Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
30. Sitzung vom 26. Juni 1980
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A) Stellv. Präsident Baetge: Ertauben Sie eine Zwischenfrage?
Hucldenbroich (F.D.P.): Gleich! - Da wurde gesagt: Das kön
nen wir nicht machen, nur Musicals! - Jetzt habe ich den Ein
druck, bei der Verwaltung Sauberzweig haben die das doch
inszeniert. Und für die zweite Vorlage gilt die zweite Strophe
aus dem Auftrittslied des „Bettelstudenten“: „Hurra, der Leicht
sinn lebe hoch!“ Jetzt sind wir also bei 40 Millionen, und ich
bin gespannt, was die dritte Strophe bringt. Und noch gespann
ter bin ich, was mich jetzt der Kollege Wronski fragen will.
Stellv. Präsident Baetge: Der hat jetzt das Wort, das ist
gleich zu hören!
Wronski (CDU): Herr Kollege HucWenbroich! Angesichts die
ser so häufigen Abläufe in finanzieller Hinsicht, die Sie da zu
Recht beklagen und unter denen ich auch leide, wenn auch
nicht ganz so intensiv wie Sie: Sollten wir beide nicht einmal
den Mut haben, ein solches angefangenes Bauvorhaben als Bau
ruine demonstrativ in Berlin stehenzulassen - exemplarisch und
als Warnung für die Planer, die hier so miserabel die Finanz
planung vorbereiten?
< Zuruf - Beifall >
Hucldenbroich (F.D.P.); Das ist eine dankenswerte Anregung.
Ich werde unter Nutzen-Kosten-Gesichtspunkten überlegen, ob
das bei diesem Theater noch geht. Eines sage ich Ihnen aber
schon jetzt - ich glaube, das hat auch Abgeordneter Papenfuß
angesprochen Die sollen mal mit dem Hebbel-Theater kom
men! Bei allem Respekt vor dem Realisten Hebbel: Da gehe
ich nicht mehr auf die Bretter, die die Welt bedeuten! Irgend
wann muß einmal Schluß sein! Wir erleben das auch bei anderen
Bauvorhaben, und wir können einfach nicht - da sind sich alle
Fraktionen einig - jedes Mal nur sagen; Wir kontrollieren und
schelten euch - und die sagen, laßt uns nur singen - ernste
oder leichte Muse -, wir machen so weiter wie bisher! - Ich
glaube, das weiß auch der Bausenator, daß er irgendwann mit
dem Rücken an der Kaktuswand steht, wenn er als der Bau-
Senator vor den zuständigen Fachverwaltungen ständig mit so
' „unkeuschen“ Vorlagen und Unterlagen hier in die Bütt geschickt
wird. Irgendwann ist dann wirklich mal Schluß. Und dann mache
ich das zusammen mit dem Kollegen Wronski, und den anderen
hoffentlich auch.
< Rösler (CDU): Da sind wir uns einig! >
Und nun möchte ich zum Schluß - alle möchten ja gern
nach Hause -
< Beifall >
etwas zur Gesamtvorlage sagen. Die von mir angesprochenen
Punkte stimmen uns traurig, aber ich weiß natürlich, daß der
Klaus Riebschläger noch viel schlechter dran ist. Der muß ja
manchmal geradezu depressiv werden, denn er kennt ja auch
die Vorlagen, die er an dieses Haus gar nicht erst weitergeleitet
hat. Infolgedessen - so glaube ich - tun wir gut daran, wenn
wir dem Finanzsenator unsere Unterstützung Zusagen, wenn
sie im Hinblick auf die 80er Jahre künftig noch hartleibiger sein
muß. Er hat ja wirklich ein trauriges Amt, nämlich ständig der
jenige zu sein, der Nein sagen muß. Gleichwohl möchte ich
sagen: Unsere Unterstützung hat er, aber nicht unser Mitleid.
Denn nach diesem Job hat er sich gedrängt, und damit muß
er nun fertig werden. Das einzige, was ihn jetzt aufrichtet, soll
unsere Zusage sein, den Nachtragshaushalt mit anzunehmen.
< Beifall bei der F.D.P. und der SPD >
Präsident Lorenz: Das Wort hat jetzt Senator Dr. Riebschläger.
Dr. Riebschläger, Senator für Finanzen: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Nach so freundlichen Worten, wie sie der
Abgeordnete HucWenbroich an meine Adresse gerichtet hat,
möchte ich ihm widersprechen, daß mein Beitrag trotzdem
noch keine Gramgebeugtheit widerspiegeln wird.
Ich möchte kurz einige Anmerkungen zu dem machen, was
Herr Abgeordneter Buwitt hier einbrachte. Die Situation ins
gesamt ist finanzpolitisch schwieriger geworden. Das ist in allen
Beiträgen, auch in den erfreulich sachlichen Debatten über den
Nachtragshaushalt im Hauptausschuß deutlich geworden. Des- (C)
halb kann ich im Prinzip mit der Polemik von Herrn Buwitt. die
mir auch wegen der sachlichen Arbeit und Zusammenarbeit,
die mit ihm möglich ist. nicht recht verständlich ist, nicht viel
anfangen.
Hier sind ja fast alle Ausdrücke verwendet worden, die so
gerade noch im parlamentarischen Sprachgebrauch unter Leu
ten, die sich anschließend auch noch in der parlamentarischen
Sacharbeit zusammentun wollen, angängig sind, bevor man das
Tischtuch zerschneidet. Ich will darauf nicht näher eingehen,
weil ich finde, daß gerade in der Arbeit zwischen Finanzverwal
tung und Hauptausschuß - und zwar zwischen allen Fraktionen -
bisher bei der Erörterung der Grundlinien der Finanzpolitik
eigentlich wenig Mißstimmung vorhanden war, weil man sich
hinsichtlich der Bedeutung dieses parlamentarischen Kontroll-
gremiums und der verlaufenden Kontrolle in sachlicher Bezie
hung durch die Finanzverwaltung eigentlich in einem Boot
befand. Und ich möchte das hier nicht durch ein Echo, das
zwar - durch den Redebeitrag bedingt - zulässig, aber der
Sache nicht angemessen wäre, mit zerstören.
Ich will konkret an der Stelle einsetzen, wo uns wirklich im
Augenblick der Schuh drückt. Wir haben die Situation, daß
Berliner Politik immer stärker auf Bonner Ebene diskutiert wird
anhand von Projekten und Planungen, die naturgemäß einer
Bundestagsabgeordnetenmannschaft, die in ihren westdeut
schen Wahlkreisen, in ihren Fraktionen wurzelt, ein zwiespäl
tiges Bild der Stadt vermitteln.
Einmal in der zentralen Finanzierungsschiene durch die Sicht
des Finanzsenators und die auf diesem Sektor tätigen Berliner
Bundestagsabgeordneten. Ich kann nur sagen, über alle Frak
tionen hinweg eine erfreulich eingefahrene, eine erfreulich
sachliche Zusammenarbeit, die uns bisher verschont hat vor
Katastrophenmeldungen, wenn es um die zentrale Finanzie
rungsquelle des Berliner Haushalts - sprich die Bundeshilfe -
geht.
Aber ich muß darauf aufmerksam machen, daß es hier Böen
gibt, die mitgesteuert werden durch das Verhalten auch - und
das muß ich an die CDU hier sagen - einiger Bundestags
abgeordneter, und hier speziell des ehemaligen Kollegen (D)
Bahner, die mir ernsthafte Sorgen machen. Ich habe jüngst einen
unerfreulichen Schriftwechsel gehabt mit dem von mir sehr
geschätzten Berichterstatter zur Bundeshilfe, dem MdB Schrö
der aus der CDU-Fraktion, die ausschließlich - wie ich sie
nenne - auf Tatarenmeldungen des Herrn Bahner über das
Finanzgebaren in Berlin zurückgehen. Ich habe versucht, dies
in der sachlichsten Form zu beantworten; heute kommt mir
ein Brief auf den Tisch, von dem ich Sie alle herzlichst bitte,
im Berliner Interesse mitzuhelfen, daß so etwas in Bonn nicht
Schule macht, damit die Böen sich nicht zu Finanzorkanen
ausweiten. Hier werden Rechnungen aufgemacht bis hin zum
ICC, wo von einer Steigerung von 120 Millionen auf über 900
Millionen ausgegangen wird. Kein ernstzunehmender Mensch
in diesem Plenum geht auf diese Zahl als ernstzunehmende
Zahl zurück, nur um nachzuweisen, daß hier doch immerhin
550% Kostensteigerung voriiegen.
Um es kurz zu sagen, Herr Bahner bemüht sich im Augen
blick in Bonn und gegenüber Teilen der Berliner Presse lebhaft,
das gesamte Berliner Finanzgebaren - und hier insbesondere
das Baugebaren - in einem Licht darzustellen, das nichts zu
tun hat mit den Entwicklungen, wo auch wir Sorgen haben, wo
auch ich Sorgen äußern werde, wenn ich dazu gleich noch
komme. In der Form des Herrn Bahner ist jedenfalls bisher nicht
vorgegangen worden. Ich habe deswegen in meinem Brief
an MdB Schröder zum Ausdruck ,gebracht - und wollte das aus
drücklich einmal hier vor aller Öffentlichkeit sagen -, daß die
Kontrollebene des Berliner Senats das Abgeordnetenhaus von
Berlin ist und nicht einige Bundestagsabgeordnete aus Berlin,
die mit ihrem Sonderwissen Fehlurteile über diese Stadt und
ihre Politik herstellen.
< Beifall bei der SPD >
Ich sage das ganz bewußt, meine Herren, weil ich weiß, daß
der ganz überwiegende Teil der Berliner Bundestagsabgeord
neten in der Vergangenheit und Gegenwart sich bemüht hat,
dort ein sachgerechtes Bild der Stadt zu zeichnen. Aber hier
kommen wir in eine gefährliche Situation, wo ich uns nur alle
in die Pflicht nehmen kann, dem zu wehren, denn wenn die
Kollegen im Parlamentsbereich, die dort auch überlastet sind,