Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
30. Sitzung vom 26. Juni 1980
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Sen Dir von Stahl
(A) Problems allgemein lax geschieht. Ich darf dabei anmerken, daß
zum Beispiel in Rheinland-Pfalz Gefangenen, die Ausgang oder
Urlaub haben, der Ausweis ausgehändigt wird, was in Berlin nicht
der Fall ist. In Berlin wird er nur dann ausgehändigt, wenn dies
dringend notwendig ist, um irgendwelche Behördendinge zu
erledigen.
Präsident Lorenz: Bitte, Herr Abgeordneter Rzepka!
Rzepka (CDU): Herr Senatsdirektor von Stahl! Der Fall des
Ekkehard Lehmann ist nur ein Fall vieler ähnlicher Fehlprognosen,
die zur Flucht bzw. zum Entweichen von Strafgefangenen geführt
haben. Wird die Senatsverwaltung für Justiz aufgrund dieser
Erfahrungen auch ihre Konzeption hinsichtlich der Ausführung
und Urlaubsgewährung nun endlich überdenken?
Präsident Lorenz: Bitte, Herr von Stahl!
von Stahl, Senatsdirektor in der Senatsverwaltung für Justiz:
Herr Abgeordneter Rzepka! Wir überdenken stets und ständig
unsere Maßnahmen, ob diese noch verbessert werden können.
< Heiterkeit bei der CDU >
Präsident Lorenz: Keine weiteren Zusatzfragen? - Vielleicht
sollte das Abgeordnetenhaus in Erwägung ziehen, Herrn Leh
mann anläßlich seines zehnten Ausbruchs Jubiläumsgeld zu
bewilligen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zur nächsten
Mündlichen Anfrage.
Das Wort hat der Abgeordnete Amonat zu einer Mündlichen
Anfrage über
Mietpreisstellen in den Bezirken total
unterbesetzt?
Amonat (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich
frage den Senat:
(B) 1, Ist dem Senat bekannt, daß die Mietpreisstellen in den Berli
ner Bezirken so eindeutig unterbesetzt sind, daß die inzwischen
berechtigte Mehrzahl der Bürgerbeschwerden über die unzumut
bare Bearbeitungsdauer ihrer Miet-Überprüfungsanliegen zu
einem schnellstens zu behebenden Mißstand angewachsen
sind?
2. Sind dem Senat ferner Beschwerden von Mitarbeitern
bekannt, die von ihnen zu bearbeitende und befürwortete Moder
nisierungsvorhaben durch diesen Personal-Engpaß in den bezirk
lichen Mietpreisstellen als behindert oder sogar als blockiert
angezeigt haben?
Präsident Lorenz; Zur Beantwortung hat das Wort Herr Sena
tor Ristock.
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr Präsi
dent! „Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Amonat!
Zu 1: Über die Preisstellen für Mieten ist Ende 1975 ein Organisa
tionsgutachten des Senators für Inneres erstellt worden. In die
sem Zusammenhang sind vom Senator für Inneres Personalbe
darfsberechnungsformeln erarbeitet worden, die nach der Ziel
setzung des Innensenators „im Hinblick auf den von den Bezirken
zu leistenden Arbeitsumfang einen zügigen Ablauf unter Berück
sichtigung der Belange der Bürger gewährleisten“. Das Organisa
tionsgutachten 1975 ist nach Abschluß der Einwendungsver
handlungen, in denen schließlich nach Verbesserung der Perso
nalbedarfsberechnungsformel die bezirklichen Verhandlungs
partner keine erneuten Einwendungen mehr aufrechterhielten,
verbindlich geworden. Herr Abgeordneter Amonat, Sie kennen
sicherlich die Verfahrensweise, daß bei den Einwendungen
jeweils die Chance besteht für Fachverwaltungen und Bezirke,
über den Innensenator weitere Einwendungen zu erheben. Diese
sind in diesem Fall nicht erhoben worden. Damit wurde dieses
Gutachten verbindlich.
Seit Beginn des Haushaltsjahrs 1978 wird das Personal für die
Preisstellen für Mieten nach den Grundsätzen des Organisations
gutachtens zugemessen.
Im Sommer 1979 ergab eine Umfrage bei den Preisstellen für
Mieten durchschnittliche Bearbeitungszeiten zwischen 3Vi und
18 Monaten - im Schwerpunkt knapp ein Jahr im einzelnen
waren auch mehrjährige Bearbeitungszeiten nicht selten. Die der- (C)
zeit gegebenen Bearbeitungszeiten dürften insbesondere wegen
der laufend neu eingehenden Anträge auf Senkung der - frühere
Mietpreisverstöße sanktionierenden - Stichtagsmiete höher lie
gen. Sie kennen den Tatbestand, den wir bei der letzten Fort
schreibung der Mietpreisbindung für Berlin eingeführt haben.
Dies führt natürlich - und dies zu Recht für die Bürger - zu zusätz
lichen Anträgen.
Mietpreisverfahren sind aufgrund der Schwierigkeit des zu prü
fenden Sachverhalts, der bekanntermaßen schwierigen rechtli
chen Materie und aus verfahrensrechtlichen Gründen deshalb
besonders zeitaufwendig, weil die Entscheidungen Verwaltungs
akte mit Doppelwirkung sind, bei denen jede positive Entschei
dung für den einen Beteiligten (zum Beispiel Mieter) zugleich eine
negative Entscheidung für den anderen Beteiligten (zum Beispiel
Vermieter) bedeutet. Das heißt, daß in jedem Fall - gleich wie die
Entscheidung ausfällt - Schwierigkeiten und Widerstand über
das Pro und Contra einer solchen Entscheidung zu erwarten ste
hen.
Bei zügiger Bearbeitung und ohne Antragsrückstau wird für
Mietpreisverfahren eine Bearbeitungsdauer von ca. sechs Mona
ten für vertretbar gehalten. Ich verweise in diesem Zusammen
hang auf entsprechende Zeiten, die sich bei der Abwicklung von
Gerichtsverfahren ergeben; diese sind vergleichbar, eher länger.
Bei Verfahren auf Senkung der Stichtagsmiete ist jedoch zu
berücksichtigen, daß aus Rechtsgründen eine Entscheidung frü- I
bestens am 1. Dezember1980 ergehen kann, so daß sich bei früh- *
zeitigem Antragseingang auch noch entsprechend längere Bear
beitungszeiten ergeben.
Darüber hinausgehende Bearbeitungszeiten müssen als für
den Bürger nicht vertretbar bezeichnet werden; da stimmen wir
Ihrer kritischen Anfrage zu. Insbesondere bei Verfahren auf Sen
kung der Stichtagsmiete sind unangemessen lange Bearbei
tungszeiten schädlich, weil die die Miete senkende Entscheidung
nur für die Zukunft gilt und keine rückwirkende Kraft hat. Das setzt
den Mieter dann in eine Minus-Situation.
Bei den gegebenen Sachverhalten müssen häufig Barbeitungs-
zeiten in den Preisstellen für Mieten von über sechs Monaten als
ein den Bürger betreffender Mißstand bezeichnet werden. Wir
meinen also, das ebenfalls kritisch zu sehen. In jedem Einzelfall
wären jedoch die besonderen Gründe der langen Bearbeitungs
zeit dahin gehend zu prüfen, ob sie im Verantwortungsbereich der
Behörde oder der Verfahrensbeteiligten mit Rückfragen, Schrift
verkehr umfänglicher Art zwischen Mietern und Vermietern -
begründet sind.
Zu 2: Derartige Beschwerden von Mitarbeitern der Preisstellen
für Mieten sind mir nicht bekannt. Aus Rechtsgründen können
anhängige Verfahren über die Zulässigkeit von Modernisierungs-
Mieterhöhungsbeträgen die zu beurteilenden Modernisierungen
auch nicht behindern oder blockieren, weil ein Mietpreisverfahren ,
bei der Preisstelle für Mieten erst nachträglich, also nach erfolgter f
Modernisierung eingeleitet werden kann.
Präsident Lorenz: Zu einer Zusatzfrage hat das Wort der
Abgeordnete Amonat,
Amonat (SPD): Herr Senator, habe ich Sie richtig verstanden,
daß Ihnen der Personalengpaß in diesem Bereich nicht unbe
kannt ist und daß Sie die Behebung davon abhängig machen
müßten, durch Einwendungsverhandlungen diesen Personaleng
paß zu beheben? Ist nun deswegen von Ihrem Haus ein soge
nanntes Chefgespräch mit dem Innensenator vorgesehen, um
diesem erkennbaren Mißstand abzuhelfen?
Präsident Lorenz: Das Wort zur Beantwortung hat Herr Sena
tor Ulrich.
Ulrich, Senator für Inneres: Herr Abgeordneter Amonat, die
Schlüsselzahlen sind Richtwerte für die Festsetzung des Stellen
plans. Die Bezirke sind in der Stellenwirtschaft frei und haben die
Verpflichtung, entsprechende Engpässe durch eigene stellen
wirtschaftliche Maßnahmen zu beheben. Wir können nicht wegen
jeder Problematik Stellenzuwächse genehmigen und billigen. Das
ist nicht möglich, Sie kennen die Stellenplansituation insgesamt
im Land Berlin und wissen, daß in allen möglichen Bereichen Stel
lenforderungen voriiegen.
Präsident Lorenz: Das Wort hat Herr Abgeordneter Simon.