Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
34. Sitzung vom 18. September 1980
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(A) Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr Präsi
dent! Meine Damen und Herren! Herr AbgeordneterWronski! Der
Finanzsenator hat die Frage vor langer Zeit - vor vielleicht andert
halb, zwei, zweieinhalb Jahren - voll prüfend aufgegriffen. In allen
Gesprächen mit der BVG und meinem Hause und dem Finanz
senator - jeweils unter Beteiligung des Verwaltungsrats der BVG;
dort ist ja die Wirtschaftsverwaltung auch vertreten - ist Einver
nehmen darüber erreicht worden, daß dieser Betriebsbahnhof
nötig ist, auch unter Einbeziehung der Tatsache des U-Bahn-
Baues. Die BVG hat den Standort, den wir hier möglicherweise
wählen, mit untersucht und für sinnvoll gehalten. Trotzdem nehme
ich Ihre Frage, die erneut an mich herangetragen ist, zum Anlaß
einer schriftlichen Anforderung an die BVG, um über die münd
lichen Verhandlungen hinaus eine völlig klare Aussage zu haben
- über die Protokolle hinaus. Bisher ist jeder Zweifel ausgeschal
tet worden, daß von diesem Standort der BVG-Betriebsbahnhof
bedienbar wäre. Dabei gibt es eine unterschiedliche Einschät
zung zwischen Ihnen und der Geschäftsleitung der BVG.
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Momper - verzichtet;
bisher der einzige Nicht-Reinickendorfer. '
[Zuruf: Deswegen!]
Jetzt hat Herr Müller das Wort,
Müller (CDU): Herr Senator! Ist Ihnen als Einwohner von
Berlin-Hermsdorf eigentlich unbekannt, daß die B96, an der der
Bus-Bahnhof liegen soll, schon heute total überlastet ist, daß
diese nicht verbreitert werden kann und daß insofern mit einem
Verkehrschaos zu rechnen ist, wenn der Bus-Bahnhof dorthin
kommt?
Präsident Lorenz: Herr Senator Ristockl
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Städing!
Städing (SPD): Herr Senator Lüder! Sie haben im Zusammen
hang mit diesem Fragenkomplex vor einigen Tagen in einer Berli
ner Tageszeitung kundgetan, Sie hätten ein Herz für Lauben
pieper. Wann erscheinen Sie, Herr Senator, vor diesen Lauben
piepern und erzählen, was Ihre Pläne sind, und überlassen es
nicht den bezirklichen Gremien, dort vor Ort zu vertreten, was Sie
ausgebrütet haben?
[Beifall]
Präsident Lorenz: Herr Bürgermeister Lüder!
Lüder, Bürgermeister und Senator für Wirtschaft und Verkehr;
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Städing! Ich habe ein Herz für
Laubenpieper, und ich habe in der Zeitung erklärt, daß ich mich
dafür einsetze - und das ist gemeinsame Politik des Senats -, daß
dort, wo durch Beschluß dieses Hauses Dauerkleingartengelän
de ausgewiesen sind, sie auch bestehen bleiben sollen. Dieses
Problem ist hier überhaupt nicht tangiert. Im übrigen hat dieses
Interview nicht zu dieser Frage Stellung genommen. Der Senat
hat Ihnen in der Regierungserklärung die Prioritäten klargelegt.
Sie wissen, daß wir für die Schaffung von Arbeitsplätzen sind,
und Sie wissen auch, daß die Senatoren gemeinsam bemüht sind,
auch Zielkonflikte zu lösen, und in diesem Sinne unterstreiche
ich, was Kollege Ristock vorhin erklärt hat. Sie können aber nicht
einseitig Politik zu Lasten eines Bereiches, schon gar nicht zu La
sten des Schwerpunktgebietes machen. Für mich ist die Schaf
fung von Arbeitsplätzen immer noch ein wichtiger Wert, auch für
Laubenpieper. Ich möchte keine arbeitslosen Laubenpieper
haben!
[Beifall bei der F.D.P.]
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Ich vermag
Ihre Frage nicht mit Ja zu beantworten und verweise noch einmal
auf meine Grundsafzaussage, wie wir in dieser Stadt Politik zu
betreiben haben. Wir können nicht jeweils von A nach B und nach
C gehen. Das gibt es an mehreren Stellen in dieser Stadt. Wir
haben diese Zielkonflikte, die sich mehren. Der eine will das
Sportzentrum nicht, der andere will einen Betriebsbahnhof nicht
und so weiter.
Ich muß noch einmal daraufhinweisen - aus der Verantwortung
der Exekutive -, daß man, wenn nötig, auch unangenehme Wahr
heiten sagen muß, wenn sie für die wirtschaftliche Lebensfähig
keit dieser Stadt zu vertreten sind, auch wenn das unpopulär ist.
Es gibt in verschiedenen Hauptverkehrsstraßen einen starken
Verkehr, der sich durch gewisse Maßnahmen noch verstärken
kann. Aber das muß nicht, wie Sie meinen, zum Chaos führen.
Präsident Lorenz: Frau Abgeordnete Wiechatzek!
Frau Wiechatzek (CDU): Herr Senator, darf ich Ihren Ausfüh
rungen entnehmen, daß Sie neben dem Standort Oranienburger
Straße, der ja übrigens beim zuständigen Baustadtrat (SPD) auf
größte Bedenken stößt, auch andere Standorte ernsthaft prüfen
wollen, wie zum Beispiel Montanstraße, das Gelände der Hensel-
Werke, eventuell auch die Sternstraßen-Siedlung, und daß Sie
sich damit im Gegensatz zu Herrn Senatsdirektor Schlegel befin
den, der das bisher kategorisch abgelehnt hat?
[Beifall bei der SPD]
Präsident Lorenz: Herr Senator Ristock!
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen; Die Spitzen
unserer Verwaltung - Senatoren und Senatsdirektoren - haben
manchmal unterschiedliche Auffassungen, was mitunter sogar in
den Zeitungen zu lesen ist. Der Senat wird aber handeln und wird
unterschiedliche Meinungen dann doch unter einen Hut bringen.
Das ist sicher!
Präsident Lorenz: Nach zehn Zusatzfragen müssen wir jetzt
abbrechen.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Schürmann zu einer Münd
lichen Anfrage über
Zweckentfremdung öffentlichen
Straßenlandes durch Autovermieter
Schürmann (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich frage den Senat:
1. Ist der Senat bereit, sich einem Urteil des Bayerischen
Obersten Landesgerichts anzuschließen, demgemäß das Ab
stellen von Kraftfahrzeugen der Autovermieter auf öffentlichem
Straßenland als Sondernutzung zu Gewerbezwecken anzusehen
ist und daher einer Genehmigung bedarf?
2. Wenn nicht: Welche Vorstellungen hat der Senat, die eine
Zweckentfremdung des allen Bürgern zum Gemeingebrauch zur
Verfügung stehenden Straßenlandes durch Autovermieter in
Zukunft verhindern können?
Präsident Lorenz: Zur Beantwortung hat das Wort Herr Sena
tor Ristock.
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr Präsi
dent! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schürmannl
Zu 1: Nein! Die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landes
gerichts vom 11. Juni 1979 ist bisher nicht endgültig gesichert,
denn nach einem Beschluß des Bayerischen Verwaltungsge
richtshofs vom 23. Mai 1979 ist das Abstellen von zugelassenen
und betriebsbereiten Kraftfahrzeugen durch Kraftfahrzeugver-
mietungsfirmen nicht der Sondernutzung zuzurechnen. Es gibt
also in dieser Frage eine gespaltene Rechtsprechung.
Zu 2: Der Senat hat bisher ebenfalls die Auffassung vertreten,
daß diese Art der N utzung keine Sondernutzung darstellt. Es kann
sich daher nicht um eine Zweckentfremdung handeln.