Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode
17. Sitzung vom 14. Dezember 1979
Blume
(A) arbeitet haben, das jetzt auch in vielen Bereichen schon
Wirkung zeigt. Diese Instrumente beweisen doch, daß wir
gute Arbeit geleistet haben. Die Zahl der Erwerbstätigen —
das kann man doch nicht einfach weglassen — ist spürbar
höher als im Vorjahr, sie ist nämlich um 4 000 gestiegen.
Die Zahl der Arbeitslosen ist erfreulicherweise um 10%
niedriger. Die Jugendarbeitslosigkeit ist um ein Drittel ge
ringer. In vielen Branchen gibt es bereits Vollbeschäftigung.
Man kann sich hier doch nicht hinstellen und diese positiven
Elemente unerwähnt lassen. Was richtig ist, hat Herr Dr.
Kunze bereits angesprochen, nämlich daß man bereit ist,
wieder mehr zu investieren, zum Teil mehr als in anderen
Teilen der Bundesrepublik. Das sind Anzeichen dafür, daß
die Wirtschaft in Berlin wieder Mut gefaßt hat, bereit ist,
mehr Geld auszugeben. Allerdings haben wir in Zukunft
auch noch auf einige Dinge zu achten, die uns Sorgen ma
chen. Wir müssen darauf achten, daß das Tempo der Tech
nisierung sich verlangsamt, damit nicht zu viele Arbeits
plätze verlorengehen. Diesem Punkt haben wir unsere ganz
besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Aber, Herr Dr. Neu
ling, wenn man hier für einen längeren Zeitraum negative
Beispiele aufzeigt, dann, meine ich, sollten gerade Sie,
weil Sie auch in der Wirtschaft tätig sind, mit in Betracht
ziehen, daß die Berliner Wirtschaft als verhältnismäßig
kleiner Wirtschaftsraum politischen und wirtschaftlichen
Schwankungen stärker unterworfen ist als viele andere Be
reiche der übrigen Bundesrepublik. Und ich stimme Ihnen
zu; man kann natürlich nicht den Raum Berlin als kleineren,
wenn auch starken Wirtschafts raum in bezug zur gesamten
Bundesrepublik setzen. Vielleicht machen wir es einmal an
einem Beispiel klar: Ich habe sehr aufmerksam — und das
werden Sie auch getan haben — das Gutachten von Herrn
Professor Mensch gelesen.
< Landowsky (CDU): Jubel-Gutachten! >
— Das tun Sie einfach so ab. Wem dienen Sie denn damit,
Herr Landowsky?
< Landowsky (CDU): Na, lesen Sie mal Prognos! >
(3) — Ich werfe Ihnen wiederholt vor, immer nur Schwarz
malerei zu betreiben; das dient wirklich nicht der Berliner
Wirtschaft und auch nicht dem Image dieser Stadt. Wenn
Sie einfach weglassen wollen, daß zum Beispiel aufgrund
der gespannten politischen Lage Ende der 50er/Anfang der
60er Jahre in Berlin eine Investitionslücke entstanden ist, die
dann aber Mitte der 60er Jahre verstärkt geschlossen wurde,
dann wird man der Sache in der Form nicht gerecht. Das
möchte ich einmal sehr deutlich sagen. Sie wissen ganz
genau, worauf Unternehmer reagieren. Wenn in einer Zeit
wie damals die Unternehmer weniger investiert haben, dann
doch deshalb, weil in Berlin die Lage instabil war. Wenn
man heute wieder mehr investiert, dann doch deshalb, weil
wir durch die Berlin-Verträge und unsere Politik zur Siche
rung der Wirtschaft beigetragen haben; die Wirtschaft hat
wieder Tritt gefaßt und ist bereit, wieder mit mehr Mut in
die Zukunft zu blicken.
< Beifall bei der SPD und der F.D.P. >
Sie lassen auch die anderen Bereiche weg, in denen der
Senat in seiner Eigenverantwortung wirklich Großes geleistet
hat. Nehmen Sie doch z. B. das Messe- und Kongreßwesen,
und den Fremdenverkehr mit den guten Zuwachsraten, die
dort erarbeitet worden sind. Ich möchte den Mitarbeitern,
die daran beteiligt waren, an dieser Stelle einmal* meinen
Dank aussprechen. Es ist sicherlich keine Kleinigkeit ge
wesen, von 1975 bis heute die Übernachtungen von 2,699
Millionen auf über 3 Millionen zu steigern. Das sind Leistun
gen, die sich sehen lassen können.
< Beifall bei der SPD und der F.D.P. >
Da trug der Senat Verantwortung, und er hat gezeigt, daß
er bereit ist, zu investieren und einen wirtschaftlichen Auf
schwung in einem speziellen Bereich zu erzielen. Das, was
dort an zusätzlicher Kaufkraft entstanden ist, dient der Stadt
und dient der Wirtschaft.
Für das Jahr 1980 sind wieder umfangreiche Prograrnme
erstellt, die sicherlich zu einem noch größeren Erfolg bei
tragen werden. Ich möchte auch einmal hervorheben, was
Professor Mensch gesagt hat: „Die wirtschaftliche Verbin
dung von öffentlicher Hilfe mit den Leistungen der Eigen
betriebe sowie der privaten Unternehmen hat sich als sehr (C)
stabil erwiesen. Das Verkehrsamt und das Messe- und
Kongreßwesen sorgen z. B. in der Zukunft wesentlich dafür,
daß die neuen Kapazitäten, die im Beherbergungsgewerbe
geschaffen werden, auch ausgelastet sind. Das ist ein Stück
Sicherheit für jene, die in diesem Bereich investieren.“
Ich bin der Meinung, daß wir das hier auch darstellen und
uns in Zukunft darum bemühen sollten, diese positive
Zusammenarbeit noch zu verstärken. Sie wissen auch, daß
wir in der Frage der Wirtschaftsförderung gemeinsam ein
Konzept erstellt haben. Sie wissen, daß wir bei der Wagnis
finanzierungsgesellschaft zusammengearbeitet haben, um
das Optimale für die Berliner Wirtschaft herauszuholen. Ich
meine, so sollten wir fortfahren, so dienen wir der Stadt.
Und wir sollten etwas mehr davon wegkommen — darum bitte
ich Sie wirklich —, hier alles schwarzzumalen; weil das nicht
den tatsächlichen Leistungen der Berliner Wirtschaft ent
spricht, die sich in ausgesprochen schwierigen Zeiten als
sehr flexibel und besonders stabil erwiesen hat. — Ich danke
Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
< Beifall bei der SPD und der F.D.P. >
Stellv. Präsident Sickert; Das Wort hat Frau Abgeordnete
Rick-Petry.
Frau Rick-Petry (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich möchte nur einen Aspekt aus dem Einzel
plan 13 ansprechen, den Aspekt Gasag. Die Gasag hat
im Vergleich zum vorigen Jahr einen kräftigen Zuschuß
aus dem Haushalt erhalten, und zwar ist die Steigerung
von 1978 zu 1979 mehr als 100 %; legen Sie die Zahlen, die
zur Zeit an Jahresverlust entstanden sind, zugrunde, dann
sind es sogar 160%. Ich meine, diese Preissteigerung ist
kein Pappenstiel, über den wir ohne jede weitere Diskussion
hinweggehen sollten. Gas ist in Berlin die teuerste Energie.
Nehmen Sie die Preise für Verbraucher, dann ist die billigste
Energie in Berlin die Fernwärme der Bewag, danach kommt
die Braunkohle, an dritter Stelle liegt öl, gefolgt von .p.
Nachtstrom, an fünfter Stelle Gas und an letzter Stelle Koks. '
Da aber Gas die einzige Energie ist, die aus dem Haushalt
von Berlin subventioniert wird, und zwar über den Standort
ausgleich, dann ist Gas bei weitem die teuerste Energie.
Pro eingerichtete vollversorgte Wohnung wird 4 000 cbm Gas
im Jahr gebraucht. Pro Kubikmeter zahlt der Haushalt für
dieses Gas nach dem heutigen Preisstand 13 Pfennig, das
heißt 520 DM jährlich. Die Ausbaupläne der Gasag gehen
dahin, daß jährlich 10- bis 11 000 Wohnungen neu ange
schlossen werden; und zwar geht die langfristige Planung
bis 1989, das sind rund 100 000 bis 110000 neue Wohnungen.
Wenn Sie diese 100 000 Wohnungen an zusätzlichen Kosten,
die auf den Haushalt des Landes Berlin zukommen, berech
nen, dann sind das — ich betone immer wieder: nach dem
heutigen Preisstand — glatte 330 Millionen DM. Berücksich
tigen Sie die Preissteigerungen, die aufgrund der aktuellen
Presse ins Haus stehen - wenn Sie heute Nachrichten ge
hört haben, stehen uns im Ölpreissteigerungsbereich schlim
me Zeiten bevor —, dann ist die halbe Milliarde allein für
zusätzliche Heizgasanschlüsse nicht mehr fern. Ich meine,
daß Investitionen im Heizgasbereich so lange zurückgestellt
werden sollten, bis wir den Erdgasbezug nach Berlin unter
Vertrag haben. Dann sollten allerdings die gesparten In
vestitionen zusätzlich in den Ausbau von Gasheizungen ge
steckt werden.
Stellv. Präsident Sickert: Gestatten Sie eine Zwischen
frage?
Frau Rick-Petry (F.D.P.): Gern!
Stellv. Präsident Sickert: Bitte, Herr Abgeordneter Bo-
roffka!
Boroffka (CDU): Frau Kollegin Rick-Petry, darf ich Ihren
Ausführungen entnehmen, daß die Vorstellungen der F.D.P.
bei der Energieversorgung der Stadt denen der SPD absolut
konträr sind?
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