Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode
13. Sitzung vom 8. November 1979
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l (A) Dr. Kunze (F.D.P.); Wissen Sie, es gibt viele Möglichkeiten,
vertrauenerweckende und weniger vertrauenerweckende. Ich
habe für mich noch keine Lösung gefunden. Nur, das greift ein
in den Haushalt des Landes Berlin in einem Ausmaß, wie wir
es uns jedenfalls hier auch an dieser Stelle ganz glasklar vor
Augen führen sollten. Jeden Tag wird ja dieses Haushaltsrisiko
für das Land Berlin massiv verstärkt, wenn man sich nicht aus
denkt, man kann mit den Preisen beliebig hochgehen. Darauf
wollte ich eigentlich nur hinweisen.
< Wronski (CDU): Kommen wir also doch wieder auf
Mark und Pfennig! >
Eine letzte Bemerkung zu den Anträgen, die hier vorliegen.
Beide Anträge von der SPD-Fraktion und der F.D.P.-Fraktion
charakterisieren ja so etwas wie eine dynamische Beziehung
zwischen Koalitionsfraktionen und Senat in diesem Bereich. Kaum
hat der Senat Vorschläge aus den Koalitionsfraktionen aufgenom
men, umgesetzt in eine so schöne gedruckte Form, dann kommen
die Koalitionsfraktionen und machen schon wieder weitergehende
Vorschläge. -Diese dynamische Beziehung ist eine produktive
Beziehung, und ich begrüße das außerordentlich, daß sich das so
entwickelt hat.
< Boroffka (CDU): Geht auf einen CDU-Antrag zurück! >
Der F.D.P.-Antrag nimmt eine Frage aut, der wir besonderes
Gewicht beimessen. Die Aufgabenverteilung, die Verantwortlich
keiten im Bereich der Energie- und Wärmeversorgung, wie wir sie
heute in der Stadt vorfinden, sind historisch gewachsen unter
Bedingungen, die mit unseren heutigen energiepolitischen Ge
samtbedingungen und Notwendigkeiten kaum mehr Ähnlichkeit
haben. Es gibt eine Vielzahl gegenläufiger Interessen, Inter
essenvermengungen in diesem Bereich. Die Handlungsfähigkeit
des Senats ist auf eine recht unklare Weise begrenzt. Man kann
das dem Beschluß des Senats sogar im einzelnen entnehmen,
wo er sich jeweils sich selbst verpflichtet, mit jemand anderem
darüber zu verhandeln, ob der nicht gefälligst etwas Nützliches
I (B) tun sollte. Nach unserer Einschätzung ist diese Kompetenzver
teilung im Energie- und Wärmebereich der zentrale Engpaß für
die Umsetzung, für die Durchsetzung einer rationellen, wirksamen
Energiesparpolitik in den nächsten Jahren. Deswegen ist es nötig,
und der Antrag zielt darauf, diese Kompetenzen, diese Verant
wortlichkeiten gründlich zu durchforsten und dort, wo nötig, eben
so gründlich zu ändern. Das betrifft auch die Bewag.
< Wronski (CDU): Aber sie macht es doch! >
Und das ist konkret ausgeführt. Die Bewag ist durch den Konzes
sionsvertrag mit dem Land Berlin nicht verpflichtet, sich an diesen
gesamtwirtschaftlich orientierten Maßnahmen und Politiken zur
rationellen und sparsamen Energieverwendung zu beteiligen. Das
ist historisch auch gar nicht überraschend.
— Nein, sie ist verwiesen auf ihre betriebswirtschaftliche Ratio
nalität. Die ist nicht identisch mit gesamtwirtschaftlichen energie
politischen Erfordernissen des Landes Berlin. Und deswegen
sagen wir, der richtige und notwendige Weg ist eine Änderung
des Konzessionsvertrages zwischen dem Land Berlin und der
Bewag in der Weise, daß die Bewag eine Erweiterung ihrer Ver
pflichtungen vertraglich akzeptiert. Eine Erweiterung ihrer Ver
pflichtungen im Sinne der Übernahme konkreter Beiträge zur
Durchsetzung rationeller und sparsamer Energieerzeugung, -Ver
teilung und -Verwendung im Land Berlin.
< Wronski (CDU); Ihre Wärmeversorgung ist doch
geradezu Vorbild! >
Schlußbemerkung in Richtung auf die linke Seife dieses
Hauses: Die Zusammenarbeit der Bewag mit der Gasag ist ja
öffentlich viel diskutiert worden. Es gibt auch Überlegungen,
ob man daraus einen Supereigenbetrieb macht,
< Gelächter des Abg. Boroffka (CDU) >
indem man das fusioniert. Ich darf hier für meine Fraktion mit
aller Schlichtheit und Klarheit sagen, wir halten davon nichts.
< Beifall bei der CDU >
Eine Verstaatlichung der Bewag, die darin gedanklich notwendig
impliziert ist, verspricht wenig Effizienz für die Energiepolitik,
für die sparsame Energiepolitik,
< Zurufe von der CDU: Richtig! —
Beifall bei der CDU >
stößt auf rechtliche Barrieren, womit man sich noch sehr be
schäftigen müßte, wenn man sie überwinden wollte, und muß
schließlich auch den Finanzsenator erschrecken. Man muß näm
lich die freien Aktionäre auskaufen. Und selbst bei Enteignung
muß man ja entschädigen. Das wäre also ein sehr teurer Spaß.
< Landowsky (CDU): So ist es! >
Die Verstaatlichung der Bewag wäre so ein Stück blauer Blume
der Romantik in der gegenwärtigen Energiepolitik.
< Landowsky (CDU): Privativisierung der Gasag
steht an, Herr Dr. Kunze! >
Wir sagen, die Probleme in dem Bereich Einbindung der Bewag
in eine Strategie rationeller Energieverwendung lassen sich wirk
sam und effizient über eine Änderung des Konzessionsvertrags
lösen. Da wird die Bewag sich auch ein bißchen unfreundlich
berührt fühlen. Das allerdings ist nötig, und dieses muß auch
sofort angefaßt werden.
< Beifall bei der F.D.P. und der SPD >
Präsident Lorenz: Ich eröffne die Aussprache über alle drei
Verhandlungsgegensfände. Das Wort hat der Abgeordnete
Wronski.
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Wir begrüßen es sehr, daß die von uns vor zwei Jahren
< Dr. Hassemer (CDU): Zwei Jahren! >
— vor zwei Jahren! — in Gang gesetzte Energiediskussion jetzt
eine Breite erreicht hat, die dem Ernst der Situation angemessen
ist.
Ich möchte allerdings auch auf die Gefahr hinweisen, die darin
besteht, wenn man allzu häufig immer wieder das gleiche und
dann noch — Herr Kollege Momper, wie mir schien, heule hatten
Sie nicht gerade Ihren besten Tag - sehr ungeordnet alles vor
trägt, was man sich im Laufe der letzten Jahre angelesen hat.
Die Sache verdient wirklich, sorgfältig behandelt zu werden. Ich
will mich darum bemühen. Wir haben hier aus guten Gründen die
drei Sachen, die anstehen, zu einer einzigen Aussprache zusam
mengefaßt. Dennoch halte ich es für nützlich, sie getrennt zu
behandeln aus der Sicht meiner Fraktion.
Ich möchte es zuerst mit den Initiativen der beiden Fraktionen
tun. Zunächst der lang gedruckte, aber inhaltlich nicht tolle Antrag
der SPD - ich sage das ohne Polemik der ja im Grunde, ich darf
mal darauf aufmerksam machen, mit einem Nachgang von
14 Tagen gegenüber dem Senatsbericht bruchstückhaft das in die
Form eines Antrags kleidet, was der Senat in äußerster Akribie
und mit großer Planung und mit Sorgfalt und mit Zukunfts
perspektive und sehr viel ausführlicher — und mein Kompliment
vorneweg -, sehr viel systematischer dem Hause schon zur Kennt
nis gegeben hat. Ich habe trotzdem noch meine Kritik an dieser
Geschichte, sie wird der Sache angemessen ausfallen, Herr
Senator und die Herren der Verwaltung, die hier zuhören mögen.
Ich frage die SPD-Fraktion, was soll dieser schlecht gemachte
Unterstreichungsantrag mehr sein als ein deklamatorischer Ein
stieg in eine Sache, die längst läuft. Ich muß noch einmal wieder
holen: ein schlechter deklamatorischer Einstieg! — Herr Kollege
Momper, wenn Sie wollen, ich kann Ihnen nachweisen, zitieren,
welche Punkte des Senatsberichls, das ist ja Teil 6 des Energie
berichts, wie wir wissen, mit welchen Punkten Ihres Antrags kor
respondieren.
< Momper (SPD): Bitte, tun Sie's! >
Vielleicht nehmen Sie Ihren Antrag einmal zur Hand. Den gesam
ten Abschnitt 1 können Sie unterordnen dem Punkt 2.2.9 der
Senalsberichterstattung.
< Zuruf des Abg. Momper (SPD) >