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Volume Nr. 50, 12. März 1981

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1980/81, 8. Wahlperiode, Band II, 1980/1981, 19.-53. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode 
50. Sitzung vom 12. März 1981 
Sen Ueberhorst 
(A) für Gesundheit und Umweltschutz das erbetene und auch vorhan 
dene statistische Material über die Krankenhaushäufigkeit, Verweil 
dauer und den Auslastungsgrad für die Jahre 1978 und 1979 zuge 
leitet und - Sie fragten auch nach 1980 - damit nicht gewartet 
habe, bis das Statistische Landesamt auch über die erbetenen 
Daten für 1980 verfügt. Allerdings sind diese Zahlenzusammenstel 
lungen für sich allein in der Tat nicht aussagefähig; sie müssen in 
■ dem späteren Bericht erläutert und bewertet werden. In dem 
Bericht wird der Senat auch darlegen, wie sich die Bettendichte 
entwickelt hat. 
Verehrter Herr Schicks, mir persönlich und dem Senat liegt sehr 
an einer rechtzeitigen, gründlichen und vertrauensvollen Diskus 
sion. Schließlich handelt es sich bei der Krankenhausbedarfs 
planung um eine Legislaturperioden übergreifende Fachplanung, 
bei der wir uns nach meinem Verständnis auch weiterhin um einen 
parteiübergreifenden Konsens bemühen sollen. Deshalb war es für 
mich selbstverständlich, die mit der Frage erbetene Transparenz 
der statistischen Daten herzustellen. Nach Ihrer Begründung füge 
ich gerne an, daß es an mir nicht scheitern müßte, solche Daten Jahr 
für Jahr zu veröffentlichen. Ich möchte auf keinen Fall, daß Daten, 
die vom Abgeordnetenhaus angefordert werden - gleich von wel 
cher Fraktion - zurückgehalten werden. Ich erwarte keinen Dank 
dafür, daß ich das Material jetzt zugeleitet habe; ich habe den Glau 
ben, daß kein Argument dafür spricht, diese Daten nicht heraus 
zugeben. 
Zu Frage 2: Es wäre falsch, eine skizzenhafte Vorwegnahme des 
Berichts zu versuchen. Ich stimme aber ausdrücklich den Kriterien 
in der Fragestellung zu, nach denen die Notwendigkeit von Verän 
derungen zu beurteilen ist. Dem Text der Frage war nicht zu ent 
nehmen, welche Bereiche oder Fachdisziplinen gemeint sind. Des 
halb nenne ich beispielhaft einige Disziplinen, bei denen auffällige 
Abweichungen gegenüber der Planung festzustellen sind. Sie spra 
chen auch schon den Bereich der Kinderkrankheiten an: In der 
Fachdisziplin Kinderkrankheiten ist die Auslastung durch ein Zu 
sammentreffen von geringerer Verweildauer und geringerer Kran 
kenhaushäufigkeit im Jahre 1978 bis auf 63,8% gesunken. Sie 
- B ) betrug aber auch 1979 erheblich weniger als der Sollwert von 
85 %, nämlich nur 68,3 %. Besonders drastisch ist die Auslastung in 
zwei städtischen Kinderabteilungen gesunken, nämlich unter 60%. 
Dieses konstante Bettenüberangebot ist deshalb kurzfristig abzu 
bauen. 
Die Krankenhaushäufigkeit in der Disziplin Neurochirurgie ist 
langsamer als in dem erwarteten Umfang gestiegen. Die Entwick 
lung der Verweildauer zeigt eine schnellere Abnahme als erwartet. 
So lag - gemessen an der Zahl der genehmigten Betten - die 
durchschnittliche jährliche Auslastung in den letzten Jahren eben 
falls unter dem Sollwert von 85%. Mittel- bis langfristig wird eine 
neurochirurgische Abteilung nur in den Krankenhäusern der soge- 
1 nannten Zentralversorgungsstufe vorgehalten werden können. 
Diese Problematik ist gestern gründlich, aber sicherlich nicht zum 
letzten Male im Ausschuß erörtert worden. 
Es fällt auf, daß die Auslastung im Bereich Innere Krankheiten an 
steigt. Im Jahresdurchschnitt ab 1978 wurde bereits die 90 %- 
Marke erreicht. Hier besteht ein Zusammenhang mit der Altersstruk 
tur. Die Behandlung der älteren Patienten mit Mehrfacherkrankun 
gen geschieht vorwiegend auf den Inneren Abteilungen. Die 
Verweildauer bei diesen Patienten ist naturgemäß länger als bei 
jüngeren Menschen. Sie können zum Teil nicht mehr in eine unab 
hängige Lebenssituation entlassen werden, sondern warten auf die 
Verlegung in eine Abteilung für chronisch Kranke oder ein Kranken 
heim. 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich festsfeilen, daß mit der gegen 
wärtigen Globalerfassung der Werte für die Krankenhaushäufigkeit 
und Verweildauer Erkenntnisse nur in den bisherigen Grenzen 
möglich sind. Die notwendige Verfeinerung der Daten stößt aber 
auf große Schwierigkeiten, weil bundesweit eine verbindliche Vor 
schrift fehlt die die Krankenhäuser zur Übermittlung dieser Daten 
verpflichtet Eine freiwillige Auskunftsbereitschaft der Krankenhäu 
ser gerade im nichtstädtischen Bereich findet verständlicherweise 
dort ihre Grenze, wo Eigeninteressen der Häuser tangiert werden. 
Sie erwähnten die Morbiditätsstatistik, zu der das Abgeordneten 
haus auf Antrag der Fraktion der F.D.P. den Senat aufgefordert hat 
mit dem Bericht über die Zwischenkontrolle 1981 zum Kranken 
hausbedarfsplan deutlich zu machen, mit welchen Mitteln und 
Methoden - insbesondere Morbiditätsstatistik - eine Verbesse 
rung der Aussage für eine spätere Fortschreibung des Kranken 
hausbedarfsplans erreicht werden kann. Ich darf feststellen, daß 
auch der Senat es für notwendig hält die Möglichkeiten und even 
tuellen Probleme gerade der Morbiditätsstatistik - die unter Fach 
leuten gesehen werden, auch von meiner Verwaltung -, zu klären. 
Obwohl in der Disziplin Geburtshilfe/Gynäkologie die Analysen 
bei der gemeinsamen Betrachtung beider Teilbereiche keine auffäl 
ligen Abweichungen ergaben, ist ansatzweise zu erkennen, daß 
sich die bettenbedarfsbestimmenden Faktoren bei der Geburtshilfe 
wesentlich stärker in Richtung einer weiteren Bettenrücknahmenot 
wendigkeit entwickeln, als im Bereich der Gynäkologie. Die Zahl 
der jährlichen Schwangerschaftsabbrüche ist auf etwa 10 000 an 
gestiegen. In letzter Zeit verstärkt sich die Tendenz zu ambulanten 
Abbrüchen. Aber auch sogenannte ambulante Entbindungen, die 
nur einen Klinikaufenthalt von wenigen Stunden erfordern, werden 
von jungen Frauen zunehmend gewünscht. Es bleibt abzuwarten, 
ob diese Therapieformen anhalten und Krankenhaushäufigkeif 
sowie Verweildauer nachhaltig beeinflussen werden. 
Ich komme zu den Fragen 3 und 4: Mit diesen Fragen wurde 
gefragt, ob im Bereich der chronisch Kranken Sofortmaßnahmen 
hinsichtlich Krankenhausbetten und Krankenheimbetlen getroffen 
werden können. Sofortmaßnahmen können solche sein, die sofort 
eine Wirkung erbringen sollen. Man könnte sich unter Sofortmaß 
nahmen aber auch Maßnahmen vorstellen, die kurzfristig getroffen 
werden, die sich aber erst langfristig auswirken. Ich gehe davon 
aus, daß Sie das erste gemeint haben. 
Beim Zentralen Bettennachweis sind zur Zeit 1 500 Patienten 
registriert, die einen Antrag auf Vermittlung in eine Abteilung für 
chronisch Kranke gestellt haben. Gut 95 Prozent dieser Patienten 
befinden sich aber bereits zur stationären Behandlung in einem 
Akut-Krankenhaus. Die übrigen fünf Prozent, die bislang im eigenen 
Haushalt versorgt werden konnten, aber nun der stationären Be 
treuung bedürfen, werden vorrangig in eine Abteilung für chronisch 
Kranke vermittelt. Von da her kann nicht von einer Unterversorgung 
und auch nicht von einer Unversorgung gesprochen werden. 
Für einen Teil der chronisch Kranken könnte der Aufenthalt im 
Akut-Bereich erheblich verkürzt werden. Eine frühere Verlegung in 
den Chroniker-Bereich ist deshalb anzustreben. Wir bedauern alle, 
daß das Bettenangebot für chronisch Kranke und an Kranken 
heimen immer noch nicht dem Bedarf entspricht. Nach unserer 
gemeinsamen Auffassung ist es erforderlich, weitere Betten für 
chronisch Kranke, die krankenhausmäßig versorgt werden müssen, 
zu schaffen. Für die Mitbürger, die auf einen Platz in einem Kranken 
heim warten, ist die Krankenheimkapazität in Berlin zu erweitern. 
Allerdings stehen der Umwandlung von Betten für Akutkranke in 
solche für chronisch Kranke erhebliche Durchsetzungsschwierig 
keiten entgegen, die zum Teil psychologische, aber auch objektive 
Ursachen haben. Jeder Krankenhausträger und jede Krankenhaus 
leitung befürwortet eine optimale Versorgung chronisch-kranker 
Patienten, aber man wehrt sich oftmals dagegen, diese Versorgung 
selbst zu leisten. Jeweils wird erklärt, es sollten andere Häuser ihre 
Akut-Betten zugunsten der Betten für chronisch Kranke verringern. 
Tatsächlich ist festzustellen, daß seif November 1979 nur 120 zu 
sätzliche Betten aus dem Akut-Bereich für diese Patientengruppen 
gewonnen wurden. 
Es ist auch darauf hinzuweisen, daß es nicht reicht - Kollege 
Schicks sagte das auch schon -, sozusagen das Schild „Akut- 
Kranke“ durch ein anderes „Chronisch Kranke“ zu ersetzen. Die 
Versorgung der chronisch Kranken erfordert spezielle Gegebenhei 
ten, etwa im baulichen Bereich, die meist erst geschaffen werden 
müssen. Auch hier sollte Übereinstimmung herrschen, daß eine 
Senkung des Standards nicht unser Ziel sein kann. Wer Humanität 
im Krankenhaus wünscht, muß sie gerade auch den alten und kran 
ken Mitbürgern garantieren. 
Ein weiterer Grund: Solange Riegekräfte, die kündigen, un 
schwer in einer benachbarten Klinik einen Arbeitsplatz finden, ist es 
schwer, für diesen schwierigen Arbeitsbereich genügend qualifi 
ziertes Personal zu finden. Wir müssen gemeinsam die Bemühun 
gen, besondere Anreize für diese Tätigkeit zu schaffen, fortsetzen. 
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