autofahrer deshalb nicht in die Parkhäuser, weil sie unsicher sind.
Sie müssen sich Gedanken machen, wie Sie die Parkhäuser
sicherer machen können, um die Autofahrer hereinzubekommen.
Man sollte nicht umgekehrt sagen: Die Parkhäuser sind unsicher,
weil keine Leute hineinfahren. Sie müssen bei der Frage der
Sicherheit ansetzen und müssen an dieser Stelle Überlegungen
anstellen in bezug auf Kameras und andere Überwachungsmög
lichkeiten. Nur durch derartige Bemühungen der Verwaltung wer
den Sie Autofahrer in diese Parkhäuser bekommen. Auf diese
Punkte wollte ich einmal dezidiert in der Debatte hinweisen. Wenn (D)
Sie Ihr Konzept verwirklichen wollen und dies nicht tun, wird es
ein Torso bleiben und zu einer Parkplatzkatastrophe in der Innen
stadt führen.
Stellv. Präsident Baetge; Weitere Wortmeldungen liegen
nicht vor. Damit hat die Große Anfrage ihre Erledigung gefunden.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 6, Drucksache 8/475:
Große Anfrage der Fraktion der SPD und der Frak
tion der F.D.P. über Jugendzahnpflege in Berlin
(West)
1. Wie hat sich die Zahngesundheit der Jugendlichen in
Berlin entwickelt? Ist ein Anstieg der Karieserkran
kungen und der Kieferanomalien bei Jugendlichen
festzustellen und ist deren Behandlung sicher
gestellt?
2. Welche Aufgaben hat die öffentliche Jugendzahnpfle
ge in Berlin? Wie ist die öffentliche Jugendzahnpflege
in Berlin - auch im Vergleich zu anderen Großstädten
-personell und finanziell ausgestattet?
3. Wieviel im öffentlichen Jugendzahndienst tätige
Zahnärzte betreiben nebenher eine eigene Praxis?
Gibt es genügend Bewerber zur Besetzung der Perso
nalsteilen im Jugendzahnärztlichen Dienst?
4. In welcher Form wird die Arbeit des Jugendzahnärzt
lichen Dienstes in Berlin koordiniert? Ist daran
gedacht, wie in anderen Bundesländern Arbeitsge
meinschaften zur Förderung der Jugendzahnpflege zu
gründen?