Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode
24. Sitzung vom 20. März 1980
1044
Stellv. Präsident Baetge
A) Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Herr Abgeordneter
Bock, Sie haben das Wort.
Bock (CDU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Die CDU-Fraktion legt Ihnen den genannten Antrag
vor. Ich möchte ihn kurz begründen. Das Informationszentrum
Berlin betreute allein in den letzten 10 Jahren mehr als zwei
Millionen jugendliche Berlin-Besucher. Im vergangenen Jahr
waren es allein 235 000, ja sogar einige mehr. Für viele Besucher
ist es der erste Kontakt mit unserer Stadt, und für viele Lehrer
- weil viele Schulklassen darunter sind — ist es der zweite Kon
takt, da die Maßnahmen schon über 20 Jahre laufen. Ich will damit
ausdrücken, wie lange diese Kontakte wirken können. Diese Kon
takte sind für uns in Berlin sehr lebensnotwendig, weil wir sie
nutzen können, die Selbstdarstellung dieser Stadt den Gästen
näherzubringen, und weil wir den Versuch machen können, Ver
ständnis für die Probleme in unserer Stadt bei den Besuchern zu
bewirken.
< Vereinzelter Beifall bei der CDU >
Das bedeutet, daß wir dieses Besuchsprogramm in dieser Größen
ordnung als ein äußerst Empfindliches zu behandeln haben, und
das bedeutet, daß wir die Besucher, so gut wie wir es können,
ohne ihnen Luxus oder so etwas anzubieten, betreuen müssen.
Und diesem betreuenden Zweck dient der Antrag der CDU-Frak-
tion. Jede Investition auf diesem Gebiet ist damit eine Investition
in die Zukunft unserer Stadt.
< Vereinzelter Beifall bei der CDU >
Die steigenden Besucherzahlen bei immer jünger werdenden
Gästen in unserer Stadt müssen auch dem Alter entsprechen
der bedient werden, als das heute der Fall ist. Hauptschul
klassen, Realschulklassen brauchen mehr, anders und besser
jugendgemäß ausgestattete Aufenthaltsräume, als das etwa bei
Gruppen von 20- oder 25jährigen der Fall ist. Wir brauchen inso
fern ein besonderes Jugendhotel, ohne damit Mammutbauten zu
fordern, sondern hier müssen die kleineren Einrichtungen wieder
I) zur Wirkung kommen, wie das früher einmal der Fall gewesen ist.
Lassen Sie mich etwas zu dem sagen, was auf die Unterbrin
gung sofort folgt, zum Programm, und zwar sowohl zum Programm
in der formalen Abhandlung als auch zu den Inhalten, Hier sei
nur kurz angedeutet, daß beide Maßnahmen besser auf das Alter
der jugendlichen Berlin-Besucher abgestimmt werden müssen.
Dies gilt für die Gruppengröße, aber auch ganz einfach für normale
Dinge, daß zum Beispiel in einem Raum für eine ganz bestimmte
Anzahl von Jugendlichen für zwei Stunden Gespräch eben auch
Luft vorhanden ist, ohne daß etwa Klimaanlagen gefordert werden
müssen; aber das Diskussionsklima muß auch vorhanden sein.
Lassen Sie mich zum Abschluß noch folgendes sagen: Diese
angebotenen Programme — wir können nicht immer davon aus
gehen, daß das, was wir tun, auch immer richtig ist — sollten ein
mal daraufhin untersucht werden, ob sie vom Formalen und vom
Inhaltlichen her beim- Besucher ankommen. Die letzte Detail
untersuchung hat es 1967 gegeben. Seit dieser Zeit sind nur
gelegentliche Untersuchungen angestellt worden. Bei der Ver
änderung der nach Berlin kommenden jungen Leute scheint es
angebracht zu sein, eine neuere Untersuchung der Akzeptanz,
zu fordern und sie regelmäßig — das heißt, alle fünf Jahre schlagen
wir vor — zu wiederholen.
Die CDU-Fraktion hätte diesen Antrag gern sofort verabschie
det. Wie ich aber gehört habe, hat der Ältestenrat auf Antrag der
Koalitionsfraktionen Überweisung an den Ausschuß für Familie
und Jugend sowie an den Hauptausschuß beantragt.
< Beifall bei der CDU >
Stellv. Präsident Baetge: Ich eröffne die Beratung. Als erster
hat das Wort der Abgeordnete Amonat.
Amonat (SPD); Meine Damen und Herren! Ich greife zunächst
einmal das Wort vom Kollegen Bock auf und bestätige ihm und
den anderen Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion
gern, daß es sich bei diesem Antrag, den wir im Ausschuß für
Familie und Jugend bereits intensiv diskutiert haben, um ein In- (C)
vestitionsprogramm für die Zukunft handelt. Das gestehe ich Ihnen
gern ein.
Was mich aber bedenklich stimmt an dem Antrag, ist — das
möchte ich hier auch einbringen dürfen — die Tatsache, daß wir
uns über verschiedene Inhalte, die Sie hier formuliert haben, ein
gehend bereits unterhalten haben. Über Einzelpunkte müßte noch
eine Verständigung erzielt werden; insoweit stimme ich der Über
weisung des Antrags in den Ausschuß für Familie und Jugend zu.
Sie müssen sich dabei aber Vorhalten lassen, daß die Situation,
auf die Sie hier mit Recht hinweisen, auch bereits von der zustän
digen Fachverwaltung durch Frau Senatorin Reichel im Ausschuß
anhand eines umfangreichen Katalogs vorgetragen worden ist.
Deshalb müßte Ihnen eigentlich auch bekannt sein, daß der Senat
sich auch in diesem Punkt Gedanken gemacht hat.
Was ich also nicht verstehe, ist, daß Sie von der CDU zunächst
einmal — das ist noch gar nicht so lange her — daran herumge-
mäkelt haben, daß die Zahl der Besucher, insbesondere die Zahl
der jugendlichen Besucher in Berlin sehr stark abgenommen hat.
Jetzt kritisieren Sie dagegen, daß die Zahl der jugendlichen
Besucher relativ stark zugenommen hat und daß nun als Folge
dessen selbstverständlich — so auch die Ausschußerkenntnis -
verschiedene Einrichtungen überholungsbedürftig sind und daß
der Ausbau der Betten von derzeit vorhandenen 2 760 um weitere
600 beraten, geplant und überlegt worden ist, vor allem aber, wie
man dies finanzieren kann.
Ich frage Sie: Wie ist denn dieser Widerspruch bei Ihnen zu
erklären, daß Sie einerseits bedauert haben — ich sagte schon,
daß es noch gar nicht so lange her ist —, daß dieser Zuspruch für
diese Stadt sehr stark nachgelassen hat, jetzt aber seit einiger
Zeit sehr stark zunimmt und daß es gewisse Überlegungen selbst
verständlich in diesem Zusammenhang geben muß, wie man die
ses Besucherstroms Herr werden kann. Ich bin der Meinung, daß
Sie mit diesem Antrag zu einem Teil, zumindest zu den Punkten,
die wir im Ausschuß für Familie und Jugend beraten haben, offene
Türen einrennen! Und ich meine, daß, wenn ich mir das rheto- (D)
rische Bild ansehe, das eine Ihrer Kolleginnen hier gezeichnet
hat — ich erinnere daran, da hat sie im Rahmen ihrer Bewertung
der Initiativen der Jugendarbeit des Senats davon gesprochen,
daß dies ein lahmer, hinter dem Ofen knurrender Hund sei. Sie
hat damit rhetorisch zum Ausdruck bringen wollen, daß sich der
Senat zur Jugendpolitik überhaupt keine Gedanken macht
< Feilcke (CDU); Leider! >
und daß nur Sie, die Opposition, hier die Initiative ergreifen wür
den, wie dies auch letztlich in Ihrem Antrag zum Ausdruck kommt.
Sie wollen sich da mit Federn schmücken, die Ihnen eigentlich
gar nicht zukommen, das müssen Sie doch selbstkritisch be
kennen.
< Feilcke (CDU); Keine Eifersüchteleien! >
Wenn Sie mir gestatten, meine Damen und Herren von der
CDU-Fraktion, dieses rethorische Bild, das Sie hier einmal ge
zeichnet haben, dann nachher auch zu verwenden, dann muß ich
Ihnen leider in bezug auf Ihre Argumente zurufen — insbesondere
den Kollegen vom Familien- und Jugendbereich: Sie müssen erst
einmal den dicken Staub von Ihren Argumenten runterpusten.
Und der Hund, den Sie hier einmal gezeichnet haben — wenn der
als Qualitätsmerkmal für Ihre Argumente im Jugendbereich gelten
soll -, der weiß eigentlich immer nicht so recht, welchen Auf
gaben er sich zuwenden soll. Der knurrt dauernd herum, weil er
— weiß ich wo — Gegner vermutet oder eben meint, da wären
welche. Im übrigen gestatten Sie mir auch das in bezug auf diesen
rethorischen Hund, ich will selbstverständlich niemanden von
Ihnen und vor allen Dingen schon gar nicht Ihrer charmanten
Kollegin etwa zu nahetrefen.
< Bock (CDU): Das läßt sie auch gar nicht zu! >
Dieser Hund, meine Damen und Herren, als Wertung der Jugend
arbeit, wie Sie sie sehen, hat im übrigen ein viel zu großes Maul!
< Beifall bei der SPD >