Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode
16. Sitzung vom 13. Dezember 1979
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Kayser
(A) Berliner Verwaltung gerade bei im Bildungsbereich engagierten
jungen Leuten, daß sie nur als Notnagel für Schwächen oder für
Probleme des gesamten Bildungssystems herhalten müssen.
< Weiterhin starke Unruhe >
< Beifall bei der F.D.P. — Widerspruch bei der CDU >
Und aus diesem Grunde sind wir, gerade weil wir die Dinge
realistisch betrachten, auch in der Lage, angesichts von Pro
blemen im Bereich der Berliner Schule festzustellen, daß in
diesem Haushalt die Mittel bereitgestellt werden, die helfen,
Probleme abzubauen, auch Probleme, die im Bereich der von
der CDU stark kritisierten neuen Lehrgänge zur Berufsfindung
im zehnten Schuljahr liegen. Wir sind nicht der Meinung, daß die
Berliner Schule ihrem Erziehungsauftrag und dem Bildungs-
auftrag nicht gerecht wird. Wir sind der Meinung, daß hier solide
Arbeit geleistet wird und daß diese solide Arbeit finanziell und
auch personell abgesichert ist. Vieles bleibt wünschbar, und das
wird, wie wir hoffen, dann zum nächsten Haushalt nachgeleifert
(B) werden.
In diesem Sinne stimmt die F.D.P. dem Haushalt des Schul
senators zu.
< Beifall >
Stellv. Präsident Baetge: Meine Damen und Herren! Bevor ich
Herrn Senator Rasch das Wort gebe, noch ein Hinweis: Ich bin
mir darüber klar, daß es ein hartes Brot ist, so lange vom häus
lichen Herd entfernt zu sein. Trotzdem bitte ich Sie, dem Redner
wenigstens eine Chance zu geben. Es gibt hier eine so wunder
schöne Wandelhalle, wo man auch miteinander reden kann. Aber
wenn Sie hier im Saal sind, bitte ich Sie doch um ein bißchen
Disziplin. - Ich bedanke mich für Ihr Verständnis und gebe nun
Herrn Senator Rasch das Wort.
Rasch, Senator für Schulwesen: Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich nehme den Aufruf des Herrn Präsidenten hier
gern als Unterstützung entgegen, weil ich der Ansicht bin, daß
diese Debatte heute zum Thema Schulpolitik doch nicht ohne
interessante Aspekte ist und war. Es ist an sich bedauerlich, daß
man in diesem Hohen Haus eigentlich viel zu wenig Gelegenheit
hat, sich einmal über Grundsatzfragen sehr offen und ohne
große Aggressivität unterhalten zu können;
< Zuruf von der CDU: Das war beabsichtigt! >
dies ist auch im Schulausschuß kaum möglich. Ich weiß nicht,
woran das liegt.
< Weitere Zurufe von der CDU >
— Das will ich ja gerade hier andeuten. Ich meine, daß man sich
mit CDU-Kollegen bei anderer Gelegenheit austauschen muß,
weniger mit den parlamentarischen Kollegen hier, sondern eher
mit Kollegen auf der Bundesebene. Und ich darf Ihnen sagen;
Dort klappt der Dialog doch erfreulich gut! Dies ist die Hoffnung,
die ich in dieses Parlament mit einbringe, weil ich nämlich fest-
gestellt habe, daß man trotz unterschiedlicher Grundsatzposition
sich doch in vielen Fachfragen verständigen kann, wenn man
miteinander redet und den Versuch macht, den anderen in seiner
Position zu verstehen.
< Beifall bei der F.D.P. >
Insofern nehme ich die Rede des Kollege Ulzen hier doch
ziemlich ernst, weil darin doch Aspekte enthalten waren - ich
teile natürlich nicht alles, das ist ganz klar —, die zumindest von
meiner Position aus ein starkes Interesse für einen Dialog
< Zuruf von der CDU: Bravo! >
in Grundsatzfragen entstehen lassen. Dies hat — das „Bravo“ kam
vielleicht zur Unzeit — auch der Abgeordnete Hauff und der
Abgeordnete Kayser in keiner Weise ausgeschlossen. Ich sage
dies hier von der Senatsseite her, weil die Rede primär an mich
und an den Senat gerichtet war und weniger an die Parlamenfs-
kollegen.
< Zuruf von Frau Wiechatzek (CDU) >
— Wenn ich hier die Dialogfähigkeit zum sachlichen Gespräch
darstelle, heißt das natürlich noch nicht, daß wir in vielen Fragen
der gleichen Meinung sind. Ich finde es gerade interessant und
positiv, daß man sich in einer sachlichen Atmosphäre einmal
über Dissenspunkte unterhalten kann. Und da habe ich auf ver
schiedenen Ebenen sehr gute Erfahrungen gemacht und bringe
sie als Angebot mit ein. Ob Sie das annehmen oder nicht, ist Ihre
Sache; ich tue das von mir aus sehr gern. Ich will Sie dabei auch
gleich packen.
Der Kollege Ulzen hat hier in seinem Beitrag deutlich gemacht,
daß die Verunsicherung, die Unruhe und die Angst in der Berliner
Schule fortfallen, reduziert werden müsse. Darüber sind wir uns
völlig einig, da wird jeder hier im Haus zustimmen. Nur, Kollege
Ulzen, was Sie von der Form der Debatte über die Gesamtschule
— nicht von der Intention — gemacht haben, nämlich über die
Räume ohne Fenster, was Sie in der Öffentlichkeit dargestellt
haben, war kein Beitrag dazu, einen sachlichen Dialog in dieser
Frage aufzunehmen, ob hier die Probleme stehen, sondern es
war eher geeignet — und das darf ich hier sagen —, ein Gefühl
der Verunsicherung und Angst in der Bevölkerung zu entwickeln,
das genau nicht der Intention dient, die ich hier vorschlage, daß
man sich hier sachlich zum Beispiel über das Problem der gesund
heitlichen Belastung von solchen Gebäuden unterhält.
< Feilcke (CDU): Wollen Sie einlullen? >
— Sehen Sie, Herr Feilcke, so ist das: Auf den Zwischenruf
warte ich schon seit einigen Minuten. Jetzt bemühe ich mich
hier, ein Gespräch mit der Opposition zu beginnen, und da sagt
der Abgeordnete Feilcke — ich habe es wörtlich verstanden —:
„Wollen Sie mich einlullen?“ — Sehen Sie, Herr Feilcke, das ist
anscheinend gar nicht ernst gemeint, daß man mit Ihnen reden
kann, Sie sind ja nicht bereit, einmal zuzuhören. Sie können
— ich will das hier nicht parlamentarisch qualifizieren - mit
solchen Zwischenrufen sofort den Dialog abbrechen.
< Zuruf von Dr. Wruck (CDU) >
— Wissen Sie, ich bin da viel besser informiert und habe viel
mehr Bemühungen eingeleitet in der Frage der Überprüfung der
gesundheitlichen Probleme von Bildungszentren, als Sie über
haupt wissen und bereit sind, enfgegenzunehmen.
< Zurufe von der CDU >
Ich habe das nämlich gestern hier vorgetragen und festgestellt,
daß Sie überhaupt nicht zugehört haben, weil Sie das gar nicht
interessiert. Aber ich will dennoch versuchen, nicht in einen
Dialog der Zwischenrufe hineinzukommen, sondern doch einmal
eineige grundsätzliche Punkte kurz anzumerken.
Die Leitlinien der Senatspolitik - das haben die Abgeordneten
Hauff und Kayser hier schon vorgefragen — sind im Schul
entwicklungsplan III niedergelegt unter allen Vorbehalten, die
eine derartige Planung hat. Ich brauche deswegen nicht aut die
einzelnen Maßnahmen für das Jahr 1980 einzugehen, die sich
im Etat enthalten, und Sie kennen das Zahlenwerk. Es wird
allerdings im Jahre 1980 von erheblicher Wichtigkeit sein, wie wir
in dem begrenzten Zeitraum erst einmal eines Jahres — aber
auch darüber hinaus — auf der Grundlage dieser Planung im
SEP III die Grundschule weiterentwickeln. Denn — und ich will
Wir halten diese Blickrichtung zwar für verständlich, doch für
falsch: wir sollten uns im kommenden Jahr intensiv bemühen
— und zwar gemeinsam —, unsere Gedanken so sehr zur Fort
entwicklung und zur Ausweitung des Bereichs der Weiter- und
Erwachsenenbildung zusammenzutassen, daß wir in der Lage
sind, zum Ende des kommenden Jahres mit einem beschluß
fähigen Konzept in die nächste Haushaltsberatung zu gehen.
Ich habe diese Erwartung; sollte sie sich nicht erfüllen, dann mag
ich in die Pflicht genommen werden. Ich werde mein Abstim
mungsverhalten für den Haushalt 1981 an der Leistungsfähigkeit
des Parlaments zur Regelung des Bereichs „Weiterbildung“
messen.
< Ulzen (CDU): Da haben Sie groß versagt! >
Insgesamt läßt sich sagen, daß wir nicht von Nörgelei geprägt
sind, sondern von einem durch Realismus geprägten Wohlwollen,
und auch nicht dumm herumreden, wie es von dem ersten
Redner hier von diesem Pult zu diesem Thema zu hören war.