Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode
17. Sitzung vom 14, Dezember 1979
Simon
(A) Ressort einmal so beschäftigen, wie dieses Ressort es ver
dient hat und wie es das braucht.
< Beifall bei der CDU — Feilcke (CDU):
So intensiv wie mit den Linken in seiner Partei! >
Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete Warten
berg.
Wartenberg (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Lassen Sie mich am Anfang auch einiges zum Drei-
parteien-Antrag sagen. Der Dreiparteien-Antrag setzt sich
kritisch mit der Praktizierung des zur Eigentumsförderung
bzw. Nachsubventionierung im Abgeordnetenhaus beschlos
senen Antrags auseinander. Wir haben dort einen Kompro
miß geschlossen und festgestellt, daß offensichtlich im
Augenblick die Finanz-, Wirtschafts- und Bauverwaltungen
gemeinsam bestrebt sind, die Nachsubventionierung gegen
Null zu reduzieren. Ich glaube, das kann nicht unser Wille
sein. Das ist nicht der Wille aller drei Fraktionen.
< Zuruf des Abg. Rastemborski (CDU) >
Und deswegen meinen wir, daß wir im Bauausschuß noch
einmal die Kriterien offenlegen
< Rastemborski (CDU):
Sie haben sich doch eigentlich festgelegt! >
und dort diskutieren müssen. Herr Simon hat den Antrag
schon begründet. Wir sind uns in diesem Bereich einig.
Lassen Sie mich sodann einige grundsätzliche Bemerkun
gen zur wohnungspolitischen Lage in der Stadt sagen.
- Wenn Wohnungsbau nicht nur eine Frage individueller Be
friedigung in vielen Bereichen sein soll, sondern auch für
die Überlebensfrage unserer Stadt eine große Bedeutung
hat, dann muß man feststellen, daß Berlin hier immer noch
relativ viele Defizite hat: Defizite einmal aus den politischen
Rahmenbedingungen und auch Defizite aus der überkom-
(B) menen historischen Baustruktur. In diesem Bereich ver
suchen wir nun, durch Neubau und durch Modernisierung
das Niveau anzuheben. Dabei stellen wir immer wieder
einen Grunddissens mit der Opposition fest. Sie sagt: Baut
einfach mehr! Nun hat die Opposition von ihren Traum
tänzerzahlen inzwischen auch abgelassen. Vor zwei Jahren
waren es ja immer noch 20 000 Neubauwohnungen pro Jahr.
Jetzt sind es klammheimlich 10 000 Neubauwohnungen
< Rastemborski (CDU): Plus 10 000 Modernisierungen! >
plus 10 000 Modernisierungen. Nun hat der Senat schon vor
eineinhalb Jahren beschlossen, daß die Modernisierung auf
10 000 und jährlich
< Wohlrabe (CDU): Bloß nicht erreicht! >
- Dazu können wir gleich kommen, Herr Wohlrabe.
< Feilcke (CDU); Was ist das für ein Senat,
er hält seine Versprechen nicht! >
Er hat sogar einen sehr schönen Plan aufgestellt, wie man
das erreichen kann. Ja, Sie sagen doch, Pläne gibt es nicht
mehr. Es würde nicht mehr geplant. Und wir stellen fest,
obwohl das Niveau im Baubereich nicht die Forderungen
der Opposition erreicht, daß wir Hochkonjunktur haben,
Totalauslastung, daß das, was im ZIP modernisiert werden
soll, schon heute von der Bauwirtschaft nicht geleistet wer
den kann.
< Rastemborski (CDU): Ja, das ist ja Ihre Schuld! >
— Ich frage mich eigentlich, wie die Opposition, wenn sie
nicht geradezu unseriöse Forderungen stellt, dies erreichen
will.
< Franke (CDU): Indem wir die Mittelyergabe erleichtern
und nicht solche idiotischen Vorschriften machen! >
Insofern ist die Logik in der Planung des Senats und auch
der Koalition vernünftig, sukzessive von Haushaltsjahr zu
Haushaltsjahr die Modernisierung zu steigern und die Kapa
zitäten im Wohnungsbau in den nächsten Jahren, wie in
dieser Regierungserklärung erklärt, zu belassen. Wir sehen
jetzt schon, daß in Übereinkunft mit den Interessenverbän- (C'l
den diese Verschiebung vorgenommen werden muß, weil
tatsächlich das Programm in diesem Jahr nicht zu bewälti
gen ist.
< Franke (CDU): Welcher Interessenverband hat Ihnen
geraten, das zu verschieben? Sagen Sie mal,
wer das war? >
— Sie müssen nicht glauben, daß das Verhältnis zu den
Interessenverbänden so himmelweit unterschiedlich ist, wie
Sie sich das,immer gern vorstellen. Da ist mehr konstruk
tive Auseinandersetzung, als Sie uns hier immer vorspiegeln
wollen.
Präsident Lorenz; Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Wartenberg (SPD): Insofern sind im allgemeinen aufgrund
der wirtschaftspolitischen Lage gar keine anderen Möglich
keiten auf diesem Sektor vorhanden. — Bitte!
Präsident Lorenz; Herr Abgeordneter Franke!
Franke (CDU); Herr Wartenberg, wären Sie bitte bereit,
mir zu sagen, in Übereinkunft mit welchem Interessenvor-
band 2 000 Wohnungen aus dem Programm dieses Jahres
in das Programm des nächsten Jahres verschoben worden
sind?
Wartenberg (SPD): Ich habe nichts von Übereinkommen
gesagt. Ich naoe gesagt,
< Franke (CDU): Doch! Doch! >
daß Verbände deswegen, weil die Wirtschaftslage im Augen
blick gut ist und sie ausgelastet sind — das liegt teilweise
an dem letzten strengen Winter und an verschiedenen Kom
ponenten der Konjunktur, die vom Bundesgebiet her über
geschwappt ist, Gott sei Dank auch in diesem Bereich —,
daß die also nicht aufschreien, wenn diese Verschiebung
läuft. (qi
< Franke (CDU): Ich werde es nachlesen. So haben
Sie es nicht gesagt! >
Ich glaube, das muß man zur Kenntnis nehmen.
Zum nächsten Punkt, den Sie hier angesprochen haben:
Internationale Bauausstellung. Das Wort „Planungsdesaster“
ist meines Erachtens vollkommen falsch in diesem Bereich.
< Feilcke (CDU): Es müßte noch schärfer formuliert
werden! - Rastemborski (CDU): Desaster ist immer
schlecht! >
Es ist auch inhaltlich in diesem Bereich keineswegs anzu
wenden. Das Problem ist, daß bei Beginn der Organi
sierung der IBA GmbH sich verschiedene Probleme gestellt
haben; beispielsweise, daß Personen wieder gegangen sind,
beispielsweise, weil der Bundestag etwas nicht bewilligt
hat, beispielsweise, weil jemand aus Amerika nicht frei
kommen konnte. Dies hat natürlich in dieser Antangsphase
das eine oder andere belastet. An den Zielvorstellungen
und dem, was in der Diskussion von Anfang an da war, hat
sich eigentlich gar nichts geändert. Da ist auch nichts ein
schneidend verändert worden. Im Gegenteil, diese Leute bei
der IBA haben inzwischen in vielen Bereichen positive An
sätze weitergeführt und sind dort am Arbeiten.
< Simon (CDU): Nennen Sie mal ein paar! >
— In vielen Bereichen! Denken Sie an das Colloquium „Süd
liche Friedrichstadt“. Denken Sie an den Bereich „Sanierung
am Fraenkelufer“. Es sind also verschiedene Sachen in einem
Vierteljahr gemacht worden, seit alle Planungsdirektoren hier
sind.
< Dr. Hassemer (CDU); Inhaltlich! >
- Ich werde inhaltlich gleich noch einiges dazu sagen. -
Ich glaube, daß man heute gerade denjenigen, die engagiert
in diesem Bereich arbeiten, Unrecht tut, wenn man behaup
tet, sie würden nichts leisten. Von ihnen zu verlangen, eine
große Planungsvorgabe vorzulegen, widerspricht total der
Auffassung, die wir heute haben, daß sich nämlich viele
Probleme im stadtpolitischen Bereich nur aus der Situation
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