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Volume Nr. 14, 22. November 1979

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1979, 8. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode 
14. Sitzung vom 22. November 1979 
524 
Diepgen 
|l(A) Drogenfragen sozusagen beraten und belehren wollte, sondern 
hier geht es darum, daß durch die politischen Führungskräfte 
dieser Stadt auch einmal ein Problem deutlich gemacht wird, daß 
nämlich klar wird, daß wir uns alle der Problematik wirklich 
bewußt sind. Deswegen, Herr Kollege Mertsch, ist eine Fülle der 
kritischen Anmerkungen, die Sie zur Begründung dieser Großen 
Anfrage vorgetragen haben, einfach falsch am Platz. 
Mir geht es darum, bei dieser Bemerkung eines herauszu 
stellen. Ich glaube, wir sind uns der Bedeutung der Gesamt- 
problemafik bewußt und sogar darin einig — und da zitiere ich 
erneut den Kollegen Mertsch —, daß der richtige Ansatz in der 
Bekämpfung der hiermit zusammenhängenden Schwierigkeiten 
der sozialpädagogische Ansatz ist. Das ist ausdrücklich von allen 
hier gesagt worden. Ich habe allerdings Zweifel, ob aus dieser 
durchaus richtigen Übereinstimmung in diesem Hause die not 
wendigen und richtigen Schlußfolgerungen gezogen werden. 
Gerade in dem letzten Beitrag der Senatorin für Familie, Jugend 
und Sport wurde wieder darüber diskutiert, ob es denn richtig sei, 
in der Familienpolitik sozusagen das Allheilmittel zu sehen. Hier 
geht es nicht darum, ein Allheilmittel in dem einen oder anderen 
Punkt zu sehen, sondern hier geht es beispielsweise auch bei der 
Familienpolitik darum, daß man bessere Ausgangspositionen für 
die Jugendlichen, für die Kinder schafft, damit sie mit den 
Problemen fertig werden. Es geht also hier nicht darum, irgend 
einen ideologisch verklemmten Ansatz weiterzuverfolgen und 
dann die alten Schlagworte und die Themen, die wir in der Tat in 
diesem Hause zur Genüge kennen, sozusagen wieder vor dem 
Hintergrund der Drogenproblemafik aufzuarbeiten. 
Aber, Frau Senatorin, wenn es richtig ist, daß wir die not 
wendigen Maßnahmen im Bereich der Drogenproblemafik in der 
Sozialpädagogik sehen, dann liegt dieser Ansatz eben, wie der 
Kollege Bock ausgeführt hat, in der Familie, auch in der Frage, 
wie hältst du es im Umgang mit den Kindern, ob sie in Krippen in 
Kindertagesstätten oder sonst etwas kommen. Dann ist es eine 
Frage des Freundeskreises, dann ist es eine Frage des Freizeit 
bereichs, dann ist es eine Frage des Jugendschutzes, dann ist es 
CB) eine Frage, die damit natürlich — bei aller Anerkennung des 
Primats der freien Träger —, auch in bezirkliche Zuständigkeiten 
gehört. Das ist eine Aufgabe der Jugendhilfe, und zwar im Sinne 
der Vorbeugung. Und hier setzt meiner Ansicht nach die Schwie 
rigkeit ein, daß ich jedenfalls aus den Diskussionsbeiträgen nicht 
die Schlußfolgerung ziehen konnte, daß Sie Vorbeugung in dem 
Maße richtig auch bei den staatlichen Stellen in den Bezirken 
ansetzen, wie dies notwendig ist. Da hilft es nicht, auf inter 
nationale Probleme zu verweisen, auf die wertvolle Arbeit der 
freien Träger in den Beratungsstellen und dergleichen, sondern da 
geht es darum, daß wir im Bereich der bezirklichen Jugendhilfe, 
überall da, wo mit Jugendlichen gearbeitet wird, in der Schule, in 
den Freizeitheimen, in all den breiten Bereichen, in denen 
bezirkliche Mitarbeiter der Jugendverwaltung tätig sind, bis hin 
zum Bereich Soziales, aber auch zu dem Bereich der Kontakt 
bereichsbeamten — den wollen wir mal nicht auslassen —, 
vorbeugend tätig werden müssen. Das ist das Entscheidende. 
Wenn Sie aber den gesellschaftspolitischen Ansatz, daß wir die 
Entfremdungsproblematik aufarbeiten wollen durch Familien- und 
Gesellschaftspolitik, einfach vernachlässigen und sozusagen mit 
einer Handbewegung wegwischen wollen, dann habe ich den 
Eindruck, daß Sie falsch liegen. Sie liegen falsch, weil Sie die 
notwendige Schlußfolgerung aus der eigenen Erkenntnis, daß 
Sozialpädagogik das richtige wäre, was wir hier machen müssen, 
nicht ziehen. 
Ich hoffe, daß wir das alles in den späteren Debatten noch ein 
wenig vertiefen können. Nehmen Sie bitte als eine Schlußfolge 
rung aus dieser Diskussion mit; Wir haben hier im Haus eine 
Gesamtverantwortung; wir können etwas tun, indem wir An 
regungen geben zur Aufarbeitung, und wir können etwas tun, 
indem wir auch die personellen und sächlichen Mittel zusätzlich 
zur Verfügung stellen. Herr Kollege Bock hat schon gesagt: Wir 
warfen auf Ihren Prophylaxe-Bericht, und ich kann hier sagen, daß 
wir auch noch im Haushalt 1980 die notwendigen Aufstockungen 
vornehmen würden, denn wenn man dies auf einen Nachtrags 
haushalt oder auf die Haushaltswirtschaft verlagert, dann motiviert 
man nicht diejenigen, die im Wege der Selbsthilfe das Problem 
selbst angepackt haben. Das ist doch ein entscheidendes Pro 
blem: Die sollen aus dieser Debatte erkennen, daß wir wissen, (C) 
welch schwierige Arbeit sie leisten. 
< Beifall bei der CDU > 
Zum anderen hilft der Hinweis auf die Haushaltswirtschaft ja auch 
nicht immer. Wir jedenfalls sind bereit, zusätzliche sächliche und 
personelle Mittel einzusetzen. Wir erwarten von Ihnen in Ihrer 
Verantwortung die notwendigen Anregungen und Anträge. 
Uns ging es darum — und ich hoffe, daß das für die 
Öffentlichkeit sichtbar geworden ist — aufzuzeigen, daß das 
Problem sehr vielschichtig ist. Man muß es in seiner Vielschichtig 
keit begreifen, anpacken und vom gesellschaftspolitischen Ansatz 
her notwendig bekämpfen. - Vielen Dank! 
< Beifall bei der CDU > 
Stellv. Präsident Baetge: Meine Damen und Herren! Weitere 
Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit hat die Große Anfrage 
ihre Erledigung gefunden. 
Ich rufe auf die 
lfd. Nr. 5: 
Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses 
Das Wort hat Frau Abgeordnete Greift. 
Frau Greift (CDU), Berichterstattern: Herr Präsident! Meine 
Damen und Herren! Mit Sicherheit gehört der Petitionsausschuß 
zu den Gremien des Hauses, die die Zeit und die Arbeitskraft 
des Plenums am wenigsten in Anspruch nehmen. Die Natur seiner 
Aufgaben bringt es mit sich, daß der Petitionsausschuß seine 
recht erhebliche Arbeitsleistung fast ausschließlich im Verborge 
nen aufbringen muß. Zweimal im Jahr allerdings verpflichtet uns 
unser Petitionsgesetz, hier vor dem ganzen Hause selbst Rechen- ' 
schaft abzulegen über das, was wir in den zurückliegenden sechs 
Monaten im Auftrag wie im Namen des Berliner Parlaments getan 
haben. 
Meine Damen und Herren, wir können in diesen Tagen ein 
Jubiläum begehen, das nicht nur für den Petitionsausschuß, 
sondern für das Abgeordnetenhaus von Berlin als Ganzes von 
großer Bedeutung ist. Vor 10 Jahren, am 25. November 1969, 
hat das Abgeordnetenhaus das Petitionsgesetz und zugleich ein 
Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin verabschiedet, 
mit denen die parlamentarischen Kontrollbefugnisse des Petitions 
ausschusses Gesetzes-, ja sogar Verfassungsrang erhalten 
haben. Mit diesem Gesetz ist nicht nur ein bedeutender Teil der 
Parlamentsreform Wirklichkeit geworden. Dem Abgeordnetenhaus 
und seinem Petitionsausschuß ist damit auch ein Instrumentarium 
an die Hand gegeben worden, mit dem berechtigten Beschwerden 
von Bürgern über Maßnahmen der Berliner Verwaltung so wirk 
sam nachgegangen werden kann wie nirgendwo sonst in Deutsch 
land. Die Begriffe „Bürgernähe“ und „Bürgerfreundlichkeit" wer 
den heute überall in der Verwaltung und auch anderswo so sehr 
betont und strapaziert, wie ich meine, daß sie schon fast wieder 
zu Schlagworten zu erstarren drohen. Damals, als dieses Gesetz 
entstand, war das noch ganz anders. In den ersten Jahren seiner 
Arbeit hatte der Petitionsausschuß zum Teil erhebliche Mühe, 
bei Verwaltungsbehörden, bei Dienststellenleitern, aber auch 
manchmal bei anderen Abgeordneten Verständnis dafür zu finden, 
daß er letztlich nur im Interesse des Bürgers tätig wurde, wenn 
er Auskünfte, Aktenvorlage oder Ortsbesichtigungen verlangte. 
Nun, dies ist heute zum Glück Vergangenheit. Nach zehn Jahren 
Arbeit unter den Bedingungen, die das Abgeordnetenhaus mit dem 
Petitionsgesetz geschaffen hat, ist der Petitionsausschuß in Berlin 
eine etablierte Institution, die weder als Kontrollinstrument des 
Parlaments noch als Hilfsorgan für den Bürger wegzudenken ist. 
Auch der Petitionsausschuß der 8. Wahlperiode wird auf diesem 
Wege weitergehen, im Dienste des Verständnisses und des guten 
Miteinander zwischen Parlament und Exekutive. Im Dienste an 
unserem demokratischen Staatswesen und damit an unseren 
Bürgern.
	        
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