Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
53. Sitzung vom 9. April 1981
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Landowsky
uns im Prinzip nicht viel. Ich stehe auch nicht an, das hier ganz deut
lich zu sagen.
Ich meine auch, daß dieser Vorfall und der Bürgschaftsfall nicht
dadurch gekommen sind, daß wir die falschen Richtlinien haben.
Dies ist sicherlich nicht der Fall. Vielleicht hätte in dem einen oder
anderen Fall etwas mehr, das, was wir unter Berlin-Effekt verstehen,
schriftlich niedergelegt werden sollen, daß also das Risiko für den
Steuerzahler in einem angemessenen Verhältnis stehen muß zum
Erfolg oder zum möglichen bzw. erhofften Erfolg für die Wirtschaft
und die Arbeitsplätze in dieser Stadt. Das scheint mir aber beinahe
mit der einzige Punkt zu sein, wo im materiellen die Kriterien in den
Bürgschaftsrichtlinien zu ergänzen wären.
Sie haben nun heute die Koalitionsfraktionen animiert, einen
Antrag zu stellen, der auch in der Frage der Zusammensetzung des
Bürgschaftsausschusses etwas ändern soll, und zwar in dem
Sinne, wie Sie das auch senatsseitig vorgetragen haben. Ich habe
meine füglichen Zweifel, ob es zweckmäßig ist und das Instrument
nach wie vor flexibel erhält, wenn man eine Wirtschaftsprüfungs
gesellschaft vor jede Bürgschaftsverpflichtung vorschaltet.
Es muß ja nicht sein, wie das bei Herrn Schlegel der Fall gewe
sen ist, der also nur mit der Bürgschaft winkt, und dann läuft das. Da
gab es ja auch andere Fälle. Ich darf aber einmal sagen, es ist ja
wirklich locker gehandhabt worden. Das ist kein Vorwurf gegen die
F.D.P. oder die SPD; das ist sicher ein Vorwurf gegen die Verfah
rensweise des Senatsdirektors und des Senators. Es gab aus der
Möbelbranche einen Fall, da wurde innerhalb von wenigen Stunden
über Millionen locker aus der hohlen Hand entschieden. Damals ist
das gut gegangen. Bei Garski ist die Sache schlecht gegangen. Ich
zweifle im übrigen auch gar nicht an der Qualität der Fachbeamten
in der öffentlichen Verwaltung. Es ist kein Geheimnis, daß wir ja mit
den gleichen Beamten arbeiten wollen. Wir wollen ihnen ja gerade
die Unabhängigkeit geben nach dem 10. Mai, damit sie derartigen
Loyalitätskonflikten - wie sie sie ausgesetzt waren - in Zukunft
nicht mehr ausgesetzt sind,
[Beifall bei der CDU]
Nur, es ist eben so eine Sache, Herr Senator, Versucher und Ver
suchte, das ist das Problem hier. Nun könnten Sie die Schuld vertei
len, wie Sie wollen, nach der einen oder der anderen Seite. Das ist
bei Banken und Bürgschaften etwas ähnliches,
[Hucklenbroich (F.D.P.): Gesündigt haben sie beide!]
- Herr Hucklenbroich, ich will jetzt gar nicht zur Sünde reden, das
überlasse ich anderen, die da berufener sind. Ich will nur dazu
reden, daß das Winken mit einer Bürgschaft und als zweiter Schritt
der Kredit mit Sicherheit die falsche Reihenfolge der Kreditgewäh
rung sind. Da, meine ich, liegt die Ursache eben nicht bei der Ber
liner Bank, sondern in dem Hause da drüben, nicht so sehr beim
Senator, als beim Senatsdirektor.
Wenn Sie das Verfahren verbürokratisieren, fürchte ich, machen
Sie es schwerfälliger. Sie schütten vielleicht so das Kind mit dem
Bade aus. Ich hätte es für sinnvoller gehalten, Sie hätten sich einer
Einrichtung der Stadt bedient, die wir mit viel Geld und mit großem
Konsens geschaffen haben, der Wirtschaftsförderungsgesell
schaft. Da brauchen Sie auch keine Sorge zu haben, daß die irgend
wie parteiisch sind, denn das sind die Leute, die wir ausgesucht
haben nach u.a. folgenden Kriterien: Sie müssen in der Lage sein,
den Berliner Markt sehr gut zu beobachten, sie müssen Bran
chenkenntnisse haben, die also ausloten können oder es zumindest
können sollten, welche Branche eine Zukunftschance hat und wie
sich das auf den Berliner Arbeitsmarkt und auf das Klima in dieser
Stadt auswirkt. Ich hätte es also für besser gehalten, man hätte sich
dieser Einrichtung bedient als der Berliner Industriebank, die ja
auch ein Kreditinstitut ist, mit reinzunehmen oder aber eine Wiil-
schaftsgründungsgesellschaft vorzuschalten. Ich habe nichts ge
gen die „Treuarbeit“, deren sachliche Kompetenz ich in keiner Weise
bestreite. Nur, wer also häufig mit Wirtschaftsprüfern zu tun hat,
- und das ist bei mir auch der Fall -, der weiß, daß das die Branche
der typischen Rückversicherung ist. Wer auch immer mal einen
Wirtschaftsprüfungsbericht gelesen hat wird sehen, daß in jedem
Satz, der eine Bewertung erfordert, steht; „nach unseren Feststel
lungen . . .“, „grundsätzlich .. .“. Das ist die typische Diktion der
Wirtschaftsprüfung. Gut, damit muß der Senat zurecht kommen. Ich
halte es aber mit klaren Entscheidungen. Bei Bürgschaften gibt es
nicht „man könnte“ oder „man sollte“, sondern da gibt es nur ein „Ja“
oder „Nein“. An sich ist es wenig sachdienlich, ein kompliziertes
Wirtschaftsprüfungsverfahren vorzuschalten.
Sie sind ja im übrigen abgegangen, Herr Senator, von Ihrem
ursprünglichen Vorschlag, auch Vertreter der Kammer mit hinein
zunehmen. Wir haben gesagt, auf Vorschlag der Kammern. Man
sollte daran festhalten. Ich habe die erste Verlautbarung von Herrn
Porzner - die haben Sie nicht, Herr Kunze, ich sage es Ihnen
aber -. Da war es auch das Gedankengut der Finanzverwaltung zu
sagen, die sollen mit hinein. Es geht uns um das gleiche Ziel,
politischen und unternehmerischen Sachverstand in dieses Gre
mium zu bekommen. Das ist bei der Wagnisfinanzierungsgesell
schaft so gewesen, Herr Kunze weiß das. Das war unser Petitum,
das ist beim Bürgschaftsausschuß im Prinzip genau das gleiche.
Ich könnte mir vorstellen, wenn wir die Frage der Änderung der
Bürgschaftsrichtlinien und der Zusammensetzung des Ausschus
ses nicht jetzt im April übers Knie brechen, sondern noch einen
Monat und zwei Tage damit warten, daß sich die Frage in der Beur
teilung dann etwas anders stellt. Wir sollten das jedenfalls der
Sache nach versuchen und auch tun.
Lassen Sie mich vielleicht zum Schluß in dieser Angelegenheit
noch eine kurze Bemerkung machen. Ich möchte auf Einzelheiten
wie zum Beispiel Einstimmigkeit usw. nicht eingehen. Übrigens,
überlegen Sie sich das noch einmal, Herr Porzner, mit der Einstim
migkeit. Das Erfordernis der Einstimmigkeit ist die Entlastung aus
der Verantwortung. Davon müssen Sie einmal ausgehen.
[Beifall bei der CDU - Hucklenbroich (F.D.P,):
Oder umgekehrt!]
- Nein, nein, nein, Herr Hucklenbroich, wenn einer Nein sagt, dann
sagt der andere deswegen Nein, weil der eine eben in Aussicht ge
stellt hat, Nein zu sagen. Dann sagen alle Nein oder es sagen alle
nur Ja. Dem Finanzsenator - ich weiß, daß Sie das nicht gerne
haben, weil die Verantwortung dann jetzt, solange Sie es noch sind,
bei Ihnen liegen würde - als Sachwalter und Treuhänder der
Steuergelder ein Vetorecht zu geben, halte ich für sinnvoll. Anson
sten kann es bei der Beurteilung einer Bürgschaftssache - Ja oder
Nein - von der Sache her unterschiedliche Entscheidungen geben,
die man nicht zwingen kann, auf eine Einstimmigkeit Ja oder Nein.
Man sollte auch eine Mehrheitsmeinung zulassen, zum Beispiel bei
der Branchenbeurteilung kann man unterschiedlicher Ansicht sein.
Ich will also damit kurz sagen, das, was die Parteien geäußert
haben zur Änderung des Verfahrens, sollten wir sorgfältig und los
gelöst von diesem Sachverhalt und der politischen Bewertung tun.
Das war der Grund für uns, daß wir zu Beginn der vorigen Woche,
Herr Porzner, unsere Vorschläge vorgebracht haben und daß wir
nicht damit gewartet haben, die heutige politische Debatte, die auch
in die Gefühle geht, mit dem technischen Bürgschaftsverfahren zu
belasten. Wir befürchten nämlich, daß aus der Sorge, sich zu exkul-
pieren, nunmehr alles auf eine Schiene geschoben wird und nach
her Sachergebnisse produziert werden, an denen, wer auch immer
nach dem 10. Mai regiert, also insbesondere wir, nachher leiden
werden. - Schönen Dank!
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Baetge: Das Wort hat der Abgeordnete
Kunze. Bitte schön!
Dr. Kunze (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Kollege Landowsky hat recht wenn er darauf hinweist, daß man
jetzt nicht einfach ein kompliziertes neues Gebilde bei der Aus
gestaltung des Bürgschaftsinstrumentariums schaffen sollte; ich
selbst habe ja vorhin davor gewarnt „mit heißer Nadel“ ein neues
Instrumentarium zu stricken. Deswegen haben die Koalitionsfraktio
nen jetzt auch nur allgemeine Richtlinien zur Abstimmung vorge
legt. Auf der anderen Seite ist der Senat in der Pflicht, das Bürg
schaftsinstrumentarium unverzüglich wieder flottzumachen. Es ist
gegenwärtig etwas darniederliegend, und in dem Sinne, meine ich,
sollte der Senat jedenfalls einstweilige, zunächst geltende Regelun
gen treffen, die die konkrete Wirksamkeit des Bürgschaftsinstru
mentariums ab sofort wieder sicherstellen. Was dann die end-
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