Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
48. Sitzung vom 26. Februar 1981
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Hucklenbroich
seiner Aufmerksamkeit beeinträchtigen; ich sage das nicht aus
Etelkeit. Ich bemühe mich nämlich gerade, der CDU zu sagen, daß
sie zwar bei einigen Fragen die Dinge konkret diskutiert und hinter
fragt hat; - aber ich muß sagen: bei den meisten Fragen waren sie
eher konkret in negativer Hinsicht.
[Landowsky (CDU): Nein, nein!]
- Doch, ich habe das so empfunden. Ich möchte meinen, es wäre
gut für den Disput, wenn wir in den kommenden Wochen während
der Wahlauseinandersetzung positive Lösungsvorschläge ein
ander gegenüberstellen könnten.
Zweite Hauptforderung: Eine Erweiterung des Betreuungsange
bots für unsere Kinder; das heißt Abbau der Kita-Warteliste mit über
20 000 Kindern. Lassen Sie mich eine politische Anmerkung
machen: Ich finde es ganz unmöglich, daß Sozialarbeiter jene Eltern
mobilisieren, die das Glück haben, ihre Kinder in den Kindertages
stätten betreut zu sehen, und sie auf die Straße holen. Das ist un
solidarisch gehandelt gegen die, die vor der Tür stehen; - in der
Regel Kinder von arbeitenden Müttern, insbesondere Ausländerkin
der. Ich bin der Meinung, hier sollte man nicht Gruppenegoismus
mobilisieren, sondern Solidarität praktizieren.
Eine weitere Forderung: Mehr Tagesmütter, mehr Tagespflege
stellen, auch wenn Sie von der CDU das anders sehen wegen der
Forderung von vierhundert Mark für Kinder, die in Familien betreut
werden. Hier sollten wir erst einmal einen Anfang machen, um die
Kinder Berufstätiger betreut zu wissen.
Zweite Forderung: Förderung von Mini-Clubs. Ihre Vorgängerin,
Frau Brunn, hat meines Erachtens wegen ideologischer Vorbehalte
dieses Überlaufbecken, in dem Eigeninitiative zusätzliche Be
treuungsmöglichkeiten geschaffen hat, abgelehnt und nicht hin
reichend gefördert. Das darf so nicht weiterlaufen.
Dritte Forderung; Belegen Sie die tatsächlich nicht ausgenutzten
Plätze in den Kindertagesstätten mit 135 Plätzen, die wir als Norm
bauten errichtet haben. Lassen Sie sich nicht abhalten von dem Eti
kettenschwindel mit der „listenmäßigen Überbelegung“. Es gibt
eine Reihe von Kitas, deren Leiterinnen es nicht über das Herz ge
bracht haben, die Mütter wegzuschicken; - da ist - entsprechend
der Forderung des Rechnungshofs - der letzte Platz ausgenutzt Ich
will es noch einmal sagen: wir wollen die nicht bestrafen gegen
über denen, die vorhandene Plätze leer lassen. Deshalb wollen wir
jeden vorhandenen Ratz nutzen - und durch Bereitstellung von zu
sätzlichem Personal eine Verschlechterung der pädagogischen Be
treuung vermeiden.
Lassen Sie mich noch ein viertes sagen, Sie haben das vorhin an
gesprochen: Es muß eine Bereinigung der Warteliste erfolgen. In
den Bezirken wird nur geprüft, ob dort eine doppelte Anmeldung
vorliegt. Nun sind aber gerade berufstätige Mütter in einer Zwangs
lage: sie sagen, ich versuche es bei mir im Wohnbereich, - und
wenn es da nicht geht nahe am Arbeitsplatz. Und zwischen den Be
zirken wird nicht geprüft. Es wird auch nicht geprüft, ob neben der
Anmeldung bei den öffentlichen Einrichtungen auch noch bei ge
meinnützigen Trägern angemeldet worden ist. Ich weiß nicht, wer
Interesse an der Verschleierung der Zahlen hat. Bitte, gehen Sie
dem nach und klären Sie das auf.
Ich darf Ihnen noch etwas sagen: Respekt, daß Sie trotz der vor
eingenommenen Stimmung in den Versammlungen - ich habe das
im Fernsehen verfolgt - den Leuten gesagt haben; Euch in Berlin
geht es ja noch gut, ich komme aus Gegenden, wo das viel schlim
mer ist, - nun zeigt auch Ihr Solidarität. Respekt, bitte, bleiben Sie
weiter bei dieser Haltung. Ich möchte noch etwas Konkretes zu
diesem Thema sagen: Ich hoffe, daß wir möglichst bald 96 Kita-
Plätze in Wedding bekommen, in Räumen, die zunächst gewerblich
genutzt werden sollten. Der CDU-Stadtrat Tromp hat sich dafür im
Einvernehmen mit einer Bürgerinitiative eingesetzt.
[Landowsky (CDU): Nicht nur er!]
Ich muß ihn hier loben, auch wenn er von der anderen Partei ist.
Ich möchte eine weitere Sache anregen; In Kreuzberg gibt es
Bauland. Bei der Infrastrukturplanung wird nur gefragt, wie viele An
wohner auf diesen Einzugsbereich entfallen. Ich möchte anregen,
daß dort auch aut die Arbeitsplätze gesehen wird. Mir ist gesagt
worden, daß es beim Postscheckamt viele beschäftigte Mütter gibt,
die in ihrem Wohnbezirk ihre Kinder nicht unterbringen können. (C
Hier könnten wir Abhilfe schaffen, weil in Kreuzberg Bauland und
Möglichkeiten dazu vorhanden sind. Solche konkreten Vorschläge
brauchen wir, unabhängig davon von welcher Partei sie kommen.
Dritte Hauptforderung: Wir wollen Schluß machen mit der Gigan-
tonomie bei Baumaßnahmen; aber nicht nur unter dem Gesichts
punkt, einen Beitrag zu Konsolidierung des Haushalts zu leisten.
Ich glaube, hier müssen wir aus negativen Beispielen lernen. Zum
Tiefbau möchte ich im Telegrammstil sagen: Keinen Autobahntun
nel für mehr als eine Milliarde D-Mark; - nicht allein unter Ko-
sten-Nutzen-Gesichtspunkten. Die B 101 muß weg, wie das endlich
auch vom Senat beschlossen worden ist. Sorgen Sie aber dafür,
daß die Baukapazitäten nicht brach liegen; die Straßen in Sied
lungsgebieten sollen ausgebaut werden. Das erscheint mir wichti
ger. Hier gibt es genug zu tun.
Lassen Sie mich noch ein weiteres sagen, Herr Kollege Dr.
Hassemer. Ich weiß nicht, ob er anwesend ist, aber Sie können es
ihm ja ausrichten. Herr Dr. Brunner hat den Vorschlag mit der Ge
schwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h gemacht. Das kann sicher
nicht so verstanden werden - wir müßten mit ihm reden, wenn er
das so sieht -, daß alle Durchfahrtstraßen auf Schneckentempo
runtergeschaltet werden sollen. Aber hinsichtlich der Wohn- und
Nebenstraßen sollten wir als die Stadt mit den meisten tödlichen
Unfällen bei Kindern wegen der Idioten überlegen, bei denen der a
Intelligenzquotient niederiger liegt als die PS-Zahl, weil die häufig f
rücksichtslos durchfahren, ob der Schutz von Kindern und älteren
Mitbürgern nicht einige zusätzliche Verkehrszeichen wert ist.
Beim Hochbau möchte ich zwei Probleme ansprechen, die den
Berlinern bekannt sind: Das schlechte Beispiel der Mäuseburg -
ich will gar nichts dazu sagen, ob man da über zehn Jahre bauen
mußte und ob ein Aufwand von über hundert Millionen erforderlich
gewesen ist - führt zu der Schlußfolgerung, daß man sich nicht auf
große Pläne noch so großer Professoren und Bauherren einlassen
soll, die sich ein Denkmal setzen wollen. Wenn die Realisierung der
Zweckbestimmung nicht gesichert ist, sollten wir künftig kritischer
prüfen, ob die vorgesehene Nutzung tatsächlich stattfindet und zu ,p,
welchen Kosten. Ein zweites Beispiel ist das Theater des Westens.
Senator Dr. Sauberzweig ist hier zunächst mit neun Millionen ge
kommen, aber er konnte das Ende nicht absehen; er kann auch
nicht hinter jeden Balken kriechen. Jetzt sind wir inzwischen bei
vierzig Millionen. Was ist daraus an Schlußfolgerungen abzuleiten?
[Wischner (CDU): Und die Schaubühne!]
- Auch gut. Aber dort bleiben sie etwa bei siebzig Millionen. Dazu
sage ich schon gar nichts.
[Franke (CDU): Wie hoch sollte es aber
ursprünglich sein?]
Man sollte sich also bei Bauten mit verdächtiger Bausubstanz fl
nicht auf Abenteuer einlassen, weil das jede vernünftige Finanzpla- ”
nung durcheinanderbringt.
Ich nenne einen weiteren Komplex: Keine Mammutprogramme
auflegen. Ich denke an Pätzolds Drei-Milliarden-Story von den
Krankenhäusern. Wir werden uns demnächst über diese Frage
unterhalten.
[Wischner (CDU); Sie haben alles mitbeschlossen!]
- Ich bin doch lernfähig. Ihr hofft doch darauf. Nun spendet doch
einmal Beifall!
[Beifall bei der F.D.P. und bei der CDU -
Wischner (CDU); Das freut uns!]
Es sollen keine Mammutprogramme mit drei Milliarden DM Auf
wand geplant werden. Wenn wir flächendeckende Krankenpflege
in Berlin durchführen wollen, dann müssen wir überprüfen, ob wir
dieses Krankenhaus-Bauprogramm und den Bettenbedarfsplan
noch so lassen können. Ein weiteres Problem, das Ihr auch immer
genannt habt. Ich habe es nicht mitbeschlossen. Die Schulruinen
des Jahres 2000, die Mittelstufenzentren I Hier stellt sich grundsätz
lich die Frage, ob man ohne einen Probelauf und ohne jede Erpro
bung solche Serien in die Welt setzen darf. Ich füge hinzu, daß dies
ein Garski-Komplex ist, um einem entsprechenden Zwischenruf
vorzubeugen. Das sind alles Erfahrungen, die man überdenken
muß.
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